Signatur | StAZH OS AF 3 (S. 32-54) |
Titel | Gesetz, betreffend eine Wechselordnung, den schnellen Rechtstrieb, und die gerichtliche Behandlung Kaufmännischer Streitigkeiten. |
Datum | 16.05.1805 |
P. | 32-54 |
[p. 32]
Der Grosse Rath hat sich überzeugt, daß es, bey den Commerzial-Verhältnissen unsers Kantons mit Eydgenößischen und auswärtigen Staaten, zu Befestigung des Credits unsers Handeltreibenden Publikums, erforderlich sey, unsre Civilgesetzgebung, mit einer angemessenen Wechselordnung, und zweckmäßigen Bestimmungen über den schnellen Rechtstrieb, zu vervollständigen, und verordnet zu diesem Ende hin:
A.
Wechselordnung.
I.
Von den Wechselbriefen überhaupt.
§. 1.
Gesetzliche Form der Wechselbriefe.
Ein in gehöriger Form ausgestellter Wechsel-Brief muß enthalten:
a. Das Datum nebst dem Ort, an welchem er ausgestellt worden. [p. 33]
b. Die Zeit, wenn er zu bezahlen ist.
c. Den Namen derjenigen Person, an welche oder auf deren Ordre die Zahlung geschehen soll.
d. Die Summe und Geldsorten, welche bezahlt werden sollen, und zwar werden diese gewöhnlich oben mit Ziffern, und im Kontext mit ausgeschriebenen Worten gleichlautend bemerkt;
e. Die Valuta, ob solche in Rechnung bestehe, oder ob sie baar, oder auch von wem dieselbe empfangen worden;
f. Das Wort Wechselbrief, und allenfalls auch fola oder prima, fecunda u. s. w.
g. Die Unterschrift des Ausstellers, und endlich
h. Den Namen desjenigen, welcher den Wechselbrief bezahlen soll, nebst dem Ort, wo derselbe wohnt, oder wo die Zahlung zu leisten ist.
§. 2.
Unterschrift und Indoßierung der Wechselbörse.
Alle und jede Wechselbriefe sollen von dem Aussteller sowohl als von dem Indossenten eigenhändig, oder durch anerkannte Bevollmächtigte unterzeichnet werden. Ein solcher Bevollmäch- [p. 34] tigter unterzeichnet im Namen seines Prinzipalen per procuram mit Beysetzung seines Namens.
§. 3.
Prima, Secunda, Tertia, und Copien von Wechselbriefen.
Auf Verlangen ist der Trassent schuldig, dem Abnehmer seiner Wechslen, Prima, Secunda und Tertia zu geben, so wie die Indossenten Copien, die ebenfalls eigenhändig oder per procuram unterzeichnet werden müssen. Vermittelst Vorweisung derselben, wenn sie gehörig giriert sind, kann man die Prima, falls solche zur Acceptation gesandt worden, abfordern. Eine Secunda, Tertia, u. s. f. kann, wenn die Prima nicht acceptiert ist, acquittiert und eingelöst werden, und hat gleiche Kraft, als wenn die Prima honoriert wäre.
§. 4.
Sola Wechsel-Billets an Ordre, Anweisungen.
Von Sola-Wechslen, Billets an Ordre, Aßignationen u. s. f. können keine. Sekunden, wohl aber Copien gegeben werden, deren Wirkung keine andere seyn kann, als das Original, (wenn solches Sicherheits wegen auf einen Platz directe gesandt worden) bey dem darauf bezeich- [p. 35] neten Haufe zu beziehen. Indessen soll ein Käuffer, wenn es nicht beym Schluß eigens bedungen worden, nicht gehalten seyn, dergleichen Billets, Anweisungen, oder Sola-Wechsel anzunehmen, sondern der Verkäuffer verpflichtet seyn, ihm Wechselbriefe in Form zu liefern.
II.
Von der Acceptation der Wechselbriefe.
§. 5.
Gesetzliche Form der Acceptation.
Die Acceptation eines Wechsels soll eigenhändig von dem Bezogenen, oder in seinem Namen durch anerkannte Bevollmächtigte, und ohne Bedingung oder Vorbehalt geschehen. Ist der Wechsel auf mehrere Tage oder Monate Sicht gestellt, so wird das Datum beygesetzt, um dadurch die Verfallzeit zu bestimmen. Mündliche, oder durch Billets gegebene Acceptationen haben keine rechtliche Gültigkeit.
