Signatur | StAZH OS 37 (S. 805-813) |
Titel | Gesetz über die Einführung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (BG) und die Abänderung des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer. |
Datum | 28.09.1947 |
P. | 805-813 |
[p. 805]
A. Alters- und Hinterlassenenversicherung.
I. Die kantonale Ausgleichskasse.
§ 1.
Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich für die Alters- und Hinterlassenenversicherung ist eine selbständige öffentliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit. [p. 806] Selbständige öffentliche Anstalt.
§ 2.
Die Ausgleichskasse besteht aus einem Hauptsitz in Zürich und Zweigstellen in den Gemeinden. Mit Zustimmung des Regierungsrates können zwei oder mehrere Gemeinden eine gemeinsame Zweigstelle unterhalten.Hauptsitz und Zweigstellen
Für die im Dienste des Kantons stehenden Beamten, Angestellten und Arbeiter kann der Regierungsrat eine besondere Personalzweigstelle errichten. Die Errichtung weiterer Personalzweigstellen für das Personal großer Gemeinden bleibt vorbehalten.
§ 3.
Die Organe der Ausgleichskasse sind:Die Organe.
a) der Aufsichtsrat;
b) der Vorsteher;
c) die Zweigstellen;
d) die Revisionsstelle.
§ 4.
Der Aufsichtsrat besteht aus sieben Mitgliedern, wovon fünf durch den Kantonsrat und zwei durch den Regierungsrat jeweils auf die Dauer von vier Jahren gewählt werden.Der Aufsichtsrat.
Der Aufsichtsrat ist das oberste Organ und für die Führung der Ausgleichskasse verantwortlich. Er erläßt das Reglement für die Ausgleichskasse, wählt die Revisionsstelle, den Vorsteher sowie die übrigen Beamten und Angestellten der Kasse. Der Aufsichtsrat kann diese Wahlbefugnis für untere Angestellte an den Vorsteher delegieren. Er setzt die Ansätze für die Verwaltungskostenbeiträge fest. Er schließt mit den Gemeinden Verträge gemäß §§ 7 und 8 ab.
Der Aufsichtsrat unterbreitet seinen Geschäftsbericht an den Bundesrat dem Regierungsrat für sich und zuhanden des Kantonsrates zur Kenntnisnahme; er beauftragt außerdem die Revisionsstelle, ihren Revisionsbericht dem Regierungsrat zuzustellen. [p. 807]
§ 5.
Die Ausgleichskasse erhebt von den ihr angeschlossenen Arbeitgebern, Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit sowie ihrer Beanspruchung der Kasse abgestufte Verwaltungskostenbeiträge, die so zu bemessen sind, daß sie zusammen mit den Verwaltungskostenzuschüssen gemäß Art. 69, Absatz 2, BG auf die Dauer zur Deckung der Kosten des Kassenhauptsitzes sowie der Vergütungen gemäß §§ 6 und 7 ausreichen.Die Verwaltungskosten.
Der Kanton ist nicht verpflichtet, allfällige Verwaltungskostendefizite zu decken; er haftet unter Vorbehalt von Art. 70 BG auch nicht für die Verbindlichkeiten der Ausgleichskasse.
§ 6.
Die Gemeinden errichten Gemeindezweigstellen. Ihre Aufgaben und Befugnisse werden durch Beschluß des Aufsichtsrates festgesetzt. Solche Beschlüsse unterliegen der Genehmigung des Regierungsrates.Die Gemeindezweigstellen.
An die Kosten der Errichtung und Führung von Gemeindezweigstellen richtet die Ausgleichskasse den Gemeinden Vergütungen aus. Diese bestehen aus einem verhältnismäßigen Anteil an den Verwaltungskostenbeiträgen, die von den gemäß Art. 69 BG beitragspflichtigen Arbeitgebern, Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen der Gemeinden aufgebracht werden. Der Aufsichtsrat setzt den verhältnismäßigen Anteil sowie die Vergütung an jede Gemeinde fest. Diese Beschlüsse unterliegen der Genehmigung des Regierungsrates.
§ 7.
Durch Vertrag zwischen der Ausgleichskasse und den Gemeinden können einzelnen Gemeindezweigstellen Aufgaben übertragen werden, welche über den Bereich der den Gemeindezweigstellen gemäß § 6 zugewiesenen allgemeinen Funktionen hinausgehen. Hiefür werden den Gemeinden aus [p. 808] den Verwaltungskosten-Einnahmen der Ausgleichskasse besondere Vergütungen ausgerichtet.Besondere Verhältnisse bei Gemeindezweigstellen.
