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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH OS 25 (S. 385-391)
TitelPromotionsordnung der II. Sektion der philosophischen Fakultät der Hochschule Zürich.
Datum10.06.1899
P.385-391

[p. 385]

§ 1. Die II. Sektion der philosophischen Fakultät erteilt die Doktorwürde (§ 138 des zürcher. Unterrichtsgesetzes):

1) Infolge einer bei ihr eingereichten Bewerbung;

2) ohne vorausgegangene Bewerbung, von sich aus, auf Grund anerkannter Verdienste um die Wissenschaft (Ehrenpromotion, s. § 21).

I. Promotion infolge eingereichter Bewerbung.

§ 2. Die Bewerbung um die Promotion geschieht bei dem Dekan der Sektion durch ein schriftliches Gesuch, welchem der Bewerber beizulegen hat:

1) Einen Abriss seines Bildungs- und Studienganges (curriculum vitse);

2) genügende amtliche Zeugnisse über die im curriculum vitae angegebenen Studien und vollständig sicherstellende Ausweise über die Entstehung seiner Dissertation;

3) eine von ihm verfasste Abhandlung (Dissertation), welche in der Regel als Manuskript einzureichen ist und aus welcher die Befähigung des Verfassers zu selbständiger wissenschaftlicher Forschung hervorgeht.

Der Bewerber hat in seinem Gesuch sein Hauptfach (s. § 9) zu bezeichnen.

Die Fakultät ist nicht verpflichtet, im laufenden Semester auf ein Promotionsgesuch einzutreten, das nicht mindestens 6 Wochen vor dem offiziellen Semesterschluss eingereicht wurde. [p. 386]

§ 3. Der Dekan holt über die Dissertation ein fachmännisches Gutachten ein und übermittelt dasselbe mit den übrigen Akten, sowie mit einem Antrag des begutachtenden Fakultätsmitgliedes über das gesamte Promotionsgesuch, den Mitgliedern der Sektion zur Abstimmung über die Zulassung zur Promotion.

Der Begutachter ist befugt, von dem Bewerber die zur Kontrole der in der Abhandlung angeführten Untersuchungen dienenden Belege (z. B. chemische oder mikroskopische Präparate) einzufordern.

§ 4. Die Prüfung ist zweifach, eine schriftliche und eine mündliche.

§ 5. Gänzlicher oder teilweiser Erlass der schriftlichen und mündlichen Prüfung kann nur gestattet werden:

1) Denjenigen Kandidaten, welche die Diplomprüfung für das höhere Lehramt an der II. Sektion mit Erfolg bestanden haben;

2) den diplomirten Schülern des eidgen. Polytechnikums, ferner den Medizinern und Pharmazeuten, welche das eidgenössische Staatsexamen bestanden haben, falls in ihren Examina in allen denjenigen Fächern und in dem Umfange examinirt wurde, in denen der Kandidat beim Doktorexamen geprüft werden müsste und für welche er Studienausweise beizubringen hätte.

§ 6. Ein teilweiser Erlass der Prüfung kann den sub 1 u. 2 genannten Kandidaten gestattet werden, die in ihren Examina nicht in sämtlichen, durch die Promotionsordnung vorgesehenen Fächern geprüft wurden, ferner solchen Kandidaten, die durch ihre wissenschaftliche Betätigung oder durch ihre Stellung als Lehrer an Mittel- oder Hochschulen der Schweiz sich dazu besonders qualifizirt erweisen.

§ 7. Nachdem die Zirkulation der sämtlichen Akten bei den Sektionsmitgliedern beendet ist, trifft der Dekan, insofern keine Einwendung gegen den Vorschlag des antragstellenden Sektionsmitgliedes erfolgt ist, die entsprechenden Anordnungen. Erfolgt eine Einwendung, so entscheidet die Sektion durch einfaches Stimmenmehr über den Antrag.

§ 8. Die Aufgaben für die schriftliche Klausurarbeit werden von dem antragstellenden Sektionsmitglied gestellt und die Arbeit unter, seiner Aufsicht ausgeführt, [p. 387]

§ 9. Die schriftliche Arbeit wird von dem antragstellenden Sektionsmitgliede schriftlich zensirt und das Gutachten darüber dem Dekan zugestellt.

§ 10. Zur mündlichen Prüfung werden die sämtlichen Mitglieder der Sektion durch den Dekan eingeladen.

Hiebei gelten folgende Bestimmungen:

Die Prüfung erstreckt sich auf das Hauptfach und drei Nebenfächer, von denen zwei in nachstehender Übersicht angegebene obligatorisch sind, während die Wahl des dritten dem Kandidaten freigestellt wird.