§. 6.
Rechtliche Wirkung derselben.
Die Acceptation verpflichtet bey Wechslen an Ordre zur Zahlung ohne die mindeste Einwendung. Bey Wechselbriefen aber, welche bestimmen, an wen zu bezahlen sey, ohne beyzufügen an Ordre, findet Abrechnung für verfallene Gegenforderungen, die man an denjenigen haben [p. 36] könnte, welcher den Betrag zu empfangen hat, falls dieser in der Zwischenzeit insolvent würde, statt. Wer einen Wechselbrief zwey oder mehrere Mahl, nemlich auf prima, secunda u. s. f aus Versehen acceptiert oder bezahlt, oder den einen acceptiert und den andern bezahlt, der kann dafür sich nur allein an denjenigen halten, welcher von dem Wechsel doppelten Gebrauch gemacht hat.
§. 7.
Verweigerte Acceptation.
Die Acceptation kann für 3. Monat-Briefe, so wie für alle von kürzerer Sicht geforderet werden; wird dieselbe verweigert, so soll durch einen geschwornen Notarius, oder durch einen zu Notariats-Geschäften berechtigten Beamten, der Protest auf die im §. 8. bestimmte Weise erhoben und ausgefertiget werden.
§. 8.
Form der Protestation.
Der Innhaber eines Wechsels, dessen Acceptation verweigeret wird, übergiebt solchen dem Notarius, welcher sich am nemlichen Tag zum Bezogenen verfügt, die Gründe der verweigereten Annahm vernimmt, solche getreu der angenohmenen Protestformel einverleibt, und dieselbe nebst zwey Zeugen unterschreibt. Der Notarius ist verpflichtet, den Protest in ein Protocoll einzutragen, [p. 37] damit man nöthigen Falls eine oder mehrere Abschriften davon ziehen könne.
§. 9.
Rechtliche Wirkung derselben.
Der Protest-Akt Mangel Annahme, er mag nun auf dem Platz selbst erhoben worden seyn, oder von einem fremden Platz herkommen, giebt dem Innhaber des Wechsels das Recht, von seinem Cedenten Sicherstellung für Capital, Zins und Kosten zu verlangen, und diese Sicherheit soll jederzeit am nämlichen Tag, wo sie verlangt wird, gegeben, oder von Rechtswegen erhalten werden können.
§. 10.
Wechselbörse an einem dritten Ort zahlbar.
Wird ein Wechsel auf jemand, an einem dritten Ort zahlbar, gezogen, so ist der Bezogene bey Acceptation desselben schuldig, zugleich das Domicilium zu benennen, wo solcher bezahlt werden soll; im Weigerungsfall findet Protestation statt. Geschieht die Zahlung bey Verfallzeit nicht, so wird an dem angewiesenen Ort protestiert.
§. 11.
Wechsel auf sich selbst, oder Billets.
Wechselbriefe auf sich selbst, oder Billets, [p. 38] bedürfen keiner Acceptation, da die Unterschrift des Schuldners für so gut, wie die Acceptation selbst zu halten ist, es wäre dann Sache, daß ein Haus unter der nemlichen Raggion zugleich auf einem andern Platz existieren würde; in diesem Fall kann bey demjenigen Haus, welches die Bezahlung leisten soll, Acceptation gefordert werden.
§. 12.
Briefe au domicile bey jemand ausgestellt.
Briefe, welche au domicile bey jemand ausgestellt werden, ist der Domiciliant zu acceptieren nicht verbunden, sondern der Wechsel muß nur bey verweigerter Bezahlung zur Verfallzeit protestiert werden.
§. 13.
Protest de Perquifition.
Ist ein Bezogener abwesend, oder auf dem Platz, wo er (laut Angabe des Wechsels) zu bezahlen aufgefodert ist, nicht bekannt noch zu finden, so wird der Protest aus dieser Ursache erhoben.
§. 14.
Protest beym Falliment eines Acceptanten.
