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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH ABl 2001 (S. 57-60)
TitelStrafprozessordnung (Änderung) (vom 15. Januar 2001)
Datum19.01.2001
P.57–60

[p. 57]

Der Kantonsrat,

nach Einsichtnahme in den Antrag des Regierungsrates vom 18. November 1998,

beschliesst:

I. Die Strafprozessordnung vom 4. Mai 1919 wird wie folgt geändert:

Titel nach § 106 b:

4a. Verdeckte Ermittlung

§ 106 c. Personen, die verdeckt ermitteln, treten unter einerLegende auf, die ihre wahre Identität verändert, und dürfen damit amRechtsverkehr teilnehmen und Sachen erwerben, die einem Handelsverbot unterliegen. Verdeckte Ermittler gehören der Polizei an oderwerden fallweise für eine polizeiliche Aufgabe eingesetzt.

Verdeckt ermittelt werden darf

1. zur Abwehr von Straftaten,

2. im Vorfeld von Strafuntersuchungen,

3. im Rahmen der Beweisaufnahme in der Strafuntersuchung,

wenn und solange die Verdachtslage, die Schwere und die Eigenart dervermuteten Straftat es rechtfertigen.

Die verdeckte Ermittlung darf das Entstehen des auf eine Straftatgerichteten Vorsatzes nicht fördern.

§ 106 d. Die Anordnung verdeckter Ermittlungsmassnahmensteht zu

1. dem Polizeikommando zur Abwehr von Straftaten sowie im Vorfeld von Strafuntersuchungen,

2. dem Untersuchungsbeamten im Rahmen der Beweisaufnahme inder Strafuntersuchung.

[p. 58] [p. 58]

Die anordnende Behörde erlässt eine begründete Verfügung, inwelcher die vorgesehenen Ermittlungsmassnahmen umschrieben und,soweit nicht genehmigungpflichtig, zeitlich begrenzt werden. Verlängerungen sind unter denselben Voraussetzungen zulässig.

Die Verfügung betreffend Anordnung des Einsatzes von Personen,die verdeckt ermitteln, ist im Falle der Anklageerhebung zu den Untersuchungsakten zu nehmen.

Die aus verdeckten Ermittlungsmassnahmen gewonnenen Erkenntnisse werden unter besonderem Verschluss gehalten. Sie sindmittels schriftlicher Berichte in die Untersuchung einzuführen, soweitAnklage erhoben wird. Soweit sie nicht als Beweismittel in einemStrafverfahren verwendet werden, sind sie zu vernichten, sobald derZweck für die Anordnung der verdeckten Ermittlungsmassnahmedahingefallen ist.

§ 106 e. Einer richterlichen Genehmigung im Sinne von § 104 bbedürfen

1. die Ernennung von Personen, die verdeckt ermitteln, wenn zumAufbau oder zur Aufrechterhaltung einer Legende Urkunden hergestellt oder verändert und benutzt werden,

2. der Einsatz nicht der Polizei angehörender Personen, die fallweiseim Vorfeld von Strafuntersuchungen oder zur Beweisaufnahme imRahmen derselben eingesetzt werden,

3. der Einsatz von Personen, die verdeckt ermitteln, im Rahmen derBeweisaufnahme in der Strafuntersuchung.

§ 106 f. Im Laufe verdeckter Ermittlungsmassnahmen gewonnene Erkenntnisse über andere strafbare Handlungen als die in derAnordnungs- bzw. Genehmigungsverfügung umschriebenen, könnenverwendet werden, wenn sie auf eine Begehung durch die bereits angeschuldigte oder verdächtigte Person hinweisen. Weisen die Erkenntnisse auf eine Begehung durch Dritte hin, dürfen sie nur mit Zustimmung der Genehmigungsbehörde verwendet werden. Diese stimmt zu,wenn die Erkenntnisse ein Verbrechen oder Vergehen betreffen,dessen Schwere und Eigenart die verdeckte Ermittlung gerechtfertigthätte. Stimmt die Genehmigungsbehörde nicht zu, werden die betreffenden Aufzeichnungen umgehend vernichtet.

§ 106 g. Die anordnende Behörde kann Personen, die verdecktermitteln, eine Vertraulichkeitszusage abgeben. Sie hält unter Vorbehalt von Abs. 2 deren wahre Identität geheim. Diese darf ohne Einwilligung der anordnenden Behörde und der betroffenen Person nichtaufgedeckt werden.

[p. 59]

Steht die verdeckt ermittelnde Person im Verdacht, bei ihrem Einsatz schwere Straftaten begangen zu haben, oder steht die Vertraulichkeitszusage der Durchsetzung von Rechtsansprüchen Dritter im Wege,entscheidet die anordnende Behörde in Abwägung der Interessen, obund in welchem Verfahrensstadium die Vertraulichkeitszusage widerrufen wird.

Im Falle eines Widerrufs darf die wahre Identität nur den mit demVerfahren gegen die verdeckt ermittelnde Person befassten Untersuchungs -, Anklage -, Gerichts -, Verwaltungs- oder Vollzugsbehördenpreisgegeben werden. Diese Behörden dürfen die wahre Identitätihrerseits nicht Dritten bekannt geben.

§ 106 h. Wird gegen eine Person verdeckt ermittelt, ist ihr Grund,Art und Dauer der verdeckten Ermittlung spätestens mit der Anklageerhebung oder, wenn keine solche erfolgt, spätestens vor der Vernichtung der gewonnenen Erkenntnisse mitzuteilen. Die Mitteilung kannmit Zustimmung der Genehmigungsbehörde unterbleiben, wenn dasVerfahren eingestellt wird, ein laufendes oder voraussehbares Strafverfahren ernsthaft gefährdet würde oder wenn die verdeckt ermittelnde Person oder Dritte schwere Nachteile zu befürchten hätten.

§ 131 a. Zum Schutze der einzuvernehmenden Person oder Dritter sind geeignete Massnahmen zu treffen, wenn eine erhebliche oderernstliche Gefahr glaubhaft ist. Insbesondere können

1. die Öffentlichkeit ausgeschlossen,

2. die Personalien vertraulich behandelt,

3. die direkte Konfrontation der einzuvernehmenden Person mit demAngeschuldigten und Dritten ausgeschlossen und

4. das Aussehen und die Stimme der einzuvernehmenden Persondurch technische Mittel unkenntlich gemacht werden.

Diese Massnahmen müssen verhältnismässig und die drohendeGefahr darf nicht anders abwendbar sein.

Zur Gewährung der persönlichen Sicherheit und zum Schutz vorEnttarnung von verdeckt ermittelnden Personen können deren Personalien geheim gehalten werden. Werden die Personalien nicht bekanntgegeben, so bezeugt ein Polizeioffizier die Eigenschaft der verdeckt ermittelnden Person und macht Aussagen über die für derenGlaubwürdigkeit wesentlichen Tatsachen, soweit das ohne Preisgabeder Identität der anonym aussagenden Person möglich ist.

[p. 60]

II. Mitteilung an den Regierungsrat.

Im Namen des Kantonsrates

Der Präsident:Hans Rutschmann

Der Sekretär:Hans Peter Frei

Datum der Veröffentlichung: Freitag, 26. Januar 2001

Ablauf der Referendumsfrist: Dienstag, 27. März 2001