Signatur | StAZH MM 1.15 RRB 1805/1342 |
Titel | Verschiedene Einleitungen und Dispositionen, veranlaßt durch das Circularschreiben des Herrn Landammanns in Bezug auf den muthmaaßlichen Bruch zwischen Frankreich und Österreich, und auf die Neutralität der Schweitz. |
Datum | 05.09.1805 |
P. | 1–6 |
[p. 1] Nach Anhörung und in Genehmigung des von der Diplomatischen Commißion unterm 3ten Septembris [in Folge erhaltenen Auftrags vom 29sten Augstmonats] hinterbrachten sorgfältigen Berichts und Gutachtens, betreffend die verschiedenen, durch das Circularschreiben Seiner Excellenz, des Herren Landammanns der Schweitz vom 22sten Augstmonat, in Bezug auf den muthmaaßlichen Bruch zwischen Frankreich und Österreich, und auf die Neutralität der Schweiz, erforderlich werdenden Einleitungen und Dispositionen, – ist einmüthig beschloßen worden:
1.) Der Grundsatz, daß das wichtige Neutralitätsgeschäft, und die daraus herfließenden Vorschläge von diplomatischer und öconomischer Natur, dem Großen Rath vorgetragen werden sollen, – wird jetzo schon festgesezt, die würkliche Convocation des Großen Raths aber, bis auf den Augenblik verschoben, wo die nähere Entwiklung der Ereigniße bekannt und nammentlich von des Herren Landammanns Excellenz eine bestimmte Aufforderung zu würklicher Beschikung der gemeineydsgenößischen Tagsatzung eingekommen seyn wird.
2.) Damit aber beym würklichen Eintritt jenes Moments keinerley Zögerung entstehe, – so wird der Staats-Canzley jezo schon aufgetragen, ein im Allgemeinen mit den obwaltenden Conjuncturen motiviertes Convocationsschreiben zu entwerfen, darbey einsweilen die nähere Tagsbestimmung en blanc zu laßen, es dem Druck zu übergeben, und so in Bereitschaft zu halten, daß die Formulare im eintrettenden Fall augenbliklich ausgefüllt und durch Expreße nach den verschiedenen Landesgegenden vertragen werden können. Auch wird die Canzley eine, von den Haupt-Correspondenz-Acten begleitete, kurze historische Erzählung von den verlanlaßenden Ursachen der Ausschreibung einer außerordentlichen Tagsatzung, und mithin auch der Convocation des Großen Raths, vorläuffig zu Papier bringen; gleichwie die versch[?iede]nen Commißionen der Regierung ersucht werden, die verschiedenen, ihnen in Gemäßheit der gegenwärtigen Erkanntnuß, obliegenden Arbeiten hinlänglich zu beschleunigen.[p. 2]
3.) Die Geschäfte des Großen Raths werden folgende seyn:
a) Discußion und Abschluß über einen ihm, in Gemäßheit eines folgenden Abschnitts dieses Beschlußes, vorzulegenden Antrag, in Betreff der, durch Aufstellung und Behauptung einer bewaffneten Neutralität erforderlich werdenden außerordentlichen Hülfsquellen in öconomischer Hinsicht.
b) Berathung und Abschluß über den Instructionsproject für die hießige Standesgesandtschaft auf die außerordentliche Tagsatzung.
c) Wahl der Gesandtschaft.
d) Wiederbesetzung der vor zwey Monaten durch seliges Absterben des Herren Ratsherr Fries erledigten Stelle im Mittel des Kleinen Raths.
4.) Die Diplomatische Commißion wird auf das Fundament der theils bereits vorhandenen und vornehmlich in dem Circularschreiben des Herrn Landammanns der Schweitz vom 22sten Augstmonat enthaltenen allgemeinen Staminum, theils der aus dem seiner Zeit von Seiner Excellenz einlangenden Convocationsschreiben herzuleitenden näheren Specialitäten, – den sorgfältigen Project einer, der hießigen Ehrengesandtschaft auf die außerordentliche Tagsatzung zu ertheilenden Instruction ausarbeiten, mit dieser Arbeit dermahlen schon so viel als möglich vorschreiten, und zugleich auch einen Rathschlag über die Composition und Ausdähnung der hießigen Standesgesandtschaft abfaßen.