1. Hauptfach: 2. Obligatorische Nebenfächer:
Mathematik Physik und Astronomie
Astronomie Mathematik und Physik
Physik (inkl. Mechanik) Mathematik u. Astronomie
Chemie Experimentalphysik und Mineralogie
Geologie (inkl. Petrographie) Paläontologie und Mineralogie
Palceontologie Geologie und Zoologie (inkl. vergl. Anatomie)
Geographie Geologie und Physik
Mineralogie (inkl. Petrographie) Chemie und Geologie
Allgem. Botanik (inkl. Pflanzenphysiologie) Spezielle Botanik (inkl. Pflanzengeographie) u. Zoologie (inkl. vergl. Anatomie)
Spezielle Botanik (inkl. Pflanzengeographie) Allgem. Botanik (inkl. Pflanzenphysiologie) und Zoologie
Zoologie Botanik u. vergl. Anatomie
Vergleich. Anatomie Anatomie des Menschen und Zoologie.

Ausserdem werden akademische Studienausweise wenigstens über ein weiteres naturwissenschaftliches Fach verlangt, welches nicht mit dem freigewählten Nebenfach zusammenfallen darf.

Das Freifach kann aus allen Fächern, über welche Studienausweise verlangt werden, ausserdem noch aus allen Examenfächern der medizinischen Fakultät und der I. Sektion der philosophischen Fakultät gewählt werden.

Die Sektion behält sich vor, in besonderen Fällen eine andere Gruppirung der Nebenfächer vorzunehmen.

§ 11. Eine Promotion in absentia ist ausgeschlossen.

§ 12. Nach Schluss der Prüfung und nach Anhörung des Berichtes der Examinatoren nimmt die Sektion die endgültige [p. 388] Abstimmung über die Promotion des Bewerbers vor. Auf Grund der Prüfungsresultate werden Noten von 1–6 erteilt, wobei 1 als schlechteste, 6 als beste Note gilt.

Die Abstimmung geschieht durch Stimmzeddel und es erfolgt die Promotion, wenn wenigstens zwei Drittel der stimmfähigen Mitglieder der Sektion sich für dieselbe entscheiden.

§ 13. Bei der Abstimmung in der Sitzung (§ 12) müssen zwei Drittel der Sektionsmitglieder anwesend sein. Das Resultat der Abstimmung wird durch den Dekan dem Kandidaten schriftlich mitgeteilt.

§ 14. Weist die Sektion den Kandidaten infolge des Ausganges der Prüfung ab, so kann sie ihm hiebei eine Frist ansetzen, nach deren Ablauf er sich von neuem zur Prüfung melden kann. Eine Wiederholung der Prüfung im gleichen Semester ist unstatthaft.

§ 15. Nach zweimaliger Abweisung des Kandidaten wird keine weitere Meldung mehr angenommen.

§ 16. Die Promotion wird erst veröffentlicht, nachdem der Kandidat die in der Regel erforderlichen 160 Exemplare der gedruckten Abhandlung als Inauguraldissertation der Kanzlei der Universität zu Handen des Dekanates eingereicht hat.

Von den übergebenen Exemplaren erhält in der Regel der Dekan und jedes Mitglied der Sektion je zwei Exemplare, der Rektor und die Mitglieder des Erziehungsrates je ein Exemplar, ein Exemplar fällt dem Archiv der Sektion, eines dem Archiv des Senates und 80 Exemplare der Kantonalbibliothek zu. Die übrigen bleiben zur Disposition der Fakultät.

§ 17. Die Dissertation ist auf dem Titel als solche zu bezeichnen, die zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde an der Universität Zürich eingereicht wurde. Desgleichen ist auf dem Titelblatt der Name des oder der die Arbeit zur Annahme empfehlenden Referenten zu nennen.

Vor dem definitiven Druck der Dissertation ist dem Dekan ein Probeabzug des Titelblattes zur Kontrole einzusenden, um von ihm mit dem Imprimatur versehen zu werden, falls der Abzug den Bestimmungen der Promotionsordnung entspricht.

Nachträgliche, den Inhalt der Dissertation betreffende Textänderungen, Ergänzungen oder Streichungen sind nur mit Zustimmung des oder der Referenten gestattet. [p. 389]

§ 18. Wenn nach Ablauf eines Jahres die Einlieferung der Druckexemplare nicht vorschriftsmässig stattgefunden hat, wird die ganze Promotion hinfällig. Auf schriftliches Ansuchen des Kandidaten kann die Fakultät eine Verlängerung der Frist bewilligen, die aber ein weiteres Jahr nicht übersteigen soll.

§ 19. Die Bekanntmachung der Promotion erfolgt durch den Dekan im Amtsblatt, sobald die Exemplare vollzählig abgeliefert sind. Sie datirt vom Tage der Ablieferung der Pflichtexemplare.