Im Fall der Acceptant eines Wechsels seine Zahlungen einstellt, oder falliert, so soll der [p. 39] Innhaber, wenn schon der Wechsel nicht verfallen ist, denselben protestieren lassen, so bald ihm das Falliment bekannt wird. Dieser Protest berechtigt ihn, sich, wie bey einem Protest, Mangel Annahm, bis zur Verfallzeit von seinem Cedenten sicher stellen zu lassen, oder den Rembours mit proportionirtem Scônto, nebst den Unkosten und Provision zu verlangen.
§. 15.
Hypothek von Commissions-Waaren.
Wenn auf Waaren, die in Commißion gesandt worden, traßiert wird, so dienen, dem Acceptanten, für wirklich geleistete Acceptation, falls der Aussteller fallieren sollte, die in Handen habenden Waaren als Hypothek, um sich darauf schadlos zu halten; es soll daher kein Arrest auf dergleichen Waaren zum Nachtheil des Acceptanten gültig seyn, sondern nur auf den Ueberschuß seiner Forderung ein solcher gelegt werden können.
III.
Von der Bezahlung der Wechselbriefe.
§. 16.
Verfalltermin der Wechselbriefe.
Der Uso bey Wechselbörsen ist 15. Tage, zwey oder doppio Uso 30. Tage, 3. Uso 45. Tage, und nach Sicht, ohne Respekttage, deren es keine giebt. Briefe á piacere sind anzusehen, als ob [p. 40] solche bey Sicht zahlbar ausgestellt waren. Bey Wechslen aus Ländern, wo eine andere Zeitrechnung als hier, Statt hat, verfällt der Wechsel auf den, mit der Zeitrechnung desselben Landes korrespondierenden Verfalltag, und ist bey Wechslen, die nach der französischen Zeitrechnung datiert sind, anzunehmen, daß so viel Monate, so viel mahl 30. Tage betragen.
§. 17.
Bezahlung der Wechselbriefe.
Die Bezahlung eines Wechselbriefs soll durch den Bezogenen, am Verfalltag selbst geschehen, in sofern dieser nicht ein Sonn- oder Feyertag ist, in welchem Fall solche am nächstfolgenden Werktag geschehen muß. – Wechselbriefe, welche auf dem Platz negociert werden, müssen an dem nemlichen oder folgenden Tag bis spätestens Mittags um 12. Uhr bezahlt werden, in sofern sich der Begeber und Abnehmer nicht anderst mit einander direkte, oder durch Mäkler verstanden haben. Wird die Zahlung unterlassen, so kann der Schuldner sogleich gerichtlich dazu angehalten werden, und soll der Kreditor in gleichen Rechten stehen, als hätte er den Protest für einen acceptierten Wechsel Mangel-Zahlung bey Handen. Auch sollen alle Wechsel-Zahlungen in kurrenten groben Silber- und Goldsorten in dem Curs, den sie auf dem Platz haben, und nicht in Münz, geleistet werden; es wäre dann Sache, daß der [p. 41] Wechsel ausdrücklich anders lauten würde, oder daß der Einzieher desselben aus freyen Stücken Münze annehmen wollte. Würde jemand Obligos um zu liefernde Wechsel auf Tag und Ziel ausstellen, und seiner gegebenen Verpflichtung kein Genüge leisten, so hat der Innhaber das Recht, baare Bezahlung schnell zu fordern, und mit der nemlichen Wirkung, als wenn er einen protestierten Wechsel zu erheben hätte.
§. 18.
Bezahlung der Wechselbriefe vor der Verfallzeit.
Wer einen Wechselbrief vor der eigentlichen Verfallzeit bezahlt, thut es auf seine Gefahr, wenn daraus Schaden entsteht.
§. 19.
Bezahlung eines Mangel-Annahm protestierten Wechsels.
Wird ein Wechsel, der wegen Mangel-Annahm protestiert, und nicht per Intervention acceptiert wurde, von dem Bezogenen bey Verfallzeit dennoch eingelöst, so ist der Zahler schuldig, auch die ersten Protest-Spesen auf Vorweisung des Protest-Akts hin zu vergüten.
§. 20.
Bezahlung an fremde Unbekannte.
Wechsel, welche von fremden Unbekannten [p. 42] vorgewiesen werden, können, bis sich ein solcher Präsentant gehörig legitimirt hat, zurück gewiesen werden.
§. 21.
