Signatur | StAZH OS 40 (S. 936-954) |
Titel | Abänderung der Verordnung über das Volksschulwesen vom 31. März 1900 |
Datum | 16.02.1960-19.07.1960 |
P. | 936-954 |
[p. 936]
Auf Antrag der Erziehungsdirektion und des Erziehungsrates
beschließt der Regierungsrat:
I. Die nachstehende vom Erziehungsrat am 16. Februar 1960 und 19. Juli 1960 beschlossene Abänderung der Verordnung über das Volksschulwesen vom 31. März 1900 wird genehmigt.
Erster Abschnitt
Organisatorische Bestimmungen
a) Primarschule
§ 1. Die Primarschule umfaßt sechs Klassen.
Neben diesen Normalklassen führen die Primarschulgemeinden für sich oder in Verbindung mit andern Gemeinden die erforderlichen Sonderklassen für körperlich oder geistig gebrechliche, schwererziehbare, sittlich gefährdete oder sonstwie einer besonderen Förderung bedürftige Kinder.
§ 2. Muß zur Bildung einer Unterrichtsabteilung einem Lehrer mehr als eine Klasse zugewiesen werden, sind Abweichungen von der natürlichen Reihenfolge der Klassen möglichst zu vermeiden.
Wo möglich sollen die Schüler während drei aufeinanderfolgenden Jahren vom gleichen Lehrer unterrichtet werden. Insbesondere ist beim Übertritt von der 5. zur 6. Klasse ein Lehrerwechsel zu vermeiden.
§ 3. Die Klassenbestände sollen in der Regel in der 1. bis 3. Klasse 36 Schüler, in der 4. bis .6. Klasse 32 Schüler und in den Sonderklassen 18 Schüler nicht übersteigen.
Werden diese Bestände voraussichtlich dauernd überschritten, so hat eine Teilung der Abteilung zu erfolgen. [p. 937]
§ 4. Mit Ausnahme des Handarbeitsunterrichtes für Mädchen, der Arbeitslehrerinnen übertragen ist, erteilt der Klassenlehrer in seiner Abteilung den gesamten Unterricht.
Ein Abtausch von Stunden an andere Lehrer darf nur in Turnen, Singen sowie in fakultativen Fächern, die Übertragung des Unterrichtes an Fachlehrer in Turnen und fakultativen Fächern erfolgen, in andern Fächern nur, wenn es die Notwendigkeit einer Entlastung des Lehrers zwingend erfordert.
§ 5. Außer in Mädchenhandarbeit, in fakultativen Fächern und wenn möglich im Turnen der 4. bis 6. Klasse werden Knaben und Mädchen gemeinsam unterrichtet.
Zum Ausgleich der Stunden der Mädchen in Handarbeit ist den Knaben in angemessenem Umfang Unterricht in andern Fächern zu erteilen. In Mehrklassenabteilungen kann der Stundenausgleich zugunsten eines vermehrten getrennten Unterrichtes der einzelnen Klassen eingeschränkt werden.
§ 6. Die Unterrichtsverpflichtung des Lehrers beträgt wöchentlich mindestens 30 und höchstens 36 Stunden. Sie kann an 4. bis 6. Klassen auf 28 Stunden herabgesetzt werden.
Bei Unterricht an Sonderklassen kann der Erziehungsrat eine Herabsetzung der Pflichtstundenzahl bewilligen.
§ 7. Auf Beginn des Schuljahres, in welchem der Lehrer das 56. Altersjahr vollendet, soll eine Entlastung um zwei Stunden, auf Beginn des Schuljahres, in welchem er das 61. Altersjahr vollendet, eine solche um weitere zwei Stunden eintreten, sofern es die Organisation des Unterrichtes erlaubt, wenn nötig unter angemessener Mehrbelastung jüngerer Lehrer.
Durch diese Entlastung darf eine Unterrichtsverpflichtung von 26 Stunden wöchentlich nicht unterschritten werden. Eine frühere oder weitergehende Entlastung richtet sich nach den Bestimmungen über die Beurlaubung bei Krankheit, Unfall oder aus andern Gründen.
Lehrer, die durch Nebenbeschäftigungen erheblich in Anspruch genommen sind, haben keinen Anspruch auf Entlastung. [p. 938]
In besonderen Fällen kann die Schulpflege Ausnahmen bewilligen.
§ 8. Die Unterrichtsverpflichtung der Arbeitslehrerinnen und der Haushaltungslehrerinnen soll 24 Stunden wöchentlich nicht übersteigen.
Ausnahmen sind im Einzelfalle zulässig, wenn damit Unzukömmlichkeiten in der Organisation des Unterrichtes vermieden werden können.
b) Oberstufe
§ 9. Die Sekundarschule und die Realschule umfassen drei, die Oberschule zwei Klassen.
