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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH ABl 1989 (S. 1266-1270)
Titel3007 Bericht und Antrag des Büros* an den Kantonsrat zur Einzelinitiative Dr. Arthur Muhl, Wädenswil, betreffend das Gesetz über die Organisation und Geschäftsführung des Kantonsrates vom 5. April 1981 (Änderung) (vom 17. August 1989)
Datum08.09.1989
P.1266–1270

[p. 1266]

KR-Nr. 142/1987

A. Die Einzelinitiative

Der Kantonsrat hat an seiner Sitzung vom 7. September 1987 dieEinzelinitiative Dr. Arthur Muhl, Wädenswil, vom 18. August 1987,betreffend Änderung des Gesetzes über die Organisation undGeschäftsführung des Kantonsrates mit 60 Stimmen vorläufig unterstützt.

* Das Büro besteht aus folgenden Mitgliedern: Dr. U. Leemann, Egg (Präsidentin); P. Angst, Winterthur; A. Bartholet, Zürich; A. Bohren, Zürich; T. Bortoluzzi, Affoltern a. A .; Dr. M. Haas, Winterthur; S. Hohermuth, Zürich;F. Jauch, Dübendorf; H. Kuhn, Illnau-Effretikon; U. Maurer, Hinwil; I. Meier,Küsnacht; H.B. Schaffner, Fällanden; E. Wagner, Zollikon; H. Weber, Dietikon; Sekretärin: E. Bachmann, Hinwil.

[p. 1267]

Am 2. Februar 1989 hat der Kantonsrat die Frist zur Behandlung derEinzelinitiative um sechs Monate verlängert.

Die Einzelinitiative will das Kantonsratsgesetz wie folgt ändern:

§ 9a (neu): Die Stimmabgabe erfolgt, indem das Ratsmitglied seinenWillen einer Registrieranlage übermittelt oder unterNamensaufruf. Gleichzeitig hat sich das Ratsmitglied zuerheben.

Alle Abstimmungsresultate und die individuellen Stimmabgaben sind sobald als möglich bekanntzugeben. Sie sindjederzeit gebührenfrei einsehbar. Für die Abgabe inSchriftform kann eine Gebühr verlangt werden.

§ 9 Abs. 1 ist sinngemäss anwendbar.

Begründung

Wenn im Parlament durch Abstimmung ein Entscheid gefällt wird,offenbart sich die politische Einstellung der Politiker. Damit die Wählerüber Bisherige urteilen können, sind sie auf lückenlose Information überdas Abstimmungsverhalten angewiesen. Nur das vorgeschlagene elektronische Verfahren bietet Gewähr dafür.

- Die Stimmabgabe kann mittels einer einfachen Knopfdruckanlageauf jedem Pult geschehen, wo Ja/Nein/Stimmenthaltung eingegebenwerden kann. Damit auch für die anderen Mitglieder, die Besucherund die Medien das Stimmverhalten sofort deutlich wird, sollen dieParlamentarier ihren Willen zusätzlich durch Aufstehen oder Sitzenbleiben bekunden.

- Die Datenverarbeitung ermöglicht eine rationelle Auswertung derParlamentsinformation: Die Ergebnisse können je nach Bedarf aufgeschlüsselt werden.

- Gleichzeitig kann der Parlamentsbetrieb rationeller gestaltet werden, denn die umständliche und zeitraubende Abstimmung mitNamensaufruf wird sich praktisch erübrigen und nur noch selten zurAnwendung kommen.

- Dieses Verfahren bewirkt durch die Transparenz der Entscheideeine fundamentale Verbesserung der Demokratie. Deshalb ist aucheine Volksabstimmung darüber richtig.

- Bei Abstimmungen im Parlament gibt es keine Privatsphäre zuschützen: Es ist legitim, dass der Stimmbürger weiss, wie im Ratgestimmt wird.

- Politik wird wieder attraktiver: Interessante Wahlkämpfe mit fundierten Fakten steigern sicher die Wahlbeteiligung.

[p. 1268]

- Die nötigen finanziellen Aufwendungen werden gerechtfertigt durcheine wesentliche Verbesserung der politischen Kultur in unseremKanton.

B. Bericht des Büros

1. Bauliche Voraussetzungen

Das Büro hat umfangreiche Abklärungen getroffen, um über diebaulichen Änderungen im Rathaus Aufschluss zu erhalten. Im wesentlichen ist mit folgenden baulichen Massnahmen zu rechnen:

- Eingabegerät auf jedem Pultplatz in der Grösse bis max. Schuhschachtel pro Platz.

- Der Einzug neuer Kabel pro Platz und zur Zentrale im Estricherfordert die Demontage der gesamten Bestuhlung. Die Arbeitsplätze des Präsidiums und des Sekretariats sind mit den entsprechenden Eingabe- und Steuerungsgeräten auszurüsten.

- Im Saal sind weiter die Anzeigetafeln sichtbar (bis 3 Stück, Grössebis zu 5 m2 bzw. 2×2,5 m).