§ 20. Nach Erfüllung aller reglementarischen Bestimmungen durch den Doktoranden verfasst der Dekan das Diplom gemäss dem Beschlusse der Sektion und lässt davon 25 Exemplare drucken. Ein Exemplar, das Originaldiplom, wird einerseits vom Rektor, anderseits vom Dekan unterzeichnet, mit dem Siegel der Hochschule und demjenigen der Fakultät versehen und dem promovirten Doktor zugestellt. Von den übrigen Abzügen erhält jedes Mitglied der Sektion ein Exemplar, eines kommt in das Archiv der Sektion, eines in dasjenige des Senates, eines ans schwarze Brett.

Das Diplom wird nur in deutscher Sprache abgefasst.

Besondere Noten werden auf den Diplomen nicht ausgesetzt; dagegen behält sich die Fakultät vor, in Fällen von besonders tüchtigen Leistungen auszeichnende Prädikate auf dem Diplom anzubringen, die sich entweder auf die Dissertation allein oder auf die Prüfung allein oder auf beide zusammen beziehen können.

§ 21. Die Gesamtgebühren für die Promotion ohne Erlass oder Reduktion der Prüfung betragen 380 Franken. Für Kandidaten, welchen ein Erlass oder eine Reduktion der Prüfungen gewährt ist, tritt eine Rückvergütung der Gebühren nach Massgabe der erlassenen Fächer ein. Die in solchen Fällen zu entrichtenden Gebühren betragen jedoch im Minimum Fr. 230.

Die betreffende Summe ist von dem Bewerber bei Eingabe der Akten der Kanzlei der Universität einzuhändigen.

§ 22. Wird die Dissertation des Kandidaten als unzureichend zurückgewiesen, so bleiben von den Promotionsgebühren Fr. 100 verfallen. Wurde die Dissertation angenommen, hat aber der Kandidat die schriftliche Prüfung nicht bestanden, so bleiben von der eingezahlten Summe Fr. 200 verfallen, der Rest [p. 390] wird zurückbezahlt. Hat jedoch der Kandidat nach Annahme der Dissertation und Absolvirung der schriftlichen Prüfung das mündliche Examen nicht bestanden, so bleibt die ganze Summe verfallen. Dagegen ist eine eventuelle Wiederholung der Prüfung in diesem Falle unentgeltlich.

§ 23. Von der Summe der Promotionsgebühren erhalten nach erfolgter Promotion:

die Kantonalbibliothek 35 Fr.
der Rektor 30 "
der Universitätssekretär 15 "
der Pedell 15 "
die Sektionskasse 15 "
der Dekan 20 "
jeder Begutachter der Dissertation 20 "
der Experte für die schriftliche Prüfung 10 "
jeder Examinator für die mündliche Prüfung
pro Fach 5 "

Der Rest wird zu gleichen Teilen auf die bei der entscheidenden Sitzung anwesenden Mitglieder verteilt.

§ 24. Der Doktorand hat die Druckkosten seiner Abhandlung und des Diploms zu bestreiten und es können auf seinen Wunsch ausser den vorgeschriebenen 25 Exemplaren eine beliebige Anzahl von Abzügen des letztem auf seine Kosten angefertigt werden.

Die Diplomkosten sind bei Empfang des Diploms der Kanzlei zu entrichten.

II. Promotion ohne vorangegangene Bewerbung.

(Ehrenpromotion.)

§ 25. Der Sektion steht die Befugnis zu (§ 1, Ziff. 2), für anerkannte Verdienste um die Wissenschaft die Doktorwürde ehrenhalber ohne vorangegangene Bewerbung unentgeltlich zu erteilen.

§ 26. Der Antrag zu einer solchen Ehrenpromotion muss von einem Mitgliede der Sektion schriftlich bei dem Dekane gestellt und begründet werden.

§ 27. Der Dekan setzt die Mitglieder der Sektion von dem Antrage in Kenntnis und ladet dieselben zu einer Sitzung ein, [p. 391] in welcher darüber entschieden werden soll. Für diese Sitzung ist die Anwesenheit von mindestens ¾ der Sektionsmitglieder erforderlich. Die Entscheidung über den Antrag findet durch geheime Abstimmung statt. Erklärt sich hiebei mehr als eine Stimme gegen die Promotion, so wird diese nicht vollzogen.

§ 28. Über die Abfassung des Diploms entscheidet die Sektion und die Bekanntmachung erfolgt im Amtsblatt. Die Kosten des Diploms trägt die Staatskasse.

§ 29. Durch gegenwärtige Promotionsordnung wird diejenige vom 5. November 1892 aufgehoben.

Zürich, den 31. Mai 1899.

Namens des Erziehungsrates,

Der Direktor des Erziehungswesens:

Locher.

Der Sekretär:

Dr. A. Huber.

Der Regierungsrat erteilt vorstehender Promotionsordnung die Genehmigung.

Zürich, den 10. Juni 1899.

Im Namen des Regierungsrates,

Der Präsident:

Dr. J. Stössel.

Der Staatsschreiber:

Stüssi.