Acquittierung der Wechselbriefe.
Wechsel, welche einkaßiert werden, müssen von dem Innhaber eigenhändig, oder durch anerkannte Bevollmächtigte mit Beysetzung seines Namens unterschrieben und acquittirt seyn.
§. 22.
Verpflichtung des Cedenten oder Innhaber.
Wer einen Wechselbrief einzieht, oder negociert, haftet dem Zahler oder Abnehmer dafür, daß er das Eigenthum des bezahlten Briefs oder Assegno auf rechtmäßige Art an sich gebracht habe.
§. 23.
Unförmlichkeiten bey Wechselbriefen.
En blanc girirte Wechsel lauffen auf Gefahr des Indossenten, falls sie in unrechte Hände kämen; eben so ist der Mangel des Datums, unter dem ein Wechsel negociert wurde, auf gleiche Gefahr.
§. 24.
Verlohrne Wechselbriefe.
Wenn ein acceptirter Wechsel verlohren geht, und die Bezahlung eingefordert wird, so ist der [p. 43] Bezogene schuldig, den Betrag in richterliche oder unpartheyische Hände zu legen, bis derjenige, bey welchem das lezt bekannte Endossement ruht, ihme Caution und Mortification von Trassent und Indossenten darum zu geben vermag, und erst alsdann soll letzterem der Betrag eingehändiget werden, jedoch ohne Vergütung des Interesse sint Verfallszeit.
§. 25.
Verjährung der Wechselbriefe.
Ein Bezogener, der einen Wechsel acceptiert, haftet ein Jahr lang für seine Acceptation, jedoch ohne Vergütung von Interessen; nach Verfluß dieses Termins wird die Wechselforderung zu einer gewöhnlichen Schuldsache, und genießt nicht mehr des geschwinden Rechtsgangs. Der Indossent hingegen haftet für seine Unterschrift nur drey Monate, nach Verfallzeit eines Wechsels, es wäre dann erweislich, daß der Protest wegen weiter Reise, oder anderen nicht durch Nachläßigkeit entstandenen wichtigen Hinternissen, zu benannter Zeit nicht hätte eintreffen können.
IV.
Von der Protestierung der Wechselbriefe.
§. 26.
Protest Mangel-Zahlung.
Wird ein Wechselbrief bey Verfallzeit nicht eingelöst, so soll am Verfalltag selbst, oder wann [p. 44] dieser ein Sonn- oder Feyertag ist, an dem nächst darauf folgenden Werktag ein Protest, nach der oben §. 8. vorgeschriebenen Form, darüber erhoben werden, der Innhaber eines solchen Wechsels, gesetzt auch derselbe wäre eine eigene Tratta des Bezogenen auf sich selbst, oder vom Bezogenen acceptiert, ist jedoch zu nichts weiter gehalten, als den Wechselbrief, samt Protest an seinen Cedenten, oder an einen anderen Freund auf dem Platz, wo der Wechsel remboursiert werden soll, mit erster Gelegenheit zu versenden, es wäre dann, daß er ausdrücklich Ordre zur Execution erhalten, und solche angenohmen hätte.
Auf gleiche Art sind die von einem Partikularen auf einen gewissen Zeitpunkt ausgestellten Billets an Ordre, dem Protest unterworfen, und derselbe von gleicher Wirkung, wie bey acceptierten Wechslen.
§. 27.
Rechtliche Wirkung desselben.
Protestierte Wechsel, Mangel-Zahlung geben gegen die Cedenten das nemliche Recht, als wenn der gewohnte Rechtstrieb bey Schuldforderungen bis zur letzten Instanz vor sich gegangen wäre. Der Richter wird also dem Innhaber derselben im Begehrungsfall zur schleunigsten Bezahlung verhelfen. Das nemliche Recht geniessen die aus der Fremde herkommenden Proteste Mangel-Zah- [p. 45] lung sowohl gegen den Trassenten, als gegen die Indossenten.
§. 28.
Solidar-Verpflichtungen.
Bey einem Protest Mangel Zahlung sind der Trassent und die Indossenten solidar verpflichtet, alle für einen und einer für alle gut zu stehen, es wäre dann, daß ein Indossent seinem Endossement die Erklärung beygefügt hätte, «ohne meine Garantie» in welchem Fall derselbe nicht belangt werden kann.