Neben diesen Normalklassen führen die Oberstufenschulgemeinden für sich oder in Verbindung mit andern Gemeinden die erforderlichen Sonderklassen für körperlich oder geistig gebrechliche, schwererziehbare, sittlich gefährdete oder sonstwie einer besonderen Förderung bedürftige Kinder.
§ 10. Die Klassenbestände sollen in der Regel an der Sekundarschule und an der Realschule 26 Schüler, an der Oberschule 20 Schüler und in Sonderklassen 18 Schüler nicht übersteigen.
Werden diese Bestände voraussichtlich dauernd überschritten, so hat eine Teilung der Abteilung zu erfolgen.
§ 11. An der Sekundarschule wird in der Regel der Unterricht in den sprachlich-historischen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern durch zwei nach diesen Richtungen ausgebildete Lehrer erteilt, unter gutscheinender Aufteilung der übrigen Fächer auf die beiden Lehrer. An der Realschule und an der Oberschule erteilt der Klassenlehrer mit den nachgenannten Ausnahmen den gesamten Unterricht.
Der Handarbeitsunterricht für Mädchen wird durch Arbeitslehrerinnen, der Haushaltungsunterricht durch Haushaltungslehrerinnen erteilt. Der Unterricht in Biblischer Geschichte und Sittenlehre wird in der Regel durch einen Pfarrer [p. 939] der zürcherischen Landeskirche, ausnahmsweise durch einen Lehrer erteilt.
Darüber hinaus ist ein Abtausch von Stunden mit anderen Lehrern oder die Übertragung des Unterrichtes an Fachlehrer nur in Turnen, Singen und Zeichnen sowie in fakultativen Fächern zulässig, in andern Fächern nur, wenn es die Organisation des Unterrichtes oder die Notwendigkeit der Entlastung von Lehrern zwingend erfordert.
§ 12. Der Unterricht wird für Knaben und Mädchen gemeinsam erteilt, soweit nicht die Natur der Fächer oder die verschiedene Unterrichtsstundenzahl für Knaben und Mädchen in einzelnen Fächern eine Trennung zur zweckmäßigen Organisation des Unterrichtes erfordert.
§ 13. Die Unterrichtsverpflichtung der Lehrer der Oberstufe beträgt an der Sekundarschule mindestens 28 Stunden, an der Realschule und an der Oberschule mindestens 30 Stunden wöchentlich. Sie kann in der 3. Klasse der Sekundarschule auf 26 Stunden, in der 3. Klasse der Realschule auf 28 Stunden herabgesetzt werden.
Für die Sonderklassen kann der Erziehungsrat eine Herabsetzung der Pflichtstundenzahl bewilligen.
Die Unterrichtsverpflichtung der Arbeitslehrerinnen und der Haushaltungslehrerinnen sowie die Entlastung der Lehrer richtet sich nach den für die Primarschule geltenden Bestimmungen. Durch die Entlastung der Lehrer darf eine wöchentliche Unterrichtsverpflichtung von 24 Stunden an der Sekundarschule und 26 Stunden an der Real- und Oberschule nicht unterschritten werden.
c) Gemeinsame Bestimmungen
§ 14. Das Schuljahr beginnt im April.
Die Schulpflege setzt unter Anzeige an die Bezirksschulpflege den Schuljahresbeginn und die Schulferien fest.
§ 15. Die Schulferien betragen jährlich zwölf Wochen. [p. 940]
Zur Durchführung von Wintersportferien sind die Schulpflegen berechtigt, die jährliche Feriendauer auf dreizehn Wochen auszudehnen.
Schuleinstellungen wegen militärischer Einquartierungen, landwirtschaftlicher Arbeiten (Heu- und Ernteferien), größerer Umbauten und Renovationen der Schulhäuser oder aus andern wichtigen Gründen sind auf die Gesamtferiendauer anzurechnen, wobei diese auf dreizehn Wochen ausgedehnt werden darf.
§ 16. Zur Teilnahme an Ferienkolonien, deren vollständige Durchführung innerhalb der Schulferien unmöglich ist, kann die Schulpflege Schüler bis höchstens eine Woche pro Schuljahr vom Unterricht dispensieren.
§ 17. Wo es die örtlichen Verhältnisse (Schülerzahl, Lage einzelner Gemeindeteile u. dgl.) zur zweckmäßigen Organisation des Unterrichtes erfordern, können die Schulgemeinden mit Bewilligung der Erziehungsdirektion die Zuteilung von Schülern zu den Normalklassen der Primarschule und der Oberstufe sowie zu Sonderklassen einer andern Gemeinde beschließen. Erforderlichenfalls kann eine solche Schülerzuteilung durch den Regierungsrat angeordnet werden.
