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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH ABl 1957 (S. 256-263)
TitelVorschriften über den Auftrieb von Vieh auf die Weiden und Alpen des Kantons Zürich für das Jahr 1957. (Vom 14. März 1957.)
Datum22.03.1957
P.256–263

[p. 256]

Der Regierungsrat,

auf Antrag der Direktion der Volkswirtschaft,

beschliesst:

I. Alpauftrieb.

1. Viehbestände, aus denen Tiere auf Weiden und Alpenverbracht werden, dürfen während der letzten 20 Tage vordem Alpauftrieb weder durch Zukauf noch durch Einstellenweiterer Tiere verändert werden (Quarantäne). Ebenso dür-

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fen Tiere, die auf einen Markt geführt wurden, nicht wiederin die unter Quarantäne stehende Viehhabe verbracht werden. Das Sömmerungsvieh von Händlern hat die 20tägigeQuarantäne vollständig getrennt vom Handelsvieh und beibesonderer Wartung zu bestehen.

2. Für das Sömmerungsvieh sind Gesundheitsscheine nachFormular C zu verwenden, ausgenommen für Weiden imeigenen Inspektionskreis. Auf dem Gesundheitsschein ist durchdie Viehinspektoren die Ohrmarkennummer und Inschrift desTieres einzutragen.

3. Die Viehinspektoren dürfen solche Sömmerungsscheinenur ausstellen, wenn der Viehbesitzer oder eine von ihmhierzu schriftlich bevollmächtigte erwachsene Person auf demGesundheitsschein unterschriftlich bezeugt, dass die Viehhabedie vorgeschriebene 20tägige Quarantäne bestanden hat unddass sie frei von seucheverdächtigen Erscheinungen ist.

4. Die Viehinspektoren haben die Angaben der Tierbesitzer auf ihre Richtigkeit zu prüfen und im Zweifelsfalledie Ausstellung der Scheine zu verweigern.

5. Die Viehinspektoren bringen auf Grund der Bescheinigung des Viehbesitzers am Fusse des Sömmerungsscheinesdie Bemerkung an: «20tägige Quarantäne bestanden» undunterschreiben diese Bemerkung.

6. Die Bescheinigungen über Quarantäne für die imgleichen Inspektionskreise alpenden Tiere sind dem mit derUntersuchung des Viehs betrauten Tierarzt abzugeben.

7. Tiere, auf deren Gesundheitsscheinen die vom Viehinspektor unterschriebene Bescheinigung der 20tägigen Quarantäne fehlt, bleiben von der Alpung ausgeschlossen, bisdiese Bedingung erfüllt ist.

8. Sömmerungstiere, die durch Bahntransport ins Alpgebiet verbracht werden, dürfen nur in besonderen Eisenbahnwagen befördert werden.

Ein Zulad von Schlacht- oder Handelsvieh ist verboten.

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9. Die Alpvorstände haben für jede Weide einen Kontrolltierarzt zu bezeichnen. Von der getroffenen Wahl ist demkantonalen Veterinäramt Meldung zu machen.

Der Kontrolltierarzt hat bei der Auffuhr sämtliche Tieresowie deren Gesundheitsscheine und Impfatteste zu kontrollieren.

Die Gesundheitsscheine sind sofort dem zuständigen Viehinspektor abzugeben.

II. Schutzmassnahmen gegen die Maul- und Klauenseuche.

1. Von der Sömmerung sind ausgeschlossen:

a) Tiere aus Beständen, in denen eine Schutzimpfung vorweniger als 15 Tagen durchgeführt wurde.

b) Tiere aus Beständen, in denen die Maul- und Klauenseuche seit dem 1. November 1956 geherrscht hat, wennnur einzelne Tiere erkrankten und abgeschlachtet wurden.

c) Tiere aus Gebieten oder Einzelgehöften, in denen zurZeit des Alpauftriebes Sperrmassnahmen wegen Maulund Klauenseuche oder -verdacht bestehen.

2. Tiere, die in seuchengefährdeten Gegenden, wie namentlich Grenzalpen, gealpt werden, müssen mindestens dreiWochen vor dem Alpauftrieb schutzgeimpft worden sein.Alpen, für die eine solche Impfpflicht besteht, werden vomzuständigen Kantonstierarzt bezeichnet.

Die Tierärzte haben den Impfstoff für diese Impfungenrechtzeitig beim kantonalen Veterinäramt zu bestellen. Erwird unentgeltlich geliefert. Die Kosten für den Tierarzt hatder Besitzer selbst zu tragen.

