Signatur | StAZH MM 24.42 KRP 1891/0030 |
Titel | Gesetzesentwurf betr. die Vereinigung von Zürich u. Ausgemeinden. |
Datum | 04.02.1891 |
P. | 123–129 |
[p. 123] Die Berathung über den Gesetzesentwurf betreffend die Vereinigung der Stadt Zürich und der Ausgemeinden etc: wird fortgesetzt bei
§ 12 zu welchem Herr Curti folgenden Zusatzantrag stellt:
Durch die Gemeindeverordnung kann für die Wahlen ein System der Minoritäten- oder proportionalen Vertretung eingeführt werden.
Auf Antrag des Herrn Dr Escher, mit dem sich dann auch Herr Curti einverstanden erklärt, wird der Gegenstand zurückgelegt bis zur Behandlung des Gesetzes- [p. 124] entwurfes betreffend das proportionale Wahlverfahren.
Zu § 13 stellt Herr Greulich den Antrag, daß die Gemeinde in einem Wahlkreise auch das Waisenamt, beziehungsweise vier Mitglieder desselben, sowie die Armenpflege zu wählen haben solle; beides wird aber mit Mehrheit abgelehnt. Die Lita a, betreffend die Wahl des Stadtrathes und des Stadtpräsidenten, ist unbeanstandet. Litterä b. c. d., betreffend die Wahl des Stadtammanns, der Friedensrichter u. der Notare, sollen später, bei der Behandlung der besonderen Titel für diese Beamtungen, erledigt werden.
§ 14 ist unbeanstandet.
Bei § 15 wird die Wahl der Mitglieder der Zentralschulpflege, der Kreisschulpflegen und deren Präsidenten, der Primar- und Sekundarlehrer auf Antrag des Referenten Herrn Dr Escher vorderhand von der Behandlung ausgeschlossen, um diese Bestimmung später in Verbindung mit andern die Schule betreffenden Fragen zu erledigen. Der übrige Theil des Paragraphen ist unbeanstandet, sonach beschlossen:
Die Gemeinde wählt in den Kreisen (§§ 10 u. 11) die Stadtverordneten und die eidgenössischen Geschwornen. Von Herrn Karl Bürkli wird indeß der Ausdruck „Stadtverordneter“ angefochten. Er beantragt, daß derselbe überall ersetzt werde durch „Großrath“ und der Ausdruck „Versammlung der Stadtverordneten“ durch „der Große Rath der Stadt Zürich.“
Herr Fritschi möchte die Stadtverordneten-Versammlung „Großer Stadtrath“ nennen,
Herr Pfarrer Frei einfach „Stadtrath“ zur Unterscheidung vom „Gemeindrath“, wie er den bisherigen [p. 125] Stadtrath, resp: die Exekutivbehörde des künftigen Zürich’s nennen würde.
Herr Redaktor Ziegler empfiehlt die Bezeichnung „Stadt-Großrath.“
Herr Dr Hasler „Gemeindeausschuß.“
Von den Ausdrücken „Großrath“ und „Stadtgroßrath“ würde die Mehrheit (94 gegen 33 Stimmen) den letztern vorziehen, diesem gegenüber dann aber die Mehrheit die Bezeichnung „Großer Stadtrath“; ebenso gegenüber den Bezeichnungen „Stadtrath“ (Antrag Frei) u. „Gemeindeausschuß“, und schließlich auch, mit 157 gegen 9 Stimmen, gegenüber der Bezeichnung „Stadtverordnetenversammlung“ (Kommissionalantrag).
Dieser letztere Ausdruck ist also überall, wo er vorkommt, zu ersetzen durch „Großer Stadtrath“ und der Ausdruck „Stadtverordneter“ durch „Mitglied des Großen Stadtrathes.“
§ 16 ist materiell unbeanstandet. Die von Herrn Dr Usteri vorgeschlagene Fassung:
„Für die Wählbarkeit zum eidgenössischen Geschwornen ist der Wohnsitz im betreffenden Kreise erforderlich; für die übrigen Kreiswahlen dagegen besteht freies Wahlrecht innerhalb der Gemeinde. –
wird der Redaktionskommission zur Würdigung empfohlen.
In § 17 wird die litt: d auf Antrag des Herrn Dr Ryf mit Mehrheit wie folgt abgeändert:
d.) über neue einmalige Ausgaben, diejenigen für Neubauten inbegriffen, im Be- [p. 126] trage von mehr als zweihunderttausend Franken.
Sonst bleibt der Paragraph unverändert.
§ 18 erfährt folgende Aenderungen resp: Ergänzungen:
a) die Gemeinde entscheidet ferner … mit Ausschluß der Festsetzung des Voranschlages nebst Nachtragskrediten und … (Antrag des Referenten, Hrn: Dr Escher, mit Mehrheit angenommen).
c.) Streichung der Worte „oder der Stadtrath innert der gleichen Frist die Anrufung des Referendums von sich aus beschließt.“ (Antrag des Herrn Dr Ryf und des Referenten, mit 98 gegen 50 Stimmen angenommen).
d.) am Schluß des § … einreichen, oder die Mehrheit einer Versammlung des Großen Stadtrathes es beschließt, od. ein Drittheil der sämmtlichen Mitglieder des Großen Stadtrathes es verlangt.
(Antrag des Herrn Dr Ryf, einstimmig angenommen).