§ 18. Die einer andern Schulgemeinde zugeteilten Schüler unterstehen bezüglich der Schulpflicht und deren Dauer dem Recht der Schulgemeinde ihres Wohnortes. Im übrigen treten sie unter die Zuständigkeit der Schulpflege des Schulortes, insbesondere mit Bezug auf die Handhabung des Absenzenwesens und die Disziplin in der Schule und auf dem Schulweg, die Beförderung, die Versetzung in Sonderklassen oder die Entlassung aus der Volksschule. Indessen ist vor der Zuteilung zu einer Sonderklasse oder vor der Entlassung aus der Volksschule die Schulpflege des Wohnortes anzuhören.
§ 19. Die Schulpflege des Schulortes beurteilt unter Benachrichtigung der Pflege des Wohnortes Übertretungen von Kindern gemäß Art. 36 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Strafgesetzbuch. Die Pflege des Wohnortes ist zur Rechtshilfe bei der Prüfung der Verhältnisse verpflichtet. [p. 941]
Sind wegen Vernachlässigung oder Verletzung der elterlichen Pflichten Maßnahmen gegen die Eltern eines Schülers notwendig, so hat die Schulpflege des Wohnortes auf Anzeige der Pflege des Schulortes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
§ 20. Die einer andern Schulgemeinde zugeteilten Schüler sollen in Unterricht und Schülerfürsorge den Schülern des Schulortes gleichgestellt und zur Mitbenützung besonderer Einrichtungen (schulärztlicher und schulzahnärztlicher Dienst. Ferienkolonien, Tagesheime, Schul- oder Freizeitbibliotheken, Freizeitwerkstätten u. dgl.) gegen angemessene Entschädigung durch die Schulgemeinde des Wohnortes berechtigt sein.
§ 21. Die Schulpflege des Wohnortes ist in angemessenem Umfang zu Besuchen in den durch eine andere Gemeinde geführten gemeinsamen Klassen berechtigt. Durch den Zuteilungsvertrag sollen hierüber nähere Bestimmungen aufgestellt werden.
Werden jedoch für die Aufsicht und Verwaltung gemeinsamer Abteilungen besondere Organe mit Entscheidungsbefugnissen vorgesehen oder soll den zuteilenden Gemeinden ein Mitspracherecht bei Beschlüssen der Pflege oder bei der Wahl der Pflege und der Lehrer eingeräumt werden, so unterstehen solche Vereinbarungen den Vorschriften des Gemeindegesetzes über den Zweckverband.
§ 22. Soweit sich bei Bestehen eines Zweckverbandes aus dem Vertrag nichts anderes ergibt, finden die vorstehenden Vorschriften über die Befugnisse der Behörden und die Rechtsstellung der Schüler entsprechende Anwendung.
§ 23. Der Erziehungsrat erläßt die näheren Bestimmungen über
den Stundenplan,
die Organisation des Unterrichtes in Mehrklassenabteilungen der Primarschule und der Oberstufe sowie über den Zusammenzug von Schulen und Klassen der Oberstufe,
die Voraussetzungen für die Erteilung von Fachunterricht. [p. 942]
Er erläßt ferner unter dem Vorbehalt der gesetzlichen Bestimmungen über die Ausrichtung von Staatsbeiträgen an Sachausgaben und die Beteiligung des Staates an den Lehrerbesoldungen die näheren Vorschriften über
den fakultativen Unterricht,
die Bildung von Sonderklassen, deren Unterricht sowie
die Ausbildung der Lehrkräfte,
die Förderung der Kindergärten und die Ausbildung der Kindergärtnerinnen.
Er entscheidet unter dem gleichen Vorbehalt über die Bewilligung zusätzlicher Jahres- oder Halbjahreskurse der Oberstufe und die Errichtung von Versuchsklassen.
Zweiter Abschnitt
Schulhausanlagen
a) Erstellung und Einrichtung
§ 24. Schulhausbauten sind in einfacher, solider, dem Orts- und Landschaftsbild angepaßter Bauart auszuführen.
Die Bauplätze sind unter Berücksichtigung der Orts- und Regionalplanung sowie hygienischer Gesichtspunkte auf gutem Baugrund zu wählen.
Die Unterrichtsräume sollen so gestaltet sein, daß eine Ablenkung durch äußere Einflüsse vermieden wird. Die Klassenzimmer einschließlich Mädchenhandarbeitszimmer sollen wenn möglich die Hauptbelichtung von Südosten erhalten, die Arbeitsplätze der Schüler in der Regel von links belichtet sein.
