Signatur | StAZH OS 10 (S. 48-52) |
Titel | Verordnung des Obergerichtes vom 14. Hornung 1854 betreffend das Verfahren in gewissen Fällen von Vaterschaftsklagen. |
Datum | 14.02.1854 |
P. | 48-52 |
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Das Obergericht des Kantons Zürich,
ermächtigt durch § 2 des Gesetzes betreffend die Einführung der §§ 1 bis 473 des privatrechtlichen Gesetzbuches,
mit Hinsicht auf die Modifikationen des gerichtlichen Verfahrens, welche durch die §§ 288, 289 und 300 des bürgerlichen Gesetzbuches nothwendig gemacht werden, provisorisch das Geeignete zu verordnen,
beschließt: [p. 49]
Zu §§ 288 und 289:
§ 1. Die Pfarrämter sind angewiesen, nach eingeleiteter Vaterschaftsklage, falls der Beklagte auf Befragen die Vaterschaft anerkennt, von den Parteien auch darüber sich Gewißheit zu verschaffen, ob ein der Schwängerung vorangegangenes Eheversprechen behauptet und anerkannt werde und ob mit Hinsicht auf die ökonomischen Leistungen eine Verständigung und in welcher Art stattgefunden habe. Die Beantwortung der dießfälligen Fragen, welche schriftlich abgefaßt und mit der Unterschrift der Parteien und, falls dieselben minderjährig sind, mit derjenigen ihrer berechtigten Vertreter versehen bei den pfarramtlichen Akten aufzubewahren ist, soll in die an das Bezirksgericht gelangende Anzeige aufgenommen werden.
§ 2. Ist die pfarramtliche Anzeige dem Bezirksgerichte zugekommen, so hat dasselbe, insofern nicht schon aus der Mittheilung des Pfarramtes genügende Sicherheit über Anerkennung der Vaterschaft mit oder ohne vorangegangenes Eheversprechen, so wie über Verständigung der Parteien hinsichtlich der ökonomischen Leistungen hervorgeht, die Parteien vorzuladen und zur Erklärung über die fraglichen Punkte aufzufordern.
§ 3. Ergibt sich aus den Erklärungen der Parteien, sei es vor Pfarramt oder vor Gericht, daß sie über sämmtliche Punkte einig sind, so bedarf es der Ausfüllung eines Urtheiles nicht, und ist durch bloßen Beschluß der Status des Kindes zu bestimmen und die Behaftung des Beklagten für die anerkannten Verpflichtungen auszusprechen. Ist dagegen noch Streit vor- [p. 50] handen, sei es über das Dasein eines Eheversprechens oder über den Umfang der dem Beklagten obliegenden Leistungen, so ist der gerichtliche Entscheid in Form eines Urtheils zu geben. Beschluß oder Urtheil ist der Heimatsgemeinde des Kindes stets und den Parteien auf ihr Begehren schriftlich mitzutheilen.
§ 4. Ist der Beklagte, der die Vaterschaft anerkennt, nicht Kantonsbürger, so ist, falls ein der Schwängerung vorangegangenes Eheversprechen vorliegt, bei Bestimmung des Status des Kindes darauf Rücksicht zu nehmen, ob in der Heimat des Beklagten nach den daselbst geltenden Gesetzen die Bestimmung, daß das Kind als ehelich und erblich mit Bezug auf Geschlecht und Bürgerrecht dem Vater folge, Anerkennung finden könne, und wenn hierüber Zweifel obwalten, der Vorbehalt der Anerkennung von Seite der heimatlichen Behörden in den Beschluß öder das Urtheil aufzunehmen und eventuell auf den Fall der Nichtanerkennung das Kind der Mutter zuzusprechen.
§ 5. In den Fällen, in denen die außerehelich geschwängerte Weibsperson keine Klage erheben will, hat von nun an eine besondere Bestimmung des Status des Kindes durch Gerichtsbeschluß nicht mehr stattzufinden, und ist die dießfällige Verordnung des Obergerichtes vom 6. Christmonat 1840 aufgehoben.
Zu § 300:
§ 6. Verlangt die Klägerin im Vaterschaftsprozesse gegen einen Ausländer, daß das Gericht von der Berechtigung, dir ihm durch § 300 des bürgerlichen Gesetzbuches ertheilt ist, Gebrauch mache, so ist, insofern die Weisung dem Gerichte bereits eingereicht ist, dem [p. 51] Begehren in der Regel sofort in der Weise zu entsprechen, daß dem Beklagten aufgegeben wird, für die Prozeßkosten, Prozeßentschädigung und den muthmaßlichen Betrag der Leistungen, die ihm, falls die Klage gutgeheißen werden sollte, für Mutter und Kind obliegen würden, binnen Frist genügende Kaution zu bestellen. Wird der Auflage keine Folge geleistet, oder ist schon von Anfang an die Gefahr des Verzuges bescheinigt, so ist, nötigenfalls durch Requisition des Gerichtes, in dessen Kreis die Arrestobjekte liegen, auf Vermögen und Effekten des Beklagten Beschlag zu legen. Ueber die Frage der Zulässigkeit dieses Arrestes kann die Einleitung eines besondern Prozesses nicht stattfinden.
§ 7. Ist die Klage gegen einen Kantons- oder Schweizerbürger gerichtet, so ist einem dießfälligen Ansuchen der Klägerin nur dann Folge zu geben, wenn zugleich Bescheinigung dafür beigebracht wird, daß der Beklagte beabsichtige, durch Entfernung außer Landes sich der Klage zu entziehen oder sein Vermögen aus dem Kanton wegzubringen suche oder keinen festen Wohnsitz habe.
§ 8. Soweit nach bestehenden Staatsverträgen Ausländer den Inländern im bürgerlichen Rechte gleich gestellt sind, so findet auf dieselben § 7 ebenfalls Anwendung.
§ 9. Wird die Vaterschaftsklage abgewiesen, so ist bei Bestimmung der der Klägern obliegenden Prozeßentschädigung aus den Nachtheil, den die Kautionsleistung oder der Arrest dem Beklagten gebracht hat, gebührende Rücksicht zu nehmen.
§ 10. Diese Verordnung, die mit Ende März in [p. 52] Kraft tritt, ist sämmtlichen Bezirksgerichten für sich und zu Handen der Pfarrämter ihres Bezirkes mitzutheilen und dem von dem Obergerichte dem Grossen Rathe zu erstattenden Jahresberichte beizulegen.