Zu beachten ist, dass zwischen den Impfungen gegen dieMaul- und Klauenseuche und gegen andere Krankheiten einZeitraum von mindestens 14 Tagen liegen soll.

3. Alpvorstände, Alpknechte und Hirten sind verpflichtet,die Sömmerungstiere auf den Alpen gewissenhaft zu beobachten und den geringsten Seuchenverdacht sofort der zu-

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ständigen Gesundheitsbehörde anzuzeigen. Diese hat einebezirkstierärztliche Untersuchung zu veranlassen.

Der Staat übernimmt die Kosten dieser Untersuchungauch dann, wenn sich der Verdacht nicht bestätigt.

III. Schutzmassnahmen gegen den Rauschbrand.

1. Kommen Tiere auf Weiden und Alpen zur Sömmerung,auf denen bisher schon Rauschbranderkrankungen vorgekommen sind, so müssen sie vor dem Alpauftrieb gegen Rauschbrand schutzgeimpft werden. Insbesondere sind Jungtiere biszu einem Alter von drei Jahren für Rauschbrand empfänglich.Viehbesitzer, die Tiere auf ausserkantonalen Weiden sömmernwollen, haben sich selbst darüber zu erkundigen, ob für diebetreffenden Weiden eine Rauschbrandschutzimpfung vorgeschrieben ist.

2. Der Impfstoff zur Schutzimpfung von Tieren zürcherischer Besitzer wird an die Tierärzte unentgeltlich abgegeben.Diese haben über die vorgenommene Impfung ein Zeugnisauszustellen, das dem Sömmerungsschein anzuheften ist.

3. An Tierverluste durch Rauschbrand, die wegen Nichtbeachtung der Impfvorschriften der betreffenden Alpkantoneeintreten, werden Entschädigungen weder durch den Alpkanton noch durch den Kanton Zürich ausgerichtet.

IV. Schutzmassnahmen gegen die Krätzräude der Rinderund die Räude der Schafe.

1. Aus Viehinspektionskreisen, in denen während der letzten 4 Monate vor der Sömmerung Fälle von Krätzräude aufgetreten sind, dürfen nur solche Tiere zur Alpung aufgeführtwerden, die vorher zweimal mit einem der anerkannten Räudebehandlungsmittel behandelt worden sind. Dies ist durch eintierärztliches Zeugnis zu bestätigen.

Die betreffenden Viehinspektoren dürfen Gesundheitsscheine nur aushändigen, wenn das tierärztliche Zeugnis überdie erfolgte Behandlung vorgewiesen wird.

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2. Die zur Sömmerung gelangenden Schafe sind vor derAlpfahrt einem obligatorischen Frühjahrsräudebad zu unterziehen. Über die erfolgte Behandlung ist ein Zeugnis desAmtstierarztes beizubringen.

Beim Alpabtrieb oder unmittelbar nachher sind die gesömmerten Schafe erneut unter amtlicher Aufsicht zu baden.

Gesundheitsscheine für Schafe dürfen nur auf Grund einestierärztlichen Zeugnisses «Im Räudebad behandelt» ausgestellt werden.

3. Alpvorstände, Alpknechte und Hirten sind verpflichtet,die Tiere gewissenhaft zu beobachten und den geringsten Verdacht (Juckreiz, Haarausfall) sofort der zuständigen Gesundheitsbehörde anzuzeigen. Diese veranlasst eine Untersuchungdes Amtstierarztes.

Der Staat übernimmt die Kosten der Untersuchung auchdann, wenn sich der Verdacht nicht bestätigt.

V. Schutzmassnahmen gegen die Rindertuberkulose.

Auf Alpen und Weiden des Kantons Zürich dürfen nurTiere aus anerkannt tuberkulosefreien Beständen aufgeführtwerden. Massgebend ist das Resultat der letzten Bestandesuntersuchung.

Das kantonale Veterinäramt wird ermächtigt, in begründeten Fällen und unter sichernden Massnahmen Ausnahmenzu gestatten.

VI. Schutzmassnahmen gegen das seuchenhafte Verwerfen.

1. Aus Beständen, in welchen seit dem 1. April 1956 Bangausscheider (Geburtswege oder Milch) festgestellt wurden,dürfen auf gemeinsame Weiden keine Kühe und trächtigenRinder aufgeführt werden. Dieses Verbot gilt nicht für Bestände, die vor dem Alpauftrieb als bangfrei anerkannt werdenkönnen.