Die Ausgleichskasse kann auf Grund eines Vertrages mit der Stadt Zürich gegen Vergütung der Kosten Aufgaben übernehmen, die gemäß § 6 von der Gemeindezweigstelle zu erfüllen sind.
Solche Verträge unterliegen der Genehmigung des Regierungsrates.
§ 8.
Die Aufgaben und Befugnisse der Personalzweigstelle des Staates werden durch Vertrag zwischen der kantonalen Ausgleichskasse und dem Regierungsrat festgesetzt.Personalzweigstellen.
Die Aufgaben und Befugnisse von Personalzweigstellen großer Gemeinden werden durch Vertrag zwischen der kantonalen Ausgleichskasse und den beteiligten Gemeinden festgesetzt.
§ 9.
Wird der Kanton vom Bunde für Schäden im Sinne von Art. 70 BG haftbar gemacht, so steht ihm das Rückgriffsrecht zu und zwarRückgriffsrecht des Kantons.
a) für Schäden, die von Kassenorganen oder einzelnen Funktionären verschuldet wurden, gegen diese Organe oder Funktionäre;
b) für Schäden, die von Gemeindefunktionären, welche mit der Führung von Zweigstellen betraut sind, verschuldet wurden, oder die auf die Ernennung ungeeigneter Funktionäre, oder auf eine von der Gemeinde im Rahmen ihrer Zuständigkeit getroffene mangelhafte Organisation der Zweigstelle zurückzuführen sind, gegen die in Frage stehende Gemeinde. Der in Anspruch genommenen Gemeinde steht das Rückgriffsrecht gegen die Gemeindefunktionäre zu, die den Schaden verschuldet haben.
Zur Deckung allfälliger Rückgriffsforderungen nach Absatz 1 hat das beim Kassenhauptsitz beschäftigte Personal auf seine Kosten genügende Sicherheit zu leisten. [p. 809]
II. Verschiedene Bestimmungen.
§ 10.
Der Gemeinderat der Wohnsitzgemeinde des Versicherten bezeichnet die Behörde, welche vor Erlaß der Versicherungsbeiträge gemäß Art. 11, Abs. 2, BG anzuhören ist.Beitragserlaß.
Die infolge Erlasses ausfallenden Versicherungsbeiträge sind durch die Wohnsitzgemeinde des Versicherten aufzubringen.
§ 11.
Die zur erstinstanzlichen Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen der Ausgleichskassen zuständige kantonale Rekurskommission besteht aus fünf Mitgliedern und den nötigen Ersatzmitgliedern.Rekurskommission.
Die Kommissionsmitglieder sowie die Ersatzmitglieder werden vom Kantonsrat jeweils für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt. Frauen sind wählbar.
Der Regierungsrat regelt das Rekursverfahren durch eine Verordnung, die vom Kantonsrat zu genehmigen ist.
§ 12.
Der Regierungsrat erläßt die erforderlichen Bestimmungen über die Mitwirkung von Organen des Staates und der Gemeinden beim Vollzug des Bundesgesetzes.Mitwirkung des Staates und der Gemeinden.
III. Finanzierung.
§ 13.
Der Beitrag des Kantons Zürich an die Alters- und Hinterlassenenversicherung gemäß Art. 103 ff. BG wird vom Staate getragen.Grundsatz.
§ 14.
Der Kanton verwendet zur teilweisen Deckung seines Beitrages an die Alters- und Hinterlassenenversicherung: [p. 810] Kantonale Kostendeckung.
a) die nach § 8, Absatz 1, des Gesetzes über Jagd und Vogelschutz vom 12. Mai 1929 dem kantonalen Fonds für die Altersversicherung zufallenden Jagdpachterträgnisse;
b) den gemäß § 36, Absatz 3, des Gesetzes über die Zürcher Kantonalbank vom 6. Juni 1926 dem kantonalen Fonds für die Altersversicherung zufließenden Überschuß aus dem kantonalen gemeinnützigen Hilfsfonds;
c) die Zinsen des kantonalen Fonds für die Altersversicherung;
d) seinen Anteil an der kantonalen Billettsteuer.
Daneben ist der Kantonsrat berechtigt, in Krisenzeiten auf Antrag des Regierungsrates jährlich bis eine Million Franken vom Vermögen des kantonalen Fonds für die Altersversicherung zur Kostendeckung zu verwenden.
B. Abänderung des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer.
§ 15.
Das Gesetz über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 26. April 1936 wird in folgender Weise abgeändert:Aenderungen.
§ 9. Für die Steuerberechnung (Steuersatz, steuerfreie Beträge) ist der gesamte Anfall oder die gesamte Zuwendung maßgebend, die der Steuerpflichtige erhält, auch wenn ein Teil derselben im Kanton nicht steuerpflichtig ist.