§ 25. Untergeschoß- und Souterrainräume dürfen nur für einzelne besondere Unterrichtszwecke eingerichtet und dauernd benützt werden, wenn eine einwandfreie natürliche Belichtung und Belüftung sowie genügende Heizung und Bodenisolierung gewährleistet sind. Ihre Verwendung als reguläre Klassen-, Mädchenhandarbeits- oder Kindergartenzimmer ist untersagt.
Die Erziehungsdirektion kann befristete Ausnahmen bewilligen. [p. 943]
§ 26. Die Erziehungsdirektion und die Baudirektion erlassen gemeinsam Richtlinien über die Abmessung der Schullokalitäten und Außenanlagen sowie über deren Ausstattung.
§ 27. Der Neubau von Schulhausbauten und Außenanlagen bedarf der Genehmigung des Regierungsrates.
§ 28. Vor der Ausarbeitung der Projektpläne für den Neubau von Schulanlagen hat die Schulpflege der Erziehungsdirektion zuhanden des Regierungsrates ein Raumprogramm mit Projektskizze (in der Regel Maßstab 1:500), Situationsplan und Kostenschätzung einzureichen.
Der Regierungsrat entscheidet über den Umfang des Bauvorhabens. Sind mehrere Gemeinden beteiligt und können sie sich nicht einigen, bestimmt der Regierungsrat den Standort.
§ 29. Die Projekte sind unter Beachtung von § 24 dieser Verordnung, der Richtlinien gemäß § 26 und im Sinne des genehmigten Raumprogrammes auszuarbeiten (in der Regel Maßstab 1:100) und nach erfolgter Krediterteilung durch die Schulgemeinde mit Situationsplan und detailliertem Kostenvoranschlag der Erziehungsdirektion zuhanden des Regierungsrates einzureichen. Projekten mit Außenanlagen ist ein Umgebungsplan mit den Geräteanlagen, Turn- und Pausenplatz u. dgl. (Maßstab 1:000 oder 1:200) beizugeben.
Der Regierungsrat entscheidet über die Genehmigung des Projektes und sichert zugleich den Staatsbeitrag nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Leistungen des Staates und der Gemeinden an das Volksschulwesen zu.
§ 30. Der Genehmigung des Regierungsrates bedürfen auch Hauptreparaturen, Renovationen, Um- oder Anbauten an Schulgebäuden sowie die Erweiterung, Um- oder Neugestaltung von Außenanlagen in größerem Umfang; kleinere Bauvorhaben und Provisorien unterliegen der Genehmigung der Erziehungsdirektion.
Die Projekte sind gemäß § 29 auszuarbeiten und rechtzeitig vor Baubeginn einzureichen.
§ 31. Nachträgliche wesentliche Änderungen von Projekten gemäß §§ 29 und 30 unterliegen ebenfalls der Genehmi- [p. 944] gung des Regierungsrates. Über Änderungen von geringer Bedeutung entscheidet die Erziehungsdirektion.
§ 32. Vor der Genehmigung von Projekten und Projektänderungen darf nicht mit der Ausführung begonnen werden. Vorbehalten bleiben außerdem allfällige Vorschriften des Bundes oder des Kantons über eine Baulenkung.
§ 33. Ist für die Neuerrichtung oder Erweiterung von Schulbauten und Außenanlagen das erforderliche und geeignete Bauland nicht oder nicht zu einem annehmbaren Preis erhältlich, ist das Enteignungsverfahren gemäß den gesetzlichen Bestimmungen über die Enteignung einzuleiten.
b) Benützung und Unterhalt
§ 34. Die Schulpflege ist für den zweckdienlichen laufenden Unterhalt und die Reinigung der Schullokalitäten sowie der Außenanlagen verantwortlich.
Die Unterrichtsräume und ihre Zugänge sind mit dem darin befindlichen Mobiliar wöchentlich mindestens zweimal, die Turnhallen sowie die Abtritte täglich gründlich zu reinigen.
Alljährlich mindestens zweimal, und zwar im Frühjahr und Herbst, sind die genannten Räume einer umfassenden Reinigung zu unterziehen.
§ 35. In den Pausen und außerhalb des Unterrichtes ist für genügende natürliche Lüftung der Unterrichtsräume zu sorgen.
In den Pausen haben die Schüler das Zimmer zu verlassen und sich bei nicht allzu ungünstiger Witterung im Freien aufzuhalten.
Das Rauchen ist während des Schulbetriebes in den Unterrichtszimmern, Turnhallen und Korridoren untersagt und soll in der übrigen Zeit und in den übrigen Räumen tunlichst vermieden werden.