- Der Drucker und der dazugehörige Arbeitsplatz müssen gemässkantonaler Liegenschaftenverwaltung im zwei Geschosse höher liegenden Estrich installiert werden. Dazu ist ein klimatisierter Installationsraum von der heutigen Abwartwohnung zu trennen, welchenachher noch über zwei Zimmer verfügt.

- Die Arbeitsplätze für die Bedienung sind damit dezentral und liegensowohl im Ratsaal wie im Estrich. Für die Betreuung und Wartungist zusätzliches technisches und kaufmännisches Personal notwendig.

Die Kosten können erst aufgrund des Projektes ermittelt werden.Auch für eine minimale Lösung ist mit einem Aufwand von über einerMillion Franken zu rechnen.

2. Beurteilung der baulichen Eingriffe

Das Zürcher Rathaus ist eines der bedeutendsten Baudenkmäler inder Stadt Zürich. Die Installation einer elektronischen Auszählanlage isttechnisch machbar, bedeutet jedoch erneut einen massiven Eingriff indie Bausubstanz des Hauses. Bereits in den letzten zehn Jahren wurdensolche Veränderungen mit einer Kostenfolge von 3,7 Mio. Frankenvorgenommen. Weitere 3 Mio. Franken kostete in den letzten zehnJahren der Erneuerungsunterhalt.

[p. 1269]

Vorgesehen sind im weiteren die Änderung der WC-Anlagen (mehrDamen-WC) mit Kosten von Fr. 140000; Treppenlift und Rollstuhlplatz, Gesamtkosten etwa Fr. 115 000; Presseplatzbeleuchtung, KostenFr. 46 000. Weitere Wünsche können aus Platzgründen nicht berücksichtigt werden.

Die kantonale Denkmalpflege, das Hochbauamt und der zuständigeArchitekt raten vom Einbau dieser Anlage dringend ab.

3. Weitere Erwägungen

Es ist zu befürchten, dass eine minutiöse Erfassung aller Abstimmungen die Ratsmitglieder veranlassen könnte, von vornherein ihreStellungnahmen vollständig und präzis zu begründen, was zu einereigentlichen Redeflut führen könnte. Die Kosten für den Einbau einerelektronischen Auszählanlage werden von der Baudirektion aufFr. 1 100000 geschätzt. Da für viele unwichtige Abstimmungen eineelektronische Erfassung nicht notwendig ist, erachtet das Ratsbüro dengeplanten Aufwand als unverhältnismässig. Für den Einbau der Anlagemüsste die gesamte Bestuhlung des Ratsaales ausgeräumt und derBoden aufgebrochen werden. Daher könnte auch bei einer billigerenVariante der Auszählanlage höchstens ein minimaler Betrag eingespartwerden. Es fehlen zudem entsprechende Räumlichkeiten für die Unterbringung der Auszählanlage, weshalb eine erneute Reduzierung derWohnfläche der Abwartswohnung unumgänglich wäre. Diese Reduktion des Wohnungsraumes würde die weitere Benützbarkeit als Familienwohnung in Frage stellen.

Das Rathaus ist eines der bedeutendsten Baudenkmäler in Zürich.Der Einbau einer solchen Anlage wäre ein grosser Eingriff in dieBausubstanz, die aus denkmalpflegerischen Aspekten nicht mehr verantwortet werden könnte.

Der personelle Aufwand für die Betreuung der Anlage wäre erheblich. Es müsste zusätzliches Personal eingestellt werden. Die fachtechnische Ausbildung und Betreuung des Bedienungspersonals sowie derRatssekretäre und Weibel durch Spezialisten wäre über eine längereAnlaufzeit unumgänglich.

Im Nationalratssaal in Bern soll demnächst eine elektronische Auszählanlage in Betrieb genommen werden. Ein Vergleich unserer Verhältnisse mit jenen im Nationalratssaal ist jedoch nicht möglich, weil imRathaus Zürich vier verschiedene Räte die Anlage benützen würden.Das hätte zur Folge, dass getrennte Erfassungssysteme benötigt würden.Eine Identifikation der jeweiligen Platzbelegung wäre deshalb unumgänglich. Ausserdem fehlen mangels Keller die notwendigen Räumlich-

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keiten für einen entsprechenden klimatisierten EDV- und Maschinenraum. Überdies würden die sonst schon kleinen Schreibflächen derParlamentarierpulte durch den Einbau eines Bedienungssystems nochmals verkleinert.

C. Antrag des Büros

Gestützt auf diese Ausführungen beantragt das Büro des Kantonsrates dem Kantonsrat, die Einzelinitiative Dr. Arthur Muhl, Wädenswil,nicht definitiv zu unterstützen.

Minderheitsantrag H. B. Schaffner, I. Meier und S. Hohermuth

Die Einzelinitiative Dr. Arthur Muhl, Wädenswil, wird definitiv unterstützt.

Zürich, den 17. August 1989

Im Namen des Büros des Kantonsrates

Die Präsidentin:Dr. U. Leemann

Die Sekretärin:E. Bachmann

Antrag des Regierungsrates vom 16. August 1989