Indessen bleibt es dem Innhaber überlassen, seinen Regreß bey frühern Indossenten, oder den Trassenten zu suchen, in der Meynung jedoch, daß, wenn er die spätern überspringt, er nicht mehr auf sie zurück greifen darf. Will hingegen der Innhaber sein Recht nöthigen Falls gegen alle Indossenten und den Trassent geltend machen, so muß er den Rembours zuerst bey seinem Erdenken suchen; failliert dieser, und glaubt er das nemliche bey frühern Erdenken zu befahren, so giebt er allen Indossenten und dem Trassent von dem Protest Nachricht, in welchem Fall er das Recht beybehält, um den Rest der Summe, wofür er nicht von seinem Cedenten befriedigt wird, in aufsteigender Linie zurückzugreifen, bis er zu gänzlicher Zahlung, mit Unkosten und Zinsen, gelangt. [p. 46]
§. 29.
Vergütung für protestierte Wechsel.
Da die Gerechtigkeit fodert, daß derjenige, welcher einen Wechselbrief kauft oder übernihmt, durch verweigerte Zahlung desselben keinen Schaden leide, so ist bey einem Protest Mangel-Zahlung der Aussteller oder Indossent gehalten, solchen alsobald mit allen Spesen zu remboursieren, und zwar steht es dem Innhaber frey, bey protestierten Wechslen, welche direkte von dem Platz, wo der Protest erhoben worden, zurückkommen, zu fordern:
Entweder das Capital, Protest- und andere Kosten, welche ein fremder Correspondent nach dem Gebrauch seines Platzes zu forderen berechtiget ist. Diese sind, nach dem Wechselkurs desselben Tags von ganz kurzem Papier auf denjenigen Platz, wo der Wechsel protestiert wurde, zu berechnen; hiezu kommen die Interesse à raison ½ p. Ct. al mese, vom Tag, wo der Protest erhoben wurde, bis zu demjenigen, wo es möglich ist, die Gegenanschaffung daselbst zu machen, ferner 1/3 p. Ct. Provision und Briefporto.
Oder er fordert das dem Cedenten vergütete Capital, die Interessen desselben auf obigen Fuß von dem Tag, wo solches ausgelegt oder berechnet wurde, bis zu seiner Zurückbezahlung; ferner [p. 47] obgedachte Unkosten auf dem fremden Platz, nebst seiner eigenen Provision und Briefporto.
Ist erweislich, daß eine Retraite auf den Platz, wo die Rückbezahlung gefordert wird, gemacht wurde; so bezahlt derjenige, welcher den Rembours zu leisten hat, ihren Betrag, nebst obiger Provision und Briefporto.
Wäre eine Retraite auf einen dritten Platz gestellt, so müßte der Betrag nach dem Wechsel dieses Platzes für Papier von nemlicher Verfallzeit, bezahlt werden; ferner die Provision und Kosten, welche dem Banquier dieses Platzes zu vergüten sind, und obgedachte eigne Provision und Briefporto des Innhabers.
Ist ein Wechsel, welcher protestirt wurde, vorher über mehrere Plätze gelaufen, und erweislich, daß solcher auf dieselben, oder einen Theil derselben retourniert worden, so geschiehet der Rembours nach obigen Grundsätzen, wobey, wenn keine Retraite statt hat, der Wechselkours mit demjenigen Platz anzunehmen ist, von welchem der Wechsel zuletzt eingelaufen. Hierbey muß jeder Rückwechsel von einem Platz auf den andern vergütet werden, nebst dem Briefporto, und Courtage.
Jeder der Indossenten, durch welchen der Wechsel zurück lauft, hat das Recht, wenn er seine Bezahlung auf einem andern Platz suchen muß, die auf seinem Platz übliche Provision für [p. 48] den Risico, welchen er gelaufen, zu foderen; die hiesige bleibt à 1/3 p. Ct. bestimmt.
§. 30.
Verspätete Protestierung der Wechselbriefe.