§ 36. Während der Unterrichtszeit dürfen die Schullokalitäten und Außenanlagen nicht zu schulfremden Zwecken verwendet werden. [p. 945]
Vorbehalten bleiben die gesetzlichen Bestimmungen über die Überlassung freier Schulräume für den Religionsunterricht konfessioneller Minderheiten und über die Beanspruchung von Einrichtungen der Gemeinden zu militärischen Zwecken.
§ 37. Außerhalb der Unterrichtszeit darf die Benützung von Schulhäusern, Turnhallen und Außenanlagen zu schulfremden Zwecken nur bewilligt werden, wenn Gewähr dafür besteht, daß der Schulbetrieb und die Vorbereitungsarbeiten des Lehrers in keiner Weise beeinträchtigt werden, die Anlagen nicht Schaden leiden und für die rechtzeitige Reinigung und Lüftung der Räumlichkeiten gesorgt wird. Wirtschaftsbetrieb ist nur ausnahmsweise in Einzelfällen in Nebenräumen und Turnhallen unter der Bedingung des Vorhandenseins genügender sanitärer Einrichtungen zulässig.
Über solche Bewilligungen entscheidet die Schulpflege nach Anhören der Lehrerschaft, bei Schulanlagen im Eigentum der politischen Gemeinde, vorbehältlich abweichender vertraglicher Bestimmungen der Gemeinden, der Gemeinderat nach Anhören der Schulpflege.
Für die Benützung von Schullokalitäten durch die politische Gemeinde ist § 17 des Gemeindegesetzes maßgebend.
Dritter Abschnitt
Schulpflicht und Schulgesundheitspflege
a) Schulpflicht
§ 38. Die für die Einwohnerkontrolle zuständigen Behörden der politischen Gemeinde geben der Schulpflege jährlich rechtzeitig vor Beginn des Schuljahres die neu in die Schulpflicht eintretenden Kinder unter Angabe der Personalien der Kinder und unter Angabe des Inhabers der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt, gegebenenfalls einer mit der Überwachung der Erziehung des Kindes beauftragten vormundschaftlichen Hilfsperson bekannt. [p. 946]
Sie geben ferner der Schulpflege von jedem Zuzug und Wegzug schulpflichtiger Kinder unter Angabe des Herkunftsortes oder neuen Wohnortes unverzüglich Kenntnis.
§ 39. Der Inhaber der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt hat den Eintritt eines schulpflichtigen Kindes in eine andere öffentliche Schule als diejenige des Aufenthaltsortes des Kindes, in eine Privatschule, in ein Heim oder in eine Anstalt sowie die Erteilung von Privatunterricht unverzüglich der Schulpflege des Aufenthaltsortes zu melden. Ebenso hat er dieser den Austritt aus einer solchen Schule sofort zu melden.
Die gleiche Meldepflicht besteht für die Leitung der betreffenden Schule.
§ 40. Gesuche um vorzeitige Aufnahme in die Volksschule oder um Rückstellung sind unter Beilage eines ärztlichen Zeugnisses, das sich über die Schulfähigkeit ausspricht, der Schulpflege bis zu einem von ihr bekanntgemachten Termin einzureichen.
Die Schulpflege entscheidet auf Antrag des Schularztes über vorzeitige Aufnahmen. Bei Gesuchen um Rückstellung kann sie einen Bericht des Schularztes einholen.
§ 41. Die Schulpflicht dauert acht Jahre. Sie kann durch Beschluß der Oberstufenschulgemeinde auf neun Jahre ausgedehnt werden. In Zweckverbänden bleibt diese Befugnis den einzelnen Verbandsgemeinden vorbehalten.
Für die Dauer der Schulpflicht der Kinder ist der Ort ihres tatsächlichen Aufenthaltes bei Eltern, Pflegeeltern, in Heimen oder Anstalten maßgebend. Über Ausnahmen entscheidet die Erziehungsdirektion.
Vorbehalten bleiben interkantonale Vereinbarungen über die Durchführung der Schulpflicht.
§ 42. Der Inhaber der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt sowie Dritte, denen ein Kind dauernd oder vorübergehend zur Pflege und Erziehung anvertraut ist (Pflegefamilien, Verwandte, Leiter von Heimen und Anstalten), sind für die Erfüllung der Schulpflicht verantwortlich. [p. 947]
Übertretungen werden nach den Vorschriften über das Absenzenwesen geahndet.
b) Schulgesundheitspflege
§ 43. Die Gemeindeschulpflegen haben die Kinder bei Beginn des ersten Schuljahres durch einen Arzt untersuchen zu lassen.
