Signatur | StAZH MM 2.180 RRB 1868/1222 |
Titel | [Jakob] Bättig, Droschkier im Sellnau-Zürich. Abweis. ss. [Rekurses] betr. Verweigerung e. Droschkenkonzession. |
Datum | 20.06.1868 |
P. | 724–728 |
[p. 724] In Sachen
des Jakob Bättig, Droschkier, im Sellnau-Zürich Rekurrenten gegen einen Beschluß des Bezirksrathes Zürich,
betreffend Verweigerung einer Droschkenkonzession,
ergibt sich:
A–C s. die faktischen Ergebnisse des rekurrirten Beschlusses.
D. Unterm 18. / 23. Mai hat der Bezirksrath Zürich den Bättig mit seinem Gesuche gegen eine Verfügung der Stadtpolizei Zürich betreffend Verweigerung einer Droschkenkonzession aus folgenden Gründen abgewiesen:
1. Nach § 43 der Droschkenordnung für die Stadt Zürich ist der Stadtrath, wenn sich ein Droschkeninhaber widerholt Pflichtverletzungen zu Schulden kommen läßt, nach vorangegangener Warnung befugt, ihm die Konzession zu entziehen, & nach § 44 derselben Verordnung kann der Stadtpolizeipräsident gegen einen solchen Kutscher die Einstellung im Dienst verhängen oder dessen Entlassung verlangen.
2. Es geht daraus hervor, daß die Behörden, wenn sie befugt sind, unter gewissen Voraussetzungen eine schon ertheilte Konzession zurückzuziehen, aus gleichen Gründen auch das Recht haben, die Erneuerung einer Konzession zu verweigern.[p. 725]
3. Im vorliegenden Falle ist nachgewiesen, daß sich Jakob Bättig, welcher die Eigenschaft eines Droschkeninhabers & Droschkenkutschers in sich vereinigt, ein Verhalten hat zu Schulden kommen lassen, welches die Entziehung einer ertheilten Konzession, folglich auch die Verweigerung der Erneuerung derselben vollkommen rechtfertigt.
E. Mit Eingabe vom 25. v. Mts. rekurrirt Bättig gegen diesen Beschluß & bittet um dessen Aufhebung.
Zur Begründung seines Gesuches sucht er im Allgemeinen die in Fact. C erwähnten Vorfälle als auf Erfindung oder Entstellung beruhend darzustellen & im Speziellen bemerkt er: Es sei allerdings richtig, daß er vor ca. 2 1/2 Jahren einen gewissen Benedikt Huber in verschiedene Bordelle habe führen müssen, dies sei aber kein Grund ihm die Droschkenkonzession zu entziehen, da jeder Droschkier dahin fahren müsse, wohin ihm befohlen werde; daß er sich aber bei Bezahlung nicht an den Tarif gehalten habe, sei reine Verdächtigung & durch nichts erwiesen; dagegen sei es allerdings jedermann bekannt, daß viele Personen, besonders solche, welche Freudenmädchen suchen, dem Droschkier Trinkgelder & zwar oft reichlich verabfolgen, & diese anzunehmen werde sich wol keiner weigern; daß er endlich Werthsachen, welche je in seiner Droschke zurückgeblieben seien, nicht zurückgegeben habe, sei ebenfalls[p. 726] eine Erfindung; allerdings habe Huber Geld in der Droschke verloren, das er, [Rekurrent] am Morgen beim Reinigen gefunden habe; er habe ihm aber dasselbe zurückgegeben, worauf er noch weitere 20 Fr. reklamirt habe, die sich aber nicht vorgefunden & dann ihm [dem Rekurrenten] vom Buchhalter des Hrn. Kuenzer am Lohn abgezogen worden seien. Uebrigens sei dieser Vorfall schon vor 2 1/2 Jahren vorgekommen & seit dieser Zeit nie mehr über ihn geklagt worden; auf Verlangen werde er übrigens verschiedene, in Handen des Gemeindrathes Enge liegende günstige Zeugnisse einlegen, worunter eines vom Stadtrathe Zürich selbst, ausgestellt nach dem Vorfall mit Huber
F. Der Stadtrath & Bezirksrath Zürich tragen auf Abweisung des Rekurrenten an & bemerken:
Wenn es auch richtig sei, daß die Droschkiers die Bestellungen auszuführen haben, so sollten sie doch nichts thun, was eines ordentlichen Mannes unwürdig sei; dahin gehöre aber das Anweisen von Bordellen & das Führen Betrunkener von einem Bordell zum andern bis tief in die Nacht. Zwischen der Annahme von Trinkgeldern & dem Abnehmen eines unverhältnißmäßigen Betrages von einem Betrunkenen liege ein bedeutender Unterschied & Bättig habe sich damit entschuldigen wollen, daß er den Werth der Silberstücke nicht gekannt & daß er erst am fol-[p. 727] genden Morgen erfahren habe, daß es Reichsgulden seien; niemand werde glauben, daß er sich Frk. 20 hätte abrechnen lassen, wenn er alles Geld Hubers, das dieser in der Drosch[k]e verloren, diesem zurückgegeben hätte. Uebrigens habe Bättig als Droschkier oft mit Polizeibußen bestraft werden müssen & zur Zeit der Ausstellung des Zeugnisses sei der Stadtpolizei nichts von dem Vorfalle mit Huber bekannt gewesen; es könne daher schon deshalb aus dem Zusammentreffen dieser beiden Thatsachen nichts gefolgert werden. Wenn es als eine Forderung der Gewerbsfreiheit betrachtet worden sei, daß jedem Petenten die Konzession zum Droschkenführen ertheilt werde, so sei eine strenge Kontrolle & ein energisches Einschreiten gegen polizeiwidriges Verhalten der Droschkenführer um so nothwendiger, wenn nicht die ganze Institution & das öffentliche Interesse Schaden leiden soll.
Der Regierungsrath hat
in Genehmigung des wesentlichen Inhaltes der erstinstanzlichen Erwägungen,
nach Einsicht eines Antrages der Direktion der Polizei,
beschlossen:
I. Sei der Rekurs abgewiesen.
II. Trage Rekurrent die Kosten, bestehend in 3 Frk. Staats-[,] 2 Frk. Kanzlei-[,] nebst den Ausfertigungs-[p. 728] & Stempelgebühren.
III. Mittheilung an den Petenten, an den Bezirksrath Zürich für sich & zu Handen der Stadtpolizei & an die Direktion der Polizei.