Der Antrag Lang, das Minimum der Zahl der Stimmberechtigten, welche ein Referendumsbegehren stellen können, von 2000 auf 1000 herabzusetzen, wird mit 120 gegen 38 Stimmen abgelehnt.
Ebenso wird abgelehnt mit 100 gegen 52 Stimmen, der Antrag des Herrn Lang:
Die XXIger Kommission wird beauftragt, nach [p. 127] Prüfung der Frage darüber Bericht zu erstatten, ob nicht die Ausübung des fakultativen Referendums erleichtert werden könne, etwa dadurch, daß in [den] dem Volke leicht zugänglichen Büreaux Referendumsbogen jederzeit aufgelegt werden.
Der § 18 lautet nun also wie folgt:
Die Gemeinde entscheidet ferner im fakultativen Referendum über materielle Beschlüsse des Großen Stadtrathes mit Ausschluß der Festsetzung des Voranschlages nebst Nachtragskrediten, der Festsetzung des Steuerfußes, der Abnahme der Jahresrechnung u. der Geschäftsberichtes, sofern binnen zwanzig Tagen, von der Bekanntmachung der Schlußnahme angerechnet, wenigstens zweitausend Stimmberechtigte beim Stadtrath das unterschriftliche Begehren um Anordnung des Referendums einreichen, oder die Mehrheit der Anwesenden einer Versammlung des Großen Stadtrathes es beschließt, oder ein Drittheil der sämmtlichen Mitglieder des Großen Stadtrathes es verlangt.
Die Anregung des Herrn Dr Ryf, am Schlusse des Paragraphen zu sagen „sofort es verlangt“, wird der Redaktionskommission zur Würdigung empfohlen; ebenso die Frage des Herrn Ryf, ob nicht der Ausschluß der „Nachtragskredite“ als Gegenstand des fakultativen Referendums eine zu weit gehende Bestimmung wäre.
§ 19 der Ordnungsantrag des Herrn Dr Ryf auf Rückweisung an die Kommission in dem Sinne, daß die Möglichkeit der Dringlichkeitserklärung näher bestimmt werde, wird mit Mehrheit abgelehnt.
Es beantragen materiell:
Herr Nationalrath Abegg: [p. 128] … wenn der Beschluß vom Großen Stadtrath mit einer Mehrheit von vier Fünftheilen der anwesenden Mitglieder als dringlich erklärt wird.
Herr Dr Hasler:
… als dringlich erklärt wird und der Stadtrath durch besondern Beschluß sein Einverständniß erklärt.
Herr Dr Usteri:
… als dringlich, oder als nicht allgemein verbindlich erklärt.
Herr Greulich:
… ist ausgeschlossen, wenn es sich um Anordnungen handelt, die durch Naturereignisse, drohende Gefahren veranlaßt werden, und wenn der Beschluß …
Mit den Amendements Abegg u. Hasler ist der Herr Referent einverstanden und sie werden einstimmig angenommen, die Anträge Usteri und Greulich dagegen je mit Mehrheit verworfen. Der Paragraph lautet nun:
Das Begehren und die Anordnung einer Gemeindeabstimmung (§ 18) ist ausgeschlossen, wenn der Beschluß vom Großen Stadtrath mit einer Mehrheit von vier Fünftheilen der anwesenden Mitglieder als dringlich erklärt wird und der Stadtrath durch besondern Beschluß sein Einverständniß erklärt.
Bei § 20 beantragt Herr Dr Ryf Streichung desselben. Er wird aber mit Mehrheit unverändert festgehalten.
§ 21 Herr Carl Bürkli möchte den Ausdruck „Motion“ ersetzen durch „Initiativvorschlag“, Herr Dr Ryf durch „Antrag.“ Von diesen neu vorgeschlagenen [p. 129] Bezeichnungen würde die Mehrheit die letztere („Antrag“) vorziehen. Mit 91 gegen 43 Stimmen wird aber die „Motion“ beibehalten. Der Paragraph bleibt also unverändert.
§ 22 wird mit dem Amendement des Herrn Forrer, unterstützt vom Referenten, Herrn Escher, … so ist sie mit dem Gutachten und einem allfälligen Gegenvorschlag der zuständigen Behörde (§ 24) …
angenommen, der Antrag Greulich, die Zahl der die Motion unterstützenden Stimmberechtigten auf eintausend herabzusetzen, sowie derjenige des Herrn Karl Bürkli, diese Verhältnißzahl auf Fünfzehnhundert zu bestimmen, und zwar der erste gegenüber dem zweiten mit 81 gegen 47, sodann der letztere gegenüber dem Kommissionalantrag mit 77 gegen 72 Stimmen.
Der weitere Antrag des Herrn Meier-Sallenbach, statt der vorgesehenen Frist von 4 Monaten blos eine solche von 3 Monaten anzunehmen, bleibt in Minderheit.
§ 23 ist unbeanstandet. Das zweite Lemma desselben soll aber gemäß dem Antrage des Herrn Referenten einen besondern Paragraphen bilden.
§ 24 ist unbeanstandet.
§ 25 wird auf Antrag des Herrn Dr Usteri zurückgestellt, bis nach Erledigung der Fragen über den Finanzhaushalt.
§ 26, 27, 28, 29 werden nach einander ohne Widerspruch angenommen.