Der Käuffer eines Wechselbriefs übernihmt die Verpflichtung, solchen zu rechter Zeit einzukassieren, oder protestieren zu lassen, es wäre dann, daß er mit seinem Erdenken eine andere Verkommniß getroffen, oder daß der Wechsel, laut dem gewohnten Postenlauf, von dem Tag an, wo solcher cediert worden, bis zum Verfalltag nicht mehr hätte an Ort und Stelle gebracht werden können; in diesem Fall aber ist die Garantie nur um so viel verlängert, als die directe Post auf dem Platz, wo der Wechsel zahlbar ist, von dem Tag der Ceßion an, über die Verfallzeit aus, zu laufen hat.
Wird in andern Fällen ein Wechsel nach Verfallzeit, wegen Präjudizierung protestiert, so verliert der Innhaber, unter dessen Direktion der Wechsel verspätet wurde, sein Recht gegen alle Indossenten, und hat sich nach obigen Grundsätzen nur an den Aussteller und Bezogenen zu halten.
Würde der Indossent oder Auesteller eines Mangel-Zahlung protestierten Wechselbriefs erwei- [p. 49] sen können, daß die Erhebung des Protests später als die Verfallzeit mit Zuzählung der Respekttage, gemäß den Gesetzen des Orts, wo der Wechselbrief oder das Billet zahlbar ist, oder sonst nicht in gehöriger Ordnung gemacht worden, und daß ihm dadurch einiger Schaden zuwachsen könnte, so ist derselbe befugt, die Zahlung zu verweigeren.
In Streitigkeiten dieser Art muß aber der Richter aufs schleunigste absprechen, und falls die Einwendungen ungegründet wären, den Schuldner zu schneller Bezahlung anhalten. Wollte dieser appellieren, so muß er die Gelder in unpartheyische oder richterliche Hand legen, im Fall der Innhaber sich nicht gütlich mit ihm, wegen zu leistender Bürgschaft verstehen will.
Ein Trassent kann nur dann die Bezahlung eines zu spät protestirten Wechsels verweigeren, wenn er zeigen kann, daß der Bezogene nach der bestimmten Verfallzeit fallirt hat, und daß er daselbst die benöthigten Fonds in Handen des Bezogenen hatte; in diesem Fall kann derjenige, welcher den Wechsel versäumt hat, sich allein an den Bezogenen halten. [p. 50]
V.
Von der Intervention bey Wechselbriefen.
§. 31.
Verpflichtung, einen rekommandierten Wechsel an seine Adressen vorzuweisen.
Würde ein Wechsel, Mangel-Annahm oder Bezahlung ganz oder zum Theil protestirt, so soll derselbe von dem Innhaber auch denjenigen, bey welchen er nöthigen Falls rekommandiert ist, vorgewiesen, und von ihnen vernohmen werden, ob und für wessen Rechnung sie solchen, oder den Antheil desselben, welchen der Bezogene zu acceptieren oder zu bezahlen verweigeret, honorieren wollen.
Die Deklaration, daß der Wechsel allen denjenigen, denen er empfohlen ist, vorgewiesen wurde, so lange keiner sich erklärt für den Trassent honoriren zu wollen, muß dem Protest-Akt angehängt und darin bemerkt werden, daß sie sich weigerten, solchen zu honorieren.
§. 32.
Rangordnung bey der Intervention.
Hat ein Wechsel mehrere Rekommandationen au besoin, oder zeigt sich sonst jemand, der intervenieren wollte; so hat derjenige, welcher für den Trassent oder dann für das nächstfolgende Endossement honorieren will u. s. w. den Vor- [p. 51] zug vor demjenigen, welcher für ein späteres Endossement intervenieren wollte; will aber der Innhaber selbst für die früheste Signatur, für welche zu intervenieren man sich erbietet, einstehen, so hat er den Vorzug.
§. 33.
Form und rechtliche Wirkung derselben.