5.) Nebst dem Instructions-Project ist dem Großen Rath auch der, selbst bey gewöhnlichen Tagsatzungen bis dahin üblich gewesene Antrag zu hinterbringen: „daß der Große Rath den Kleinen Rath begwältigen möchte, über solche Gegenstände, über welche der Große Rath bereits instruiert hat, die Ehrengesandtschaft im Sinn dieser gegebenen allgemeinen Instruction, mit den allfählig durch die Umstände erforderlich werdenden Erläuterungen, Ergänzungen und näheren Instructionen zu versehen, auch ihr in eintrettenden Fällen über neue Gegenstände diejenigen eventuellen Instructionen, welche einizg durch den Lauf und die jedesmahlige Laage der Dinge bestimmt, und, nach der Natur der Gegenstände, weder zum Voraus festgesezt noch[p. 3] verschoben werden können, so zu ertheilen, wie es der Kleine Rath, nach seinem gewißenhaften Befinden, für die Ehre, Unabhängigkeit und Sicherheit des gemeinwerthen Vaterlandes am beßten erachtet“.
6.) Aus den, in dem Gutachten umständlich entwikelten Gründen, wird der Kleine Rath dem Großen Rath, bey deßen muthmaaßlich nächstbevorstehender außerordentlicher Zusammenkonft, unter voraus gehender Entwiklung der Nothwendigkeit und Dringlichkeit der Sache, den Antrag machen: „den Kleinen Rath zu begwältigen, zu Bestreitung der mit der Gränzbesetzung und Behauptung der Schweitzerischen Neutralität verbundenen, außerordentlichen Ausgaaben, auf dem ganzen Canton eine außerordentliche directe Vermögenssteuer auszuschreiben und, je nach Maaßgabe des Bedürfnißes, in dienlich erachtenden Raten und Terminen zu percipieren“.
7.) Die von dem Großen Rath zu erbetende Vollmacht zur Steuerenthebung wird auf das Gedoppelte der gewohnten Vermögenssteuer, mithin auf 200,000. Schweitzerfranken, festgesezt.
8.) Die Finanzcommißion wird eingeladen, auf eben benanntes Fundament hin, einen von dem Kleinen Rath an den Großen Rath zu hinterbringenden, motivierten Antrag auszuarbeiten, und darinn den näheren dießfälligen Detail zu bestimmen.
9.) Es wird der Finanzcommißion empfohlen, in so weit es durch die allfählige Kürze der Zeit und durch die Beschaffenheit der vorhandenen, und noch zu enthebenden Daten gestattet wird, dem Steuer-Repartitions-fuß auf die sämmtlichen Gemeinden, die möglichste Remedur angedeyhen zu laßen, selbigen den Grundsätzen vollkommener Billigkeit und Gleichheit möglichst nahe zu bringen und besonders auf begründet erfundene dießfällige Beschwerden jede mögliche Rüksicht zu nehmen.
10.) Die Finanzcommißion wird zugleich eingeladen, den ausgearbeiteten Project einer dießfälligen Aufforderung an das Cantonspublicum im Namen der Regierung, in Bereitschaft zu halten, und bey deßen Entwerfung die Gründe, welche unter so bewandten Umständen, jeden gegen das Vaterland redlich denkenden Bürger zu williger und schleuniger Er-[p. 4] füllung der Steuerpflicht bestimmen müßen, andringlich auseinander zu setzen, und mit zwekmäßiger Beleuchtung des unschätzbaren Werths desjenigen, was man durch die vorhabenden wichtigen Maaßregeln zu erzielen glaube, als Gegensatz die Schilderung der weit größeren, eingreiffenderen, und langwierigeren Lasten zu verbinden, die vorzüglich auch in öconomischer Hinsicht unfehlbar eintretten müßten, wenn die Eydsgenoßschaft beym Ausbruch des Kriegs zwischen zwoo benachbarten Mächten, sorglos und unthätig ihr Schicksal, und ihre wichtigsten Intereßen dem bloßen Zufall überlaßen wollte.
