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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH MM 3.10 RRB 1896/1537
TitelBaugesetz.
Datum20.08.1896
P.459–460

[p. 459] A. Mit Zuschrift vom 22. Mai 1896 ersucht Herr Keller-Trüb, Kochherdfabrikant, in Anwendung von § 149 des Baugesetzes um Genehmigung seines Projektes zum Umbau des Wohnhauses auf Kataster No. 776 an, der Reitergasse, Zürich III.

B. In seiner Vernehmlassung vom 5. Juni 1896 erklärt der Stadtrat:

„Die örtlichen Verhältnisse erfordern diese Umbaute durchaus nicht. Wenn es dem Eigentümer, wie er behauptet, nur um die Verbesserung der Zustände in sanitarischer Beziehung zu tun wäre, so könnte dieser Zweck ganz wol erreicht werden, ohne gegen die §§ 55–57 des Baugesetzes zu verstoßen. Die Abweichung von den Vorschriften des vierten Abschnittes des Baugesetzes sind zu groß, als daß sie leichthin gestattet werden dürften; eine Gestattung würde ein gefährliches Präjudiz schaffen. Wie der Situationsplan zeigt, wird an zwei Stellen der Abstand von 7 m nach § 57 nicht beachtet; sodann steht das Projekt gegenüber Kat.-No. 4599 im Widerspruche mit § 55 des Baugesetzes.“

C. Auf Veranlassung der Direktion der öffentlichen Arbeiten hat sodann am 18. Juni 1896 durch den Kantonsbaumeister im Beisein eines Vertreters des Stadtrates und des Petenten ein Augenschein stattgefunden, bei dem im Einverständnis mit dem Vertreter des Stadtrates konstatirt wurde, daß dem Gesuche des Herrn Keller bei Abänderung des Bauprojektes. im Sinne der Einhaltung der verlangten Entfernung von 7 m vom Gebäude auf Kat.-No. 775 entsprochen werden könne.

Demzufolge übermittelte Herr Architekt Müller, namens Herrn Keller-Trüb eine vom 20. Juni 1896 datirte abgeänderte Planvorlage mit A bezeichnet, in welcher die beanstandete Entfernung auf 7 m vergrößert wurde. Es wird aber auch dieses Projekt vom Stadtrat mit Zuschrift vom 1. Juli 1896 abgewiesen, weil die Entfernung vom Nachbargebäude rechts, Kat.-No. 777, ungesetzlich sei, da sie nur etwa 4 m betrage. Es wird zugegeben, daß durch die erste Aenderung des Projektes eine gewisse Bessergestaltung geschaffen würde, dagegen hält es der Stadtrat gegenüber dem klaren Wortlaute des Gesetzes doch nicht für möglich, im vorliegenden Falle eine Ausnahme zu machen, deren Konsequenzen unabsehbar wären.

D. Die Direktion der öffentlichen Arbeiten berichtet:

Der einzige nunmehr noch vom Stadtrat beanstandete Punkt bezieht sich auf die Entfernung der Umbaute vom Gebäude auf Kat.-No. 777. Diese Entfernung beträgt nach Mitteilung des Stadt- [p. 460] rates 4 m, während unsererseits 5,35 m angegeben werden. Die Ursache dieser Differenz in der Anschauung liegt darin, daß der Architekt des Petenten es versäumte, die abgeänderte Eingabe A auch in Bezug auf diese Entfernung nach der im Situationsplan eingezeichneten blauen Linie zu korrigiren. Wir nötigten ihn deshalb, seinen Plan diesbezüglich zu verbessern.

Nach diesem neuesten Plan, datirt vom 28. Juli 1896, mit B bezeichnet, beträgt die angefochtene Entfernung bis zum Treppenhaus des Nachbargebäudes 5,35 m und bis zur Hausflucht 7,15 m (an Ort und Stelle gemessen).

Anläßlich des Augenscheins wurde zugegeben, daß im vorliegenden Falle nicht wol die Einhaltung der gesetzlichen Entfernung von 7 m vom Treppenhaus verlangt werden könne, da diese Maßregel als ungerechtfertigte Benachteiligung des Eigentums des Petenten zu betrachten wäre, während die Ueberbauung von Kat.-No. 777 in keiner Weise beeinträchtigt werde, sondern es genüge, den Abstand so zu gestalten, daß er von der Hausflucht aus 7 m betrage. Ueberdies sei anzunehmen, daß das daselbst stehende Gebäude kaum mehr lange stehen werde.

Nach Einsicht eines Antrages der Direktion der öffentlichen Arbeiten

beschließt der Regierungsrat:

I. Dem Gesuche des Herrn Keller-Trüb um Genehmigung seines Umbauprojektes auf Kat.-No. 776 an der Reitergasse, Zürich III, wird in Anwendung des § 149 des Baugesetzes und mit zu Grundelegen des abgeänderten Bauplanes, datirt vom 28. Juli 1896, mit B bezeichnet, entsprochen.

II. Mitteilung an den Petenten unter Rückstellung der eingereichten Akten und Pläne, an den Stadtrat Zürich und an die Direktion der öffentlichen Arbeiten unter Rückschluß der übrigen Akten.