Bei dieser Untersuchung kommen insbesondere in Betracht allfällige Seh- und Hörfehler oder überhaupt Gebrechen, die einem ersprießlichen Unterricht hinderlich sind und welche die Schulpflegen zu bestimmten Maßnahmen oder zu geeigneten Ratschlägen an die Eltern führen könnten.
Kindern, die bei der ärztlichen Untersuchung als kurzsichtig, schwerhörig oder kränklich befunden werden, ohne deshalb zurückgestellt oder besondern Klassen zugeteilt zu werden, soll betreffend Plazierung und Behandlung im Unterricht besondere Rücksicht getragen werden.
§ 44. Der Regierungsrat kann überdies von Zeit zu Zeit amtsärztliche Untersuchungen über den Gesundheitszustand sämtlicher Kinder im schulpflichtigen Alter sowie über die gesundheitlichen Verhältnisse der öffentlichen wie der privaten Unterrichtsanstalten anordnen.
Wo besondere Verhältnisse es wünschbar und im Interesse der Schulgesundheitspflege notwendig erscheinen lassen, können derartige, regelmäßig wiederkehrende Untersuchungen auch durch die Gemeindeschulpflegen angeordnet werden.
§ 45. Die Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten richtet sich nach der Gesundheitsgesetzgebung. Zuständig für solche Maßregeln sind die örtlichen Gesundheitsbehörden. Es ist indessen Pflicht der Lehrer und Schulbehörden, die Gesundheitsbehörden in ihrer Tätigkeit zu unterstützen und sie zum Einschreiten zu veranlassen, insbesondere wenn wirkliche Fälle oder Anzeichen von Kinderepidemien oder von anstek- [p. 948] kenden Krankheiten in Familien mit schulpflichtigen Kindern, in der Familie des Lehrers oder seines Kostgebers oder von Personen, die die Lehrerwohnung oder Abwartswohnung im Schulhause benützen, zu ihrer Kenntnis gelangen.
§ 46. Die Lehrer sind verpflichtet, auf körperliche Reinlichkeit und den Gesundheitszustand der ihnen anvertrauten Kinder zu achten und bei wahrgenommenen Schäden den Eltern beziehungsweise den Besorgern Mitteilung zu machen. Bleiben solche Mitteilungen ohne Erfolg, so ist Anzeige an die Schulpflege zu machen, die nun ihrerseits auf Anordnung geeigneter Maßnahmen zu dringen hat.
§ 47. Ebenso hat die Schulpflege geeignete Abhilfe zu treffen, wenn es sich ergibt, daß ein Schüler einen seiner Entwicklung schädlichen Mangel an Nahrung leidet oder wegen ungenügender Kleidung an seiner Gesundheit Schaden zu nehmen droht.
§ 48. Soweit möglich und soweit die örtlichen Verhältnisse und Bedürfnisse dies wünschbar erscheinen lassen, haben die Schulpflegen für die körperliche Ausbildung der Schüler auch außerhalb der Schule geeignete Vorsorge zu treffen, z. B. durch Einrichtung von Spielen im Freien, durch Spaziergänge, Schwimmunterricht und dergleichen.
§ 49. Hausaufgaben dürfen in den ersten drei Schuljahren nur in bescheidenem Umfang, in den folgenden Klassen in jedem Fall nur unter Vermeidung einer Überlastung erteilt werden.
Vom Vormittag auf den Nachmittag und vom Vortag eines Sonn- oder allgemeinen Feiertages auf den nächsten Schultag dürfen keine Hausaufgaben erteilt werden.
Die Schulpflegen haben insbesondere in denjenigen Fällen, in welchen in derselben Klasse mehrere Lehrer unterrichten, darauf zu achten, daß keine Überlastung der Schüler mit Hausaufgaben eintritt. [p. 949]
§ 50. Aus Gesundheitsrücksichten können Schulkinder von einzelnen Schulfächern auf ärztliches Zeugnis hin dispensiert werden; solche Kinder dürfen indessen keinen Privatunterricht genießen, der mit dem Schulunterricht nicht in näherer Verbindung steht.
§ 51. Körperlich schwache oder noch nicht schulreife Kinder, die nicht bereits um ein Jahr zurückgestellt worden sind, kann die Schulpflege nach Anhören des Schularztes, des Klassenlehrers und der Eltern auf Beginn des nächsten Schuljahres zurückstellen.
Bildungsfähige, jedoch körperlich oder geistig gebrechliche sowie schwererziehbare oder sittlich gefährdete Kinder, die dem Unterricht nicht zu folgen vermögen oder ihn wesentlich behindern, sind auf Grund eines schulärztlichen Zeugnisses besondern Klassen zuzuweisen oder, wenn auch ein Unterricht in Sonderklassen nicht in Frage kommt, aus der Volksschule zu entlassen und einer Sonderschulung zuzuführen.