Bey wirklicher Intervention muß in der Deklaration bemerkt werden, wer honoriert, und für wen er honoriert, auch daß niemand sich erboten, es für eine frühere Signatur zu thun; hierauf wird dem Honoranten der Protest gegen Bezahlung der Spesen ausgeliefert, und er ist verbunden, solchen mit erster Post demjenigen zu übermachen, für dessen Rechnung er acceptiert und bezahlt hat. Der Honorant tritt durch seine Acceptation oder Bezahlung in die ziemlichen Rechte oder Verpflichtungen gegen denjenigen, für dessen Rechnung er den Wechsel honoriert, und gegen frühere Giranten oder den Trassent des Wechsels, als ob solcher auf ihn unter gemeinschaftlicher Garantie ausgestellt wäre. Wer auf einen Wechsel intervenieren würde, dessen Duplikat vom Bezogenen schon acceptiert oder bezahlt wäre – oder wer auf eine Copia interveniert, wovon das Original verlohren gegangen, oder wer auf einen Wechsel interveniert, der wegen Unrichtigkeit oder zu spät protestirt würde, der thut es auf seine eigne Gefahr, wenn er nicht eigens dazu den Auftrag hatte. [p. 52]
§. 34.
Zahlungsart bey Intervention Mangel-Annahme.
Geschieht die Intervention bey Acceptation, so ist der Bezogene, oder wer für einen früheren bezahlen will, befugt, bey Verfallzeit den Wechsel selbst zu bezahlen, nachdem er dem Honoranten die Unkosten des Protests Mangel-Annahme und eine Provision von 1/3 p. C. vergütet hat. Sonst bezahlt, nach neuerdings erhobenem Protest, in welchem er als Zahler per Intervention benannt ist, derjenige, für dessen Rechnung solches geschah.
B.
Bestimmungen über den schnellen Rechtstrieb.
§. 1.
Bey allen Wechselschulden, welche nach den Bestimmungen der vorstehenden Wechselordnung dem schnellen Rechtstrieb unterworfen sind, soll innert 24 Stunden nach der Präsentation, laut §. 8, 14 und 24, die Vertröstung des Rechts, und in Ermanglung derselben, so wie bey §. 17 und 27, die Pfändung oder Obsignation erfolgen.
§. 2.
Ursprüngliche Waarenschulden, welche durch [p. 53] Billets, die der Gläubiger sich von dem Schuldner nach der wörtlichen Anleitung des ersten Abschnitts der Wechselordnung §. 1. bis 4. hat ausstellen lassen, ihre Natur verändert haben, werden dadurch, in die Classe von Wechselschulden versetzt, und, in Ansehung des Rechtstriebs, auch wie diese gehalten.
§. 3.
Alle übrigen Schulden sind bloß dem gewohnten Rechtstrieb unterworfen, und dabey gänzlich die vorhandenen Civilgesetze, und namentlich das vom, 17ten December 1803., den Rechtstrieb betreffend, zur Richtschnur zu nehmen.
§. 4.
Die Execution des schnellen Rechtstriebs geschieht nach den gleichen Formen, – und durch die gleichen Personen, durch welche der gewohnte Rechtstrieb besorgt wird, und jener unterscheidet sich von diesem allein, theils durch den im ersten §. dieses Abschnitts festgesetzten besondern Termin, theils dadurch, daß der schnelle Rechtstrieb den Rechtsstillständen für den gewohnten Rechtstrieb keineswegs unterworfen, sondern der Präsident jedes betreffenden Gerichts begwältigt seyn soll, den schnellen Rechtstrieb, wenn er nach dem Gesetz verlangt wird, auch während den Zeiten des Rechtsstillstands, wann das Gericht sich nicht besammelt, zu bewilligen. [p. 54]
§. 5.
Jedem Gläubiger, welcher bey der competierlichen Rechtsbehörde frühere Rechte erlangt hat, gebühret die Präcedenz vor demjenigen, welcher, sey es durch den gewohnten, oder den schnellen Rechtstrieb, später zu den gleichen Rechten gelangt; mithin stehen Gläubiger, welche durch den einten oder den andern Rechtstrieb gleiche Rechte zur gleichen Zeit erlangen, in Ansehung ihrer Ansprüche an den Schuldner, in vollkommen gleichen Verhältnissen.
C.
Allgemeine Bestimmung über die gerichtliche Behandlung von Kaufmännischen Streitigkeiten.
Die Gerichtsbehörden sind, wenn die einte oder andere Parthey solches wünscht, verpflichtet, über die vorschwebende Kaufmännische Streitigkeit, das Befinden der Kaufmännischen Vorsteherschaften einzuholen.
Zürich, den 16. May 1805.
Im Namen des Grossen Raths unterzeichnet:
Der Amtsburgermeister,
Reinhard.
Der Erste Staatsschreiber,
Lavater.