11.) Die Finanzcommißion wird zwar [in Betrachtung des dermahligen Zustandes der Natural-Vorräthe des Staats] einstweilen und bis auf weitere Disposition, keine Ankäuffe von Lebensmitteln veranstalten, hingegen aber einerseits die erforderliche Einleitung treffen, daß, von Stund an, mit allen Fruchtverkäufen aus den Natural-Vorräthen des Staats innegehalten werde, – und anderseits den Räthen der Stadtgemeinden Zürich und Winterthur, so wie auch, nach Gutfinden, allfählig anderen Stellen, denen beträchtliche Natural-Gefälle zustehen, auf angemeßene Art die Weisung ertheilen, unter obwaltenden Umständen zu keinen Veräußerungen von Naturalien zu schreiten.
12.) Die Militarcommißion wird ersucht:
a) Alle dienlich erachtenden Verfügungen zu Vervollständigung des Vorraths an Munition und besonders an denjenigen Kugeln, welche zu dem Artillerie-train gehören, den der hießige Stand [nach dem gemeineydsgenößischen Militar-Reglement] zu stellen hat, – fürdersammst zu treffen.
b) Dasjenige, was allfählig zu völliger Organisation und nöthiger Equippierung des hießigen Succurs-Regiments noch erforderlich ist, und auf den Fall eines Auszugs nicht unterlaßen noch verschoben werden kann, einzuleiten und vorzukehren.
c) Ihre Gedanken walten zu laßen, und dem Kleinen Rath zu hinterbringen, wie eine angemeßene Uniformierung des Succurs-Regiments so schnell[p. 5] als möglich, und auf einem kürzeren, als dem durch das Militar-Organisations-Gesetz vorgezeichneten Weg, zu erzielen; ob nämmlich: entweder eine schnell würkende, und hinreichend ergiebige Ausdähnung der gesetzlichen Bestimmungen in Betreff der Contribuabilität zur Montierungscaßa ausfündig gemacht, der Sanction des Gesetzgebers unterlegt, in unverweilte Ausübung gesezt und somit ausgewichen werden könne, die Gemeinden und die ohnehin beschwerte dienstleistende junge Mannschaft dießfalls zu belästigen, – oder: ob zu schneller Erzielung des obwaltenden Endzweks unumgänglich nothwendig sey, die sämmtlichen Gemeinden anzuhalten, daß jede, ihre zum Succurs-Regiment gehörende Mannschaft auf Abrechnung aus dem Privatvermögen des Soldaten, oder, in deßen Unvermögensfall, seiner Verwandten, – oder auf Abrechnung des Soldes, – und endlich mit Vorbehalt auf die Erstattung der, aus der Montierungscaßa gesetzlich zu enthebenden Unterstützung, – unverweilt mit Uniformes, Capots und Tornistern versehe?
d) Dem Kleinen Rath einen Bericht über den gegenwärtigen Zustand der Organisation der Reserve-Corps der Cavallerie, Artillerie und Scharfschützen, und der ersten Reserve der Infanterie, – und einen Antrag über dasjenige zu hinterbringen, was allfählig zur Vervollständigung dieser Organisation und zur Bewaffnung und Ausrüstung dieser Reservecorps, unter den obwaltenden Umständen erforderlich seyn dürfte.
13.) Bey Ausarbeitung der Instruction auf die außerordentliche Tagsatzung wird die Diplomatische Commißion, was die allgemeinen Militardemonstrationen anbetrifft, Rüksicht auf die bereits in den dießfälligen Vorrathschlägen zur Sprache gekommenen Wünsche nehmen, daß nämmlich einerseits darbey durchgängig die so höchst nothwendige, gänzliche Beyseitsetzung aller entbehrlichen und blos zum Prunk dienenden Gegenstände von Ausgaaben ins Auge gefaßt, die weit eingreiffende Tendenz zu einer vielmehr den Gang der Sachen behinterenden, als aber nützlichen Anhäuffung von Staabspersonale möglichst un-[p. 6] terdrükt, und die Zahl des Militars von solchen Waaffen, die von kostbarer Natur und Unterhaltung sind, nach Erforderniß beschränkt, – und anderseits, auf unveränderte Beybehaltung und Handhabung der verfaßungsmäßigen Verhältniße in Absicht auf die verschiedenen, den Cantonen obliegenden Leistungen, kräftigst gedrungen werden möchte.
14.) Gegenwärtiger Beschluß wird in seinem ganzen Umfang an die Diplomatische Commißion, an die Militar- und die Finanz-Commißion hingegen, nur in so weit mitgetheilt, als es jede betrifft.