Bei mehrmaligen Zuwendungen an eine Person durch den nämlichen Erblasser oder Schenkgeber wird für die Berechnung der Steuer auf den Gesamtbetrag der Zuwendungen abgestellt. Steuerfreie Beträge werden auf die erste oder die ersten Zuwendungen angerechnet. Periodische Unterstützungen und Beiträge an Erziehungskosten fallen außer Betracht.
(Absatz 3 unverändert.) [p. 811]
§ 10. Die einfache Steuer beträgt: |
für die | ||||||
ersten | steuerpflichtigen | Fr. | 10000.– | 2 | vom | Hundert |
folgenden | " | " | 20000.– | 3 | " | " |
" | " | " | 30000.– | 4 | " | " |
" | " | " | 60000.– | 5 | " | " |
" | " | " | 160000– | 6 | " | " |
" | " | " | 220000.– | 7 | " | " |
Für steuerpflichtige Beträge über Fr. 500000.– beträgt die einfache Steuer sechs vom Hundert des Gesamtbetrages.
§ 11. Von der nach § 10 berechneten Steuer schulden:
a) | Kinder, Enkel und Urenkel | den einfachen | Betrag, |
b) | Eltern und Großeltern | den doppelten | Betrag, |
c) | Geschwister | den dreifachen | Betrag, |
d) | Adoptivkinder und Adoptivenkel | den vierfachen | Betrag, |
e) | Onkel, Tante, Nachkommen von Geschwistern, Adoptiveltern, Stiefeltern und Stiefkinder | den fünffachen | Betrag, |
f) | übrige erbberechtigte Personen und Nichtverwandte | den sechsfachen | Betrag. |
§ 12. Für Vermögensanfälle und Zuwendungen an Kantone und Gemeinden und an außerhalb des Kantons befindliche Personenverbindungen, Stiftungen und Anstalten im Sinne des § 7, lit. b und d, für die keine Gegenrechtsvereinbarungen bestehen, wird eine Steuer von 12 Prozent berechnet.
§ 29, Absatz 2, wird aufgehoben.
§ 16.
Diese neuen Vorschriften finden Anwendung auf die nach dem 31. Dezember 1947 eintretenden Erbanfälle und die nach diesem Zeitpunkt vollzogenen Schenkungen. [p. 812] Wirksamkeit.
§ 17.
Der in § 9, Abs. 2, vorgesehenen Zusammenrechnung wiederholter Zuwendungen unterliegen alle seit dem 6. Mai 1936 vollzogenen Zuwendungen.Zusammenrechnen wiederholter Zuwendungen.
C. Schlußbestimmungen.
§ 18.
Das Gesetz betreffend die direkten Steuern vom 25. November 1917 mit den seitherigen Abänderungen wird wie folgt ergänzt:Anpassung des Steuergesetzes.
§ 9. Von diesem Einkommen dürfen die Steuerpflichtigen abrechnen:
(Ziffern 1–5 unverändert.)
Ziffer 6: die gesetzlichen Beiträge an die eidgenössische Alters- und Hinterlassenenversicherung;
(Ziffer 7: bisherige Ziffer 6.)
§ 19.
Abschnitt A, Ziffern I und II, dieses Gesetzes sowie die Erlasse im Sinne der Art. 61 und 85 BG unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.Inkrafttreten.
Dieses Gesetz tritt nach Annahme durch die Stimmberechtigten und nach Genehmigung des Abschnittes A, Ziffern I und II, durch den Bundesrat am 1. Januar 1948 in Kraft. Die Bestimmungen organisatorischer Natur treten am Tage nach der amtlichen Veröffentlichung des kantonsrätlichen Erwahrungsbeschlusses in Kraft.
Der Kantonsrat,
nach Einsichtnahme des Berichtes seines Büros über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 28. September 1947, [p. 813]
wonach sich ergibt:
Zahl der Stimmberechtigten | 228277 |
Eingegangene Stimmzettel | 129368 |
Annehmende sind | 73739 |
Verwerfende sind | 46103 |
Ungültige Stimmen | 121 |
Leere Stimmen | 9405 |
beschließt:
Die Referendumsvorlage «Gesetz über die Einführung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (BG) und die Abänderung des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer» wird als vom Volke angenommen erklärt.
Zürich, den 6. Oktober 1947.
Im Namen des Kantonsrates,
Der Präsident: | Der Sekretär: |
P. Wieser. | E. Gugerli. |
Abschnitt A, Ziffern I und II, vom Bundesrat am 3. November 1947 genehmigt.