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Staatsarchiv des Kantons Zürich

Zentrale Serien seit 1803 online: Gesetzessammlung

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SignaturStAZH OS 35 (S. 384-389)
TitelGesetz über die Billetsteuer.
Datum16.12.1934
P.384-389

[p. 384]

§ 1. Für Veranstaltungen, die der Unterhaltung, der Belehrung oder dem Vergnügen dienen und für deren Besuch in irgend einer Form ein Entgelt geleistet wird, ist außer den Gebühren für die polizeiliche Bewilligung eine Billetsteuer zu entrichten.Steuerobjekt.

Als solche Veranstaltungen gelten insbesondere:

a) Theater-, Variété- und kinematographische Vorstellungen, Rezitationen, Vorträge, Konzerte und andere musikalische Darbietungen;

b) Zirkusvorstellungen und Schaustellungen;

c) Tanzanlässe, Masken- und Kostümfeste; Basare;

d) Spiele, sportliche Veranstaltungen, Wettkämpfe, Rennen;

e) Ausstellungen.

§ 2. Veranstaltungen des Bundes, des Kantons und der Gemeinden, sowie ihrer Einrichtungen, wie Kirche, Schule, Anstalten, sind von der Billetsteuer befreit.Steuerbefreiung.

Die Gemeinde kann gelegentliche ausschließlich gemeinnützige, wohltätige, religiöse, künstlerische oder wissenschaftliche Veranstaltungen, sowie Veranstaltungen, die der beruflichen und staatsbürgerlichen Fortbildung dienen, von der Steuerpflicht befreien, sofern der Reinertrag nur für diese Zwecke verwendet wird.

§ 3. Werden für steuerpflichtige Veranstaltungen Eintrittskarten ausgegeben, so wird die Steuer vom Besucher als Zuschlag zum Eintrittsgeld bezogen. [p. 385] Steuersubjekt.

Werden keine Eintrittskarten ausgegeben, sondern wird das Entgelt durch Sammlung bei den Besuchern, oder durch Aufstellung von Sammelbüchsen, oder durch Erhöhung der üblichen Verkaufspreise auf Getränken oder Speisen oder in irgend einer Art erhoben, so bezahlt der Unternehmer der Veranstaltung einen Pauschalbetrag als Steuer.

Für unentgeltlichen Besuch wird eine Steuer nicht erhoben.

§ 4. Die Billetsteuer beträgt 10 % des Eintrittsgeldes, wobei Bruchteile von weniger als fünf Rappen Steuer auf fünf Rappen auf gerundet werden. Von Abonnements-, Dauer-, Familienkarten und dergleichen wird die Steuer bei der Ausgabe nach dem gleichen Ansatz auf Grund des bezahlten Preises erhoben.Steueransatz.

Als Eintrittsgeld gilt die gesamte, für den Besuch der Veranstaltung in irgend einer Form zu leistende Vergütung.

Obligatorische Nebengebühren für Vorverkauf, Programme und Garderobe neben dem Preis für die Eintrittskarte sind frei, wenn sie den Betrag von je 50 Rp. nicht übersteigen. Andernfalls werden sie zum Eintrittspreis hinzugerechnet.

Die Pauschalsteuer beträgt für die einmalige Veranstaltung mindestens Fr. 5.–, bei mehrmaligen, unmittelbar aufeinander folgenden Wiederholungen der Veranstaltung für jede Vorstellung mindestens Fr. 3.–. Sie wird in Anlehnung an die in Absatz 1 genannten Ansätze nach der Größe der der Veranstaltung dienenden Räume und dem mutmaßlichen Besuch festgesetzt. Sie darf 10 vom Hundert der täglichen Bruttoeinnahmen nicht übersteigen.

Für die Veranstaltungen mit mechanischen Musik- und Sprechinstrumenten kann eine jährliche Pauschalsteuer erhoben werden; sie beträgt Fr. 2.– bis Fr. 500.–.

Der Bezug der Billetsteuer schließt die gleichzeitige Erhebung einer Pauschalsteuer nicht aus.

§ 5. Der Unternehmer der Veranstaltung ist verpflichtet, die Steuer mit dem Verkauf der Eintrittskarten zu er- [p. 386] heben. Er hat den Steuerbetrag bei Vermeidung von 5 % Verzugszins innerhalb der in der Vollziehungsverordnung festzusetzenden Frist abzuliefern.Steuererhebung.

Die Pauschalsteuer ist bei der Anmeldung der steuerpflichtigen Veranstaltung zu entrichten. Unterbleibt die Veranstaltung, so wird die Steuer zurückbezahlt.

Besteht Gefahr, daß die Steuer nicht bezahlt wird, so kann der Veranstalter für jede Veranstaltung zur Kautionsleistung in der Höhe des mutmaßlichen Steuerertrages verhalten werden. Werden Steuer oder Kaution nicht zum voraus geleistet, so kann die Veranstaltung polizeilich verboten werden.

Die Steuer verjährt in zwei Jahren, gerechnet vom Zeitpunkt der Abhaltung der steuerpflichtigen Veranstaltung an. Die Bestimmungen des schweizerischen Obligationenrechtes über die Unterbrechung der Verjährung finden Anwendung.

§ 6. Der Unternehmer ist verpflichtet, Veranstaltungen in der Regel 48 Stunden vor ihrem Beginn der Polizeibehörde derjenigen Gemeinde, in welcher sie stattfinden anzuzeigen.Verfahren. a) Anmeldung.

