Signatur | StAZH OS 30 (S. 389-391) |
Titel | Verordnung über die Beanspruchung der Kautionen von Vermittlern im Verkehr mit Wertpapieren. |
Datum | 30.12.1916 |
P. | 389-391 |
[p. 389]
In Vollziehung von § 7, Absatz 2, des Gesetzes betreffend den gewerbsmäßigen Verkehr mit Wertpapieren vom 22. Dezember 1912
verordnet der Regierungsrat:
§ 1. Auf die gemäß §§ 6, 7, 17, 20 und 24 des Gesetzes bei der Finanzdirektion hinterlegten Kautionen kann in erster Linie Anspruch erheben, wer auf Grund des genannten Gesetzes und der darin vorgesehenen Statuten, Usanzen und Reglemente Geschäfte mit einem konzessionierten Vermittler abgeschlossen hat und nicht pünktlich befriedigt worden ist. Aus Geschäften, die auf einen längern Termin als 1 ½ Monate abgeschlossen worden sind, kann kein Anspruch auf die Kaution hergeleitet werden.
In zweiter Linie haften die Kautionen für allfällige Bußen.
§ 2. Fällige Ansprüche sind innert Monatsfrist beim Börsenkommissariat geltend zu machen. Findet innert dieser Frist eine Bekanntmachung gemäß § 5 statt, so läuft die Frist erst an dem in der Bekanntmachung angegebenen Termin ab.
§ 3. Der Anmeldung eines Anspruches sind ein Buchauszug, sowie die Schlußnote, auf welche sich der Anspruch stützt, und allfällige weitere Akten beizulegen. Sind die Belege unvollständig, so setzt das Börsenkommissariat dem Ansprecher eine Frist von acht Tagen zur Aktenvervollständigung an, unter der Androhung des Verlustes des Anspruchs auf die Kaution.
§ 4. Wird ein Anspruch vom Börsenkommissariat in Verbindung mit dem Börsenvorstand als begründet erachtet, so setzt das Börsenkommissariat dem Schuldner eine Frist von höchstens drei Tagen zur Ordnung der Angelegenheit. Läuft die [p. 390] Frist unbenützt ab, so erfolgt Anzeige an die Volkswirtschaftsdirektion, welche dem Konzessionär die weitere Ausübung der Konzession sofort untersagt.
§ 5. Die Volkswirtschaftsdirektion erläßt hierauf eine Bekanntmachung im schweizerischen Handelsamtsblatt und im zürcherischen Amtsblatt (Inseratenteil), durch welche alle nach § 1 anspruchsberechtigten Gläubiger unter der Androhung des Verlustes ihrer Ansprüche aufgefordert werden, diese schriftlich innert Monatsfrist mit Belegen dem Börsenkommissariat anzumelden.
Die Bekanntmachung bezieht sich ausschließlich auf die bei der Finanzdirektion hinterlegte Kaution. Die Anmeldungen gelten nicht als Konkurseingaben.
§ 6. Nach Prüfung der Eingaben durch das Börsenkommissariat und den Börsenvorstand stellt das erstere innert 14 Tagen einen Kollokations- und Verteilungsplan auf, der den Beteiligten mit eingeschriebenem Brief zugestellt wird.
§ 7. Alle rechtzeitig angemeldeten und vom Börsenkommissariat in Verbindung mit dem Börsenvorstand als begründet erachteten Ansprüche stehen im gleichen Rang.
§ 8. Einsprachen gegen den Kollokations-und Verteilungsplan sind innert acht Tagen, von dessen Zustellung an gerechnet, dem Börsenkommissariat einzureichen.
§ 9. Die Einsprachen werden durch das Schiedsgericht des Effektenbörsenvereins beurteilt.
Dabei haben diejenigen Mitglieder des Schiedsgerichtes in Ausstand zu treten, welche selber Ansprüche auf die Kaution angemeldet haben.
§ 10. Die Kosten des schiedsgerichtlichen Verfahrens trägt die unterliegende Partei. Unterliegt das Börsenkommissariat, so sind die Kosten aus der Kaution zu bestreiten.
§ 11. Vor der Verteilung der Kaution sind alle Kosten des Verfahrens zu decken.
§ 12. Verzichtet ein Konzessionär auf die Konzession oder erlöscht diese infolge Todes oder Wegzuges des Inhabers [p. 391] oder aus andern Gründen, so erläßt die Volkswirtschaftsdirektion die in § 5 vorgeschriebene Bekanntmachung. Werden hierauf Ansprüche auf die Kaution erhoben, so richtet sich das Verfahren nach den Vorschriften der §§ 5 bis 11. Werden keine Ansprüche erhoben, so wird die Kaution dem ehemaligen Konzessionär oder seinen Rechtsnachfolgern nach Abzug der Publikationskosten und allfälliger weiterer Spesen ausgehändigt.
§ 13. Diese Verordnung tritt auf 1. Januar 1917 in Kraft.
Durch dieselbe wird das Reglement betreffend die Inanspruchnahme der von den Börsenagenten und Börsensensalen bei der Finanzdirektion des Kantons Zürich hinterlegten Realkautionen vom 4. Dezember 1896 aufgehoben.
Zürich, den 30. Dezember 1916.
Im Namen des Regierungsrates,
Der Präsident:
Dr. H. Mousson.
Der Staatsschreiber:
Paul Keller.