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Staatsarchiv des Kantons Zürich

Zentrale Serien seit 1803 online: Kantonsratsprotokolle

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SignaturStAZH MM 24.13 KRP 1833/0029
TitelBehandlung des Beschlußes, betreffend die Festungswerke der Stadt Zürich.
Datum30.01.1833
P.1–7

[p. 1] Hierauf folgte die Behandlung des von dem Regierungsrathe angetragenen Beschlußes betreffend die Festungswerke der Stadt Zürich. Nach Verlesung des dießfälligen vom 4ten d. M. datirten Commißionalgutachtens und nach gründlicher Berichtserstattung der beyden von der Commißion bestellten Herrn Referenten wurde die Berathung auf reglementarische Weise begonnen, in der Nachmittagssitzung fortgesetzt, und sodann bey der artikelweisen Abstimmung folgendes beschloßen.

Da der Einleitung des Beschlußesentwurfes in Verbindung mit §. 1. desselben zwey Hauptanträge gegenüber gestellt worden waren, der erste nämlich im Wesentlichen dahin gehend, daß über die Verschanzungen der Stadt Zürich kein Beschluß gefaßt werde, bevor die militärischen Angelegenheit- [p. 2] ten eines neuen Bundes werden geschloßen seyn, der zweyte also lautend:

„Der Große Rath,

in Betracht, daß die Befestigung der Stadt Zürich als einer der wichtigsten Vertheidigungspunkte und als sturmfreyer Waffenplatz für die bewaffnete Erhaltung der Unabhängigkeit unsers gemeinsamen Vaterlandes, als einzig gesicherter Zufluchtsort gegen Raub[,] Brand u. Verheerung, für das Beste unsers Cantons unentbehrlich und es nicht gedenkbar ist, daß man im Zeitalter der Freyheit die Mittel zu ihrer Erhaltung zerstören könne.[“]

beschließt:

1.) Die Festungswerke der Stadt Zürich und ihre Unterhaltung sollen unverändert fortbestehen u. s. f.

so wurde succeßive über folgende Fragen abgestimmt:

1.) Soll hinsichtlich der Abtragung der Festungswerke der Stadt Zürich jetzt schon ein Beschluß gefaßt und mithin über den gedruckt vorliegenden Entwurf eingetreten werden; oder soll die Erörterung der dießfälligen Frage verschoben bleiben? Mit 130. gegen 54. Stimmen wird das Eintreten erkannt.

2.) Sollen die Festungswerke unverändert stehen bleiben, oder sollen dieselben im Sinne [p. 3] des Antrages des Regierungsrathes succeßive abgetragen werden? Mit 131. gegen 53. Stimmen wird die succeßive Abtragung jener Werke beschloßen.

3.) Soll der Eingang des §. 1. welcher also lautet: [„]Die Stadt Zürich wird nicht mehr als eine Festung betrachtet“ – stehen bleiben, oder weggelaßen werden?

Die Mehrheit entscheidet für das letztere, sodaß nun der §. 1. folgendermaßen lautet:

„Die Fortificationen der Stadt Zürich sollen succeßive abgetragen werden.“

4.) Soll der von einem verehrlichen Mitglied angetragene Zusatz, folgenden Innhalts: „Es bleibt der polizeyliche Verschluß der Stadt auch für die Zukunft als Grundsatz anerkannt“ – als ein besonderer §. aufgenommen werden oder nicht?

Die Mehrheit entscheidet für die Weglaßung dieses Zusatzes;

§. 2. wurde unverändert nach dem Entwurfe angenommen, nachdem 2 angetragene Zusätze durch Mehrheitsbeschluß beseitigt worden, nämlich zuerst der Antrag, daß am Schluße des §. beygefügt werde „und in möglichst kurzer Zeit bewerkstelligt werden“ –, und sodann auch der Antrag, daß nach den Worten „vorgeschriebenen Formen“ eingeschaltet werde: [p. 4] „Durch welche alles zu verhindern ist, was zur Entstellung der Stadt führen könnte, vielmehr die Verschönerung der Stadt bezweckt werden soll.“

Für diesen Antrag stimmten 69. Mitglieder.

Die §. §. 3. 4. u. 5. wurden unverändert angenommen.

Ebenso der §. 6., nachdem ein Antrag, daß dieser §. von den Worten an: „Commißion bestellen“, folgendermaßen lauten möchte: „in welche 2 Mitglieder durch den engern oder größern Stadtrath von Zürich nach freyer Wahl ernannt werden sollen. Sämmtliche Mitglieder der Commißion sind, wo es erforderlich wird, angemeßen zu honorieren.“ durch Mehrheitsbeschluß beseitigt worden war.