Im Beschluß der Schulpflege betreffend die Zuteilung zu einer Sonderklasse oder die Entlassung aus der Volksschule ist der Inhaber der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt ausdrücklich auf die Möglichkeit des Rekurses an die Bezirksschulpflege hinzuweisen.
§ 52. Wird ein einer Sonderschulung bedürftiges Kind aus der Volksschule entlassen, so hat der Inhaber der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt für eine der Bildungsfähigkeit entsprechende Erziehung und Schulung in einer Sonderschule, Anstalt oder durch Privatunterricht zu sorgen.
Die Schulpflege vergewissert sich über die Zweckmäßigkeit der von Eltern oder Vormund getroffenen Maßnahmen. Sie steht ihnen nötigenfalls in Verbindung mit den Jugendfürsorgebehörden beratend und vermittelnd bei. Soweit es nach den Verhältnissen angezeigt erscheint, beauftragt sie die Jugendfürsorgebehörden mit der Überwachung.
§ 53. Erfordern die Verhältnisse vormundschaftliche Maßnahmen, insbesondere wenn Eltern trotz Mahnung ihrer Er- [p. 950] ziehungs- und Ausbildungspflicht nicht in angemessener Weise nachkommen, so benachrichtigt die Schulpflege unverzüglich die Vormundschaftsbehörde, die die weiteren Anordnungen trifft.
In dringenden Fällen trifft die Schulpflege die erforderlichen vorsorglichen Maßnahmen, unter Anzeige an die Vormundschaftsbehörde. Sie ist zum sofortigen Ausschluß eines Schülers vom Unterricht berechtigt.
§ 54 wird aufgehoben.
§ 55 Abs. 2 wird aufgehoben.
§ 57. Für den Klassenunterricht, den Unterricht der Mädchen in Handarbeit und Haushaltungskunde sowie für den fakultativen Unterricht werden gesonderte Absenzenverzeichnisse geführt.
§ 64. Gegen die in § 42 genannten Personen wendet die Schulpflege für strafbare Absenzen der Kinder folgende Strafmittel an:
…
4. Falls das Bußenmaximum erschöpft ist, Androhung der Überweisung an den Strafrichter zur Bestrafung wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen (Art. 292 StGB).
§ 66 Abs. 5. Mit der dritten Polizeibuße erläßt die Schulpflege eine Verfügung, in welcher für den Fall weiterer unentschuldigter Absenzen die Überweisung an den Strafrichter zur Bestrafung wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen (Art. 292 StGB) angedroht wird.
§ 66 Abs. 7 wird aufgehoben.
§ 75. Nichterhältliche Polizeibußen werden nach den Vorschriften des Gesetzes betreffend den Strafprozeß in Haft umgewandelt.
§ 80 Abs. 1. Der Lehrer ist verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft in den Dienst seines Lehramtes zu stellen. [p. 951]
§ 86 Ziff. 2 lit. c wird aufgehoben.
§ 88. Die nächste Aufsicht über das Volksschulwesen führen gemäß §§ 29 und 37 bis 41 des Unterrichtsgesetzes die Gemeindeschulpflegen.
§ 89. Die Mitglieder der Gemeindeschulpflegen besuchen nach einer jeweilen bei Beginn des Schuljahres von ihnen selbst zu bestimmenden Kehrordnung die Schulen der Gemeinde im Sinne der Wegleitung von § 40 des Unterrichtsgesetzes.
§ 91. Jedes Mitglied einer Schulpflege hat jede der ihm zur Visitation zugeteilten Schulen oder Schulabteilungen außer den Examensbesuchen jährlich mindestens zweimal zu besuchen.
Die Besuche sollen zu verschiedenen Zeiten des Jahres stattfinden.
§ 96 Abs. 2. Der Visitator richtet allfällige Mahnungen direkt an die Lehrer; in wichtigen Fällen macht er Anzeige an die Bezirksschulpflege.
§ 103 wird aufgehoben.
§ 111. Für die Erstellung des tabellarischen Jahresberichtes werden den Gemeindeschulpflegen Formulare abgegeben.
Für die Berichterstattung ist der Stand der Schulen am 1. November maßgeblich.
Die Gemeindeschulpflege hat den Bericht im Doppel spätestens bis 10. November der Bezirksschulpflege einzureichen, welche ihn prüft und in einfacher Ausfertigung an die Erziehungsdirektion weiterleitet.
§ 112. Die Gemeindeschulpflege hat der Bezirksschulpflege jährlich spätestens bis 31. Mai einen Tätigkeitsbericht einzureichen.