§ 7. Der Unternehmer hat der Steuerbehörde auf Verlangen die Bücher und sonstigen Unterlagen über die Einnahmen aus der Veranstaltung zur Einsicht vorzulegen, sowie den mit der Aufsicht betrauten und mit Ausweis versehenen Beamten jederzeit Auskunft zu geben und unentgeltlich Zutritt zu den für die Veranstaltungen benutzten Räumen zu gewähren.b) Ausweise.

§ 8. Über die Steuerpflicht, den Steueransatz, die Vorauszahlung, die Kautionsleistung und die Nachsteuer entscheidet die Polizeibehörde der Gemeinde. Ihre Verfügungen sind gebührenfrei; wünscht der Unternehmer jedoch eine schriftliche Begründung, so werden die üblichen Gebühren bezogen.Steuerveranlagung und Steuerbezug. a) Festsetzung der Steuer.

Entscheidungen über die Befreiung von Veranstaltungen von der Steuerpflicht (§ 2) sind mit Begründung spätestens am Tage nach der Ausfällung der kantonalen Finanzdirektion mitzuteilen. [p. 387]

§ 9. Die Steuerveranlagung (Ausgabe, Abstempelung etc. der Eintrittskarten), die Erhebung der Nachsteuer, die Kontrolle der steuerpflichtigen Veranstaltungen, einschließlich Abgabe von Kontrollzeichen, die Abrechnung mit dem Unternehmer und die Ablieferung des Steuerertrages an die Finanzdirektion werden von den zuständigen Gemeindeorganen besorgt. Die Kosten des Bezuges gehen zu Lasten der Gemeinde.b) Kontrolle.

§ 10. Gegen die Entscheidungen der Gemeinde über die Steuerpflicht, die Steuerveranlagung und die Nachsteuer steht der kantonalen Finanzdirektion und dem Unternehmer binnen zehn Tagen, von der Zustellung des Entscheides an gerechnet, der Rekurs an eine der bestehenden, vom Regierungsrate zu bezeichnenden Steuer-Rekurskommissionen zu.Rechtsmittel.

Der Entscheid der Steuer-Rekurskommission kann innerhalb zehn Tagen, von der Zustellung an gerechnet, an die Ober-Rekurskommission weitergezogen werden.

Die Finanzdirektion kann vor der Einreichung des Rekurses die in § 5 dieses Gesetzes vorgesehenen sichernden Maßnahmen veranlassen.

§ 11. Die Steuerveranlagung und der Steuerbezug sind kostenfrei.Kosten.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind, falls der Unternehmer der Veranstaltung obsiegt, vom Staate, im andern Falle aber ganz oder teilweise vom Unternehmer zu tragen.

Hat der Unternehmer durch sein Verhalten die zu hohe Veranlagung selbst verschuldet so trägt er auch im Falle des Obsiegens sämtliche Kosten des Rekursverfahrens.

§ 12. Die Gebühren werden nach den für Rekurse in Staatssteuersachen geltenden Ansätzen berechnet.

§ 13. Die Polizeidirektion ist erstinstanzliche, der Regierungsrat zweitinstanzliche Aufsichtsbehörde.Aufsicht.

§ 14. Vom Ertrag der Steuer, einschließlich der Nachsteuern, fallen 25 % an die Bezugsgemeinde; die übrigen 75 % fallen der Staatskasse zu. [p. 388] Verwendung- des Steuerertrages.

§ 15. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes und der Ausführungsvorschriften werden mit Polizeibuße bis zu Fr. 500.– geahndet; im Rückfall kann, die Buße bis auf Fr. 1000.– erhöht werden.Zuwiderhandlung.

Die Ausfällung der Buße befreit nicht von der Bezahlung der umgangenen Steuer.

§ 16. Hinterzieht der Unternehmer die Steuer ganz oder teilweise, so hat er neben einer allfälligen Polizeibuße eine Nachsteuer bis zum fünffachen Betrag der nicht abgelieferten Steuer zu bezahlen.Steuerhinterziehung.

Kann der Betrag der umgangenen Steuer nicht festgestellt werden, so werden der Berechnung der Nachsteuer ein voller Besuch der Veranstaltung und die höchsten, für ähnliche Veranstaltungen geltenden Eintrittspreise zugrunde gelegt.

Die Nachsteuer verjährt in einem Jahre vom Zeitpunkt der Entdeckung, in allen Fällen aber in zwei Jahren von der Begehung der Hinterziehung an gerechnet.

§ 17. Der Regierungsrat erläßt eine Vollziehungsverordnung.Vollziehungsverordnung.

§ 18. Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1935 in Kraft. Vor diesem Zeitpunkt ausgegebene Eintrittskarten (Abonnemente usw.) fallen unter dessen Bestimmungen, soweit sie für Veranstaltungen nach dem 1. Januar 1935 Gültigkeit besitzen.Inkrafttreten.

Der Kantonsrat,

nach Einsichtnahme des Berichtes seines Bureaus über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 16. Dezember 1934,

wonach sich ergibt:

Zahl der Stimmberechtigten 192432
Eingegangene Stimmzettel 145512
Annehmende sind 92555
Verwerfende sind 48838
Ungültige Stimmen 169
Leere Stimmen [p. 389] 3950

beschließt:

Die Referendumsvorlage «Gesetz über die Billetsteuer» wird als vom Volke angenommen erklärt.

Zürich, den 24. Dezember 1934.

Im Namen des Kantonsrates,

Der Präsident: Der Sekretär:
Kägi. Dr. W. Roth.