Bey §. 7. wurde vorerst (unter Vorbehalt einer Abstimmung über Aufnahme oder Weglaßung des ganzen §.) nach den Worten „und Auffüllung der Graben“ mit Mehrheit der Zusatz aufgenomen: „Mit Ausnahme des Schanzengrabens“, dann aber blieb ein zweyter Antrag[,] zufolge welchem die Worte: „u. von da weiter fortgesetzt werden“ weggelaßen und dafür hingesetzt werden sollte, „welche durch Barrieren ersetzt werden“, mit 66. Stimmen in der Minderheit. Demnach erfolgte die vorbehaltene Abstimmung über die Frage, ob der also modificirte §. 7. stehen bleiben oder weggelaßen werden solle. Die Mehrheit entschied für die Beybehaltung desselben.

[p. 5] §. 8. wurde unverändert genehmigt.

Ebenso der §. 9. entgegen dem in der Minderheit gebliebenen Antr_tage, daß dieser §. also lauten möchte:

„Der Regierungsrath wird mit Vollziehung des gegenwärtigen Beschlußes, sowie auch damit beauftragt, solchen der Eidg. Militäraufsichtsbehörde unter Hinweisung auf die demselben zum Grunde liegenden Rücksichten auf das Intereße des Cantons, mitzutheilen, damit im Intereße der Eidgenoßenschaft die allfällig erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden könnnen.“

Es folgte hierauf die Abstimmung über den ganzen Beschluß, wobey sich 126. Stimmen für die An[n]ahme u. 47. für die Verwerfung erklärten: Demnach ist derselbe zum Beschluß erhoben, wie folgt:

Beschluß des Großen Rathes

betreffend

die Festungswerke der Stadt Zürich.

–––––––––––––––––

Der Große Rath,

in Betracht der Hinderniße, welche für den freyen Verkehr und die Erweiterung der National-Industrie aus Beybehaltung der Festungswerke um die Stadt Zürich entspringen, beschließt:

§. 1. Die Fortificationen der Stadt Zürich sollen succeßive abgetragen werden. [p. 6]

§. 2. Die Abtragung geschieht im Allgemeinen nach einem gleichförmigen System und nach vorgeschriebenen Formen, entweder auf Kosten des Staates oder derjenigen Personen, welche das Grundeigenthum einzelner Theile mit der Verbindlichkeit zur Verebnung käuflich an sich bringen.

§. 3. Die Bauten auf dem Glacis sollen in dem allgemeinen Plane aufgenommen werden, sich vorschriftsmäßig an denselben anschließen und das Verboth willkürlicher Aufführung von Gebäuden daselbst so lange fortbestehen, bis die Art ihres Zusammenhanges mit den zu planirenden Theilen u. die Communications-Wege u. sonstigen Anlagen festgesetzt sind.

§. 4. Jede partielle Abtragung wird vorerst öffentlich bekannt gemacht, theils zur Abschließung der erforderlichen Contracte, theils um die Einreichung von Bemerkungen, Vorstellungen u. Ansprachen zu erleichtern.

§. 5. Ueber die Rechte und Verpflichtungen der Gemeinden in Betreff der in ihrem Umkreise fallenden Bauten, Straßen u. Verebnungen, wird der Regierungsrath innerhalb der Schranken der Gesetze die nöthigen Anordnungen treffen.

§. 6. Zu Entwerfung der succeßiven Pläne u. Beaufsichtigung der mit diesen übereinstim- [p. 7] menden Ausführung wird der Regierungsrath eine besondere, dem Finanzrathe untergeordnete, Commißion bestellen, und deren Mitglieder da wo nöthig angemeßen honoriren.

§. 7. Die Abtragung u. Verebnung der Festungswerke u. Ausfüllung der Graben (mit Ausnahme des Schanzengrabens) soll sich zuerst auf die Thore u. Porten erstrecken u. von da weiter fortgesetzt werden. Es werden unmittelbar in diesem Sinne Einfahrten in die Gegend des Wollishofer- u. Hottingersteges angelegt.

§. 8. Ueber die Ausgaben u. Einnahmen in Folge der vorgenommenen Arbeiten, Abtragungen und Verkäufe soll eine besondere Rechnung geführt, das Ergebniß derselben summarisch in die Staatsrechnung aufgenommen u. ein besonderer Credit hierfür durch das Büdget eröffnet werden.

§. 9. Der Regierungsrath ist mit Vollziehung des gegenwärtigen Beschlußes beauftragt.

Zürich den 30. Januar 1833.

Im Nahmen des Großen Rathes

Der Präsident.

sig. M. Hirzel.

Der Erste Secretär.

sig. Finsler.