Die Bezirksschulpflege nimmt die Verabschiedung der Berichte bis 15. Juni vor und erstattet der Erziehungsdirektion bis
30. Juni Bericht über die Tätigkeit der Bezirksschulpflege, den [p. 952] Stand der Schulen und des Unterrichtes des Bezirkes sowie über allfällig getroffene Anordnungen zur Förderung des Unterrichtes.
§ 113 wird aufgehoben.
§ 114 wird aufgehoben.
§ 115 wird aufgehoben.
§ 117 Abs. 1. Der Handarbeitsunterricht für Mädchen erstreckt sich auf die 4. bis 6. Primarklasse und die 1. bis 3. Klasse der Oberstufe. Er kann durch Beschluß der Schulpflege auf die 3. Primarklasse ausgedehnt werden.
§ 118. Die Schulpflege übergibt zu Anfang jedes Schuljahres der Arbeitslehrerin ein Verzeichnis der arbeitsschulpflichtigen Mädchen und gibt ihr jeweilen Kenntnis von den während des Jahres neu einziehenden arbeitsschulpflichtigen Mädchen.
§ 129. Die Zahl der Teilnehmerinnen eines Kurses richtet sich nach dem Bedarf an Arbeitslehrerinnen.
§ 143. In jedem Bezirk wählt die Bezirksschulpflege auf eine mit ihrer eigenen Amtsperiode zusammenfallende Amtsdauer Bezirksinspektorinnen, welche die Aufsicht über das Arbeitsschulwesen des Bezirkes führen und zu diesem Zweck die sämtlichen Arbeitsschulen nach einer von ihnen selbst getroffenen Einteilung jährlich mindestens zweimal besuchen und soweit möglich auch den Jahresprüfungen beiwohnen.
§ 144 Abs. 1. Bei diesen Schulbesuchen haben die Bezirksinspektorinnen vor allem zu achten auf den fleißigen Schulbesuch der Kinder und die Handhabung der Absenzenordnung (§§ 55 bis 79), auf eine methodisch fortschreitende Betätigung der Schülerinnen gemäß den Vorschriften des Lehr- und Lektionsplans, auf die Pflichterfüllung der Lehrerin, auf das Vorhandensein der im Lehrplan vorgesehenen allgemeinen und individuellen Lehrmittel und des Arbeitsstoffes, auf den regel- [p. 953] mäßigen Besuch der Schule durch die Mitglieder der lokalen Frauenkommission, auf einen den Anforderungen dieser Verordnung entsprechenden Zustand der Unterrichtslokalitäten und des Mobiliars.
§ 149. Die Besoldung der kantonalen Inspektorin wird durch den Regierungsrat nach Maßgabe der Verordnung über die Amtsstellung und Besoldung der Beamten und Angestellten der Verwaltung und der Rechtspflege festgesetzt.
§ 150 Abs. 1. Zur Errichtung aller Arten von Privatinstituten oder Privatschulen (inbegriffen die von Vereinen oder Privaten gestifteten Anstalten für verwahrloste Kinder, Kindergärten und dergleichen) bedarf es einer besonderen Bewilligung des Erziehungsrates.
§ 152 Abs. 1. Alle von Korporationen, Vereinen und Privaten errichteten Schulanstalten, welche auf der Stufe der Volksschule stehen, sowie die Kindergärten sind der Aufsicht der Gemeinde- und Bezirksschulpflegen unterstellt und bezüglich Beaufsichtigung und Berichterstattung in gleicher Weise zu behandeln wie die Volksschulen.
II. Die Abänderung der Verordnung tritt nach der Genehmigung der §§ 3, 10 und 15 durch den Kantonsrat auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes vom 24. Mai 1959 über die Abänderung des Gesetzes über die Volksschule vom 11. Juni 1899 in Kraft.
III. Veröffentlichung im Amtsblatt und in der Gesetzessammlung.
Zürich, den 3. März/8. September 1960.
Im Namen des Regierungsrates,
Der Präsident: | Der Staatsschreiber i. V.: |
Dr. J. Heusse r. | Dr. O. Moesch. [p. 954] |
Die §§ 3, 10 und 15 der vorstehenden Abänderung der Verordnung über das Volksschulwesen werden genehmigt.
Zürich, den 29. August 1960.
Im Namen des Kantonsrates,
Der Präsident: | Der Sekretär: |
Dr. E. Richner. | W. Ciocarelli. |
Die vorstehende Abänderung der Verordnung über das Volksschulwesen wird auf 1. Oktober 1960 in Kraft gesetzt.
Zürich, den 15. September 1960.
Im Namen des Regierungsrates,
Der Präsident: | Der Staatsschreiber: |
Dr. P. Meierhans. | Dr. R. Isler. |