Signatur | StAZH OS 7 (S. 391-394) |
Titel | Verordnung betreffend das Verfahren der Friedensrichterämter und untern Gerichte bei Vollziehung der §§. 1–6 des unterm 23. Brachmonat 1846 erlassenen Gesetzes betreffend Abänderung der §§. 41, 44 und 58 des Gesetzes über das Gerichtswesen, vom 6. März 1847. |
Datum | 06.03.1847 |
P. | 391-394 |
[p. 391]
Das Obergericht des Standes Zürich
hat,
aufmerksam geworden auf die Uebelstände, welche sich durch ungleichartiges und nicht immer zweckmäßiges Verfahren der Friedensrichterämter und untern Gerichte bei Vollziehung der §§. 1–6 des unterm 23. Brachmonat 1846 erlassenen Gesetzes betreffend Abänderung der §§. 41, 44 und 58 des Gesetzes über das Gerichtswesen, theils herausgestellt haben, theils noch herausstellen können, und in der Absicht, Gleichförmigkeit und möglichste Einfachheit in der Behandlung der einschlagenden Fälle zu bewirken,
beschlossen: [p. 392]
§. 1. Bei jeder Klage, welche nicht unmittelbar oder mittelbar auf eine bestimmte Summe Geldes gerichtet ist, hat der Friedensrichter sowohl den Kläger als den Beklagten zu der Erklärung anzuhalten, ob sie dem Streitgegenstände einen Werth von mehr als 160 Frk. oder einen geringern beilegen. Diese Erklärungen des Klägers und des Beklagten nimmt der Friedensrichter, wenn kein Vergleich zu Stande kommt, sowohl in sein Protokoll als in die Weisung auf.
§. 2. Wenn eine Partei oder ihr Bevollmächtigter, insoweit dieß gesetzlich gestattet ist, nicht persönlich vor dem Friedensrichter erscheint, sondern sich schriftlich an ihn wendet, in ihrer Eingabe aber die Bezeichnung des Werthes des Streitgegenstandes beizufügen unterläßt, so hat der Friedensrichter den Betreffenden, wenn er im Zunftkreise wohnt, durch den Weibel, sonst aber durch das. zuständige Gemeindammannamt zu unverzüglicher mündlicher oder schriftlicher Abgabe der Erklärung aufzufordern.
§. 3. Verweigert eine Partei die Erklärung oder verzögert sie dieselbe, so gibt das Friedensrichteramt hievon sofort dem Bezirksgerichte Behufs einer von dieser Behörde unter angemessener Androhung zu erlassenden Fristansetzung Kenntniß.
§. 4. Werthen beide Parteien den Streitgegenstand über 160 Frk., so richtet der Friedensrichter die Weisung an das Bezirksgericht; geben beide Parteien den Werth bloß auf 160 Frk. oder darunter an, so richtet er sie an das Zunftgericht.
§. 5. Schätzt die eine Partei den Streitgegen- [p. 393] stand zu mehr als 160 Frk., während die andere Partei einen geringern Betrag angibt, so bemerkt der Friedensrichter sowohl in dem Protokolle als in der Weisung, wie hoch er selbst (ob über 160 Frk. oder weniger) nach seiner besten Ueberzeugung den Werth anschlage, und stellt dann die Weisung dieser seiner eigenen Ansicht gemäß an das zuständige Gericht aus.
§. 6. Der Präsident desjenigen Gerichtes, an welches in dem Falle des §. 5 die Weisung gelangt, hat sodann, ehe er die Sache zur Verhandlung vertagt, unter Vormerk im Gerichtsprotokolle derjenigen Partei, gegen deren Ansicht die Schätzung des Friedensrichters ausgefallen ist, davon Kenntniß zu geben und ihr zu eröffnen, daß, wenn sie nicht binnen der ihr zugleich mit dieser Eröffnung anzusetzenden Frist sich durch Attestat des Präsidiums des Bezirksgerichtes über stattgefundene Erreichung des Rekurses ausweisen, beziehungsweise den Rekurs bei ihm, dem Bezirksgerichtspräsidenten, selbst einreichen werde, angenommen würde, daß sie sich bei der Schätzung des Friedensrichters beruhige.
§. 7. Wenn ein Rekurs bei dem Bezirksgerichte eingeht und es nicht hinreichenden Grund zu haben glaubt, ihn sofort zu verwerfen, so theilt es die Rekursschrift der Gegenpartei unter Fristansetzung und angemessener Androhung zur Beantwortung mit und zieht zugleich einen kurzen Bericht des Friedensrichteramtes ein.
§. 8. Von seinem Rekursalbescheide gibt das Bezirksgericht beiden Theilen Kenntniß und setzt ihnen [p. 394] Frist zu Beibringung eines Ausweises über allfällig ergriffenen weitern Rekurs an das Obergericht.
§. 9. Nach fruchtlosem Ablaufe dieser Frist, beziehungsweise nach Eingang des obergerichtlichen Bescheides gibt das Bezirksgericht dem Zunftgerichte, insoweit dieß zu seinem Verhalte nöthig ist, Kenntniß.
§. 10. Wenn das Bezirksgericht gemäß §. 6 des Gesetzes sich von Amts wegen für inkompetent erklärt, so hat es, ehe es die Akten dem Zunftgerichte zusendet, zu gewärtigen, ob gegen seinen Beschluß von den Parteien oder einer derselben rekurrirt werden werde, und zu diesem Behufe Frist mit angemessener Androhung anzusetzen.
§. 11. Gegenwärtige Verordnung soll durch das Amtsblatt bekannt gemacht, jedem Bezirksgerichte für sich und für die ihm untergeordneten Zunftgerichte und Friedensrichterämter in der erforderlichen Anzahl von Exemplaren zur Nachachtung mitgetheilt, auch jedem Anwalte ein solches zugestellt und dem nächsten, von dem Obergerichte dem Großen Rathe zu erstattenden Rechenschaftsberichte mit dem Gesuche um Aufnahme in die offizielle Sammlung der Gesetze und Verordnungen beigefügt werden.