Signatur | StAZH OS 22 (S. 9-11) |
Titel | Reglement betreffend die Behandlung der Depositen und Kautionen. |
Datum | 31.12.1887 |
P. | 9-11 |
[p. 9]
§ 1. Die Bezirksgerichtskanzleien haben über die hinterlegten Gelder ein Verzeichniss zu führen, in welchem die einzelnen Arten derselben folgendermassen zu bezeichnen sind:
Mit A die gerichtlichen Depositen gemäss §§ 649 ff. des Gesetzes betreffend die Rechtspflege;
mit B die Prozesskautionen gemäss §§ 265 ff., 470, 520, 668, 709, 779, 817 daselbst, soweit solche in Baar oder in Werthschriften geleistet werden;
mit C die Kosten-Vertröstungen gemäss §§ 263 ff., 586,1015, 1033 daselbst.
Kosten-Vertröstungen in Prozessen, in welchen die nämliche Partei auch eine Prozesskaution geleistet hat, können in demselben Eintrage vereinigt werden.
§ 2. Wenn ein Geldbetrag von mindestens 200 Fr. gerichtlich deponirt werden muss, welcher voraussichtlich länger als einen Monat liegen bleiben wird, so hat der Gerichtspräsident in Ausführung des § 652 des Gesetzes betr. die Rechtspflege demjenigen, welcher das Begehren stellt, die Wahl zu lassen, ob er den Betrag in Baar oder in Form eines Depositenscheines der Kantonalbank hinterlegen wolle.
Im letzteren Falle hat der Deponent einen Depositenschein beizubringen, welcher auf den Namen der Gerichtskanzlei ausgestellt ist, von dieser mit der entsprechenden Nummer des Verzeichnisses zu versehen und sorgfältig aufzubewahren ist.
Wird die Aushingabe des Depositums verfügt, so hat der Gerichtsschreiber nach erfolgter Bezahlung der Depositionsgebühr auf der Rückseite des Scheines den Namen der zum [p. 10] Bezuge berechtigten Person vorzumerken mit dem Beifügen, dass derselben sowohl das Kapital als der aufgelaufene Zins herauszugeben sei. Ist das Depositum an verschiedene Personen auszufolgen, so löst die Gerichtskanzlei den Depositenschein selbst ein, legt den Betrag unter Vormerkung bei dem betreffenden Einträge des Verzeichnisses in die Depositenkasse und gibt jedem der Berechtigten den betreffenden Antheil nebst dem von der Bank bis zum Tage der Einlösung des Scheines vergüteten Zins nach Abzug der Depositionsgebühr an Baar heraus.
§ 3. Die Gerichtskanzleien legen die gemäss §§ 1 und 2 in Empfang zu nehmenden Baarbeträge in eine von der eigentlichen Gerichtskasse getrennt zu haltende Kasse und führen darüber ein besonderes Kassabuch, in welches jeder eingehende und ausgehende Betrag unter genauer Verweisung auf die betreffende Post des Verzeichnisses einzutragen ist.
§ 4. Der Baarbestand dieser Kasse darf in der Regel in Zürich bis auf 2000 Fr., in Winterthur bis auf 800 Fr., in den übrigen Bezirken bis auf 500 Fr. ansteigen.
Alle den zulässigen Baarbestand übersteigenden Eingänge an Baar sind, sofern nicht deren Verwendung in den nächsten Tagen in Aussicht steht, auf den Namen der Gerichtskanzlei hei der nächstliegenden Kantonalbankfiliale in Kontokorrent zinstragend anzulegen.
Ueber den diesfälligen Verkehr wird ein besonderes von der Bank zu lieferndes Buch geführt, welches je mit dem Kalenderjahr abgeschlossen wird. Für Bezüge aus dem Kontokorrent hat die Gerichtskanzlei überdies besondere Quittungen auszustellen.
§ 5. Die im Kontokorrent erzielten Zinse sind bei den eigentlichen Depositen vollständig, bei Kautionen und Kostenvertröstungen dagegen nur, wenn dieselben mindestens 500 Fr. betragen und erst vom Beginn des dritten Monates der Deposition an, den Parteien bei der Aushingabe zu vergüten.
§ 6. Die den Parteien ausbezahlten Zinsbeträge sind im Kassabuch mit rother Tinte einzutragen, in dem Verzeichnisse vorzumerken und in diesem mit dem Rückempfange des Kapitals durch die Berechtigten zu bescheinigen. [p. 11]
§ 7. Der Rest der in Kontokorrent aufgelaufenen Zinse fällt zur Hälfte dem Gerichtsschreiber, zur anderen Hälfte dem Staate zu; dieser letztere Antheil ist alljährlich in die Gerichtskasse zu legen.
§ 8. Die Bezirksgerichtspräsidenten haben von Zeit zu Zeit die Depositen, welche länger als 3 Jahre in der Kasse liegen, zu bereinigen. Beträge, bei welchen die zum Rückbezuge berechtigten Personen nicht mehr ermittelt werden können, sind nach vorausgegangener Publikation im Amtsblatte einstweilen der Gerichtskasse als Einnahmen gut zu schreiben. Die entstehenden Baarauslagen können aus den betreffenden Depositen bestritten werden.
In gleicher Weise verfahren die Bezirksgerichte mit Bezug auf die Prozesskautionen und Kostenvertröstungen.
§ 9. Die Bezirksgerichte haben durch ihre Kanzleikommissionen gleichzeitig mit der periodischen Revision der Gerichtskasse (§ 17 der Verordnung betreffend die Rechnungsführung der Gerichtskanzleien) auch die Depositenkasse zu untersuchen und die Uebereinstimmung des Kassabuches mit dem Verzeichnisse zu prüfen.
§ 10. Für die von dem Registrator des Obergerichtes zu verwaltenden Kautionen und Kostenvertröstungen sind die in §§ 1 und 3–7 enthaltenen Vorschriften ebenfalls maassgebend. Der Baarbestand dieser Kasse darf in der Regel 1000 Fr. nicht übersteigen.
§ 11. Dieses Reglement tritt mit dem 1. Februar 1888 in Kraft. Alle mit diesem Zeitpunkte noch nicht herausgegebenen Posten sind neu in das Verzeichniss einzutragen.
§ 12. Dieses Reglement ist durch das Amtsblatt bekannt zu machen und in besonderen Abzügen den Bezirksgerichten mitzutheilen.
Zürich, den 31. Dezember 1887.
Im Namen des Obergerichtes,
Der Präsident:
Dr. E. Sträuli.
Der Obergerichtsschreiber:
C. Georgi.