2. Aus nicht bangfreien Beständen dürfen nur Rinder aufgeführt werden, die vor der Alpauffahrt rechtzeitig, d. h. im

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Alter von 6-12 Monaten, mit Vakzine Buck 19 gegen AbortusBang schutzgeimpft worden sind. Der Impftierarzt hat darüberein Zeugnis auszustellen.

3. Schafe und Ziegen aus brucellosekranken oder -verdächtigen Herden und Beständen dürfen nicht auf gemeinsame Weiden aufgetrieben werden.

4. Jeder im Verlauf der Sömmerung auftretende Fall vonVerwerfen ist als ansteckend (seuchenhaft) zu betrachten. DerAlphirt hat für sofortige Absonderung von Tieren, die verwerfen oder Anzeichen von Verwerfen zeigen, zu sorgen und unverzüglich den Kontrolltierarzt zu benachrichtigen. Dieser hatjeden solchen Fall dem kantonalen Veterinäramt zu melden.Die Kosten der tierärztlichen Untersuchung gehen zu Lastendes Staates.

5. Dem Tier, das verworfen hat, ist sofort der Wurf, derSchwanz und der ganze Hinterteil mit einem Desinfektionsmittel zu waschen. Örtlichkeiten und Gegenstände, die mitAnsteckungsstoff verunreinigt wurden, sowie Kleider, Schuheund die Hände des Alppersonals sind zu reinigen und zu desinfizieren.

6. Der Eigentümer ist zur sofortigen Wegnahme des Tieresvon der Alp verpflichtet.

VII. Bekämpfung der Dasselfliege.

1. Nach der eidgenössischen Verordnung betreffend dieBekämpfung, der Dasselschäden vom 11. Februar 1944 undder Verfügung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes dazu vom 15. Februar 1944 ist jeder Eigentümer oderBesitzer von Vieh verpflichtet, die Larven der Dasselfliegen,die in seinem Viehbestand auftreten, zu vernichten.

2. Bei Rindvieh, das auf eigene oder fremde Weiden aufgetrieben werden soll, hat der Besitzer die Larven der Dasselfliege spätestens 14 Tage vor dem Auftrieb zu vernichten.

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3. Ein Weidebesitzer darf eigenes oder fremdes Rindviehauf seiner Weide nur zulassen, wenn es frei von vertilgbarenLarven der Dasselfliege ist.

4. Treten während der Weidezeit im Bestand noch Dassellarven auf, so hat sie der Weidebesitzer, beziehungsweise dasWeidepersonal zu vernichten.

5. Die Mittel zur Behandlung der Beulen werden den Tierärzten und den Tierbesitzern vom kantonalen Veterinäramtunentgeltlich zur Verfügung gestellt.

VIII. Alpungsverzeichnis.

1. Die Viehinspektoren haben sofort nach beendigtemAlpauftrieb dem kantonalen Veterinäramt Zürich auf vorgeschriebenem Formular ein Verzeichnis derjenigen Viehbesitzerihres Kreises zuzustellen, die Tiere zur Sömmerung auf Weidenund Alpen verbracht haben. In diesem Verzeichnis sind anzugeben: Anzahl der Tiere, Name der Alp oder Weide und derGemeinde, wo letztere liegt.

2. Alpbesitzer und Alppächter haben nach beendigter Alpfahrt unverzüglich dem kantonalen Veterinäramt ein Verzeichnis der auf ihrer Alp gesömmerten Tiere einzusenden, dasName und Wohnort des Besitzers und Anzahl der Tiere zuenthalten hat.

3. Weitere Exemplare dieser Vorschriften können vomkantonalen Veterinäramt Zürich unentgeltlich bezogen werden.

IX. Schluss - und Strafbestimmungen.

1. Zürcherische Viehbesitzer, die Tiere in andern Kantonen sömmern wollen, haben sich über die Alpfahrtsvorschriften der betreffenden Kantone zu orientieren. Sie könnenvon den zuständigen Kantonstierärzten bezogen werden.

2. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Vorschriften unterliegen den Strafbestimmungen des Bundesgesetzesüber die Bekämpfung von Tierseuchen. Die Fehlbaren können

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auch für den durch ihr Verhalten entstandenen Schaden haftbar gemacht werden.

Zürich, den 14. März 1957.

Im Namen des Regierungsrates,

Der Vizepräsident:Dr. König.

Der Staatsschreiber:Dr. Isler.