Signatur | StAZH MM 3.101 RRB 1960/2115 |
Titel | Liegenschaften. |
Datum | 19.05.1960 |
P. | 946–947 |
[p. 946] Immer deutlicher zeigt es sich, dass der Raumbedarf für die kantonalen Mittelschulen, die Universität, das Kantonsspital und die Zentralverwaltung mit der zunehmenden Bevölkerungszahl grösser wird. Anderseits werden die in der Innenstadt von Zürich gelegenen grösseren Bauplätze immer seltener. Es muss daher jede Gelegenheit benützt werden, den Grundbesitz des Staates im Hochschulquartier und in der Umgebung des Hauptbahnhofes, namentlich in den Kreisen 6, 7 und 8 zu erweitern. Ein verhältnismässig grosses, noch im Privatbesitz befindliches Areal ist das Schindlergut im Letten, welches an die Wasserwerk-, Kornhaus-, Nord- und Kronenstrasse anstösst. Es befindet sich in einer Entfernung von nur einem Kilometer vom Hauptbahnhof und würde sich für die Erstellung eines Lehrerseminars oder einer anderen kantonalen Schule gut eignen.
Auf Anregung der Erziehungsdirektion nahm die Finanzdirektion im Februar 1958 mit den Erben der Frau Wwe. Sophie Schindler-Escher Unterhandlungen über den Ankauf des aus sechs grossem und kleinern Parzellen bestehenden Gutes auf. Wegen der Erkrankung von Architekt Moser-Schindler trat eine längere Verzögerung ein. Auch die Bereinigung des Erbschafts-Inventars und die Frage der Grundstückgewinnsteuer bildeten Hindernisse für einen baldigen Vertragsabschluss. Im Januar 1959 teilte Architekt Moser der Liegenschaftenverwaltung mit, dass sich auch die Stadt Zürich für das Gelände interessiere. Um zu verhindern, dass die Preise gegenseitig gesteigert werden und das Schindlergut in vollem Umfang in städtischen Besitz gelangt, nahm die Finanzdirektion mit dem städtischen Finanzamt Besprechungen auf. Dabei zeigte es sich, dass die Stadt einen Teil des Areals für die Erstellung einer Töchterschule und einen anderen Teil für die projektierte Expressstrasse mit Eingang zum Milchbucktunnel zu verwenden beabsichtigt und sie deshalb den Hauptanteil am ganzen Gut für sich beanspruchen möchte. Da die grösste Parzelle Kat.-Nr. 2593 zu etwa zwei Fünfteln von der projektierten Expressstrasse beansprucht wird, interessierte sich die Finanzdirektion in erster Linie für die Parzelle Kat.-Nr. 2435 zwischen der Kornhaus- und Kronenstrasse, in der Meinung, dass die Kronenstrasse aufgehoben oder verlegt werde und der Kanton noch einen Teil von der Parzelle Kat.-Nr. 2593 erhalte. Die endgültige Gebietsaufteilung zwischen Stadt und Kanton wurde offengelassen. Da für die die Expressstrasse und ihre Zufahrten grössere Flächen benötigt werden, als zu Beginn der Verhandlungen angenommen wurde, ist zunächst durch die zuständigen kantonalen Instanzen abzuklären, welche Flächen für die eigenen Bauvorhaben erforderlich sind und ob und welche Parzellen an die Stadt abgetreten werden können. Nach Anfertigung eines generellen Planes für die Ueberbauung und die Aufteilung des Areals soll die Finanzdirektion mit der Stadt weitere Verhandlungen führen. Soweit eine Landabtretung möglich ist, kann diese zu den Selbstkosten (einschliesslich Nebenkosten, Zins und Zinseszins) erfolgen.
Die weiteren Unterhandlungen mit dem Vertreter der Erbengemeinschaft Schindler, Rechtsanwalt Dr. H. Hotz, führten im Februar 1960 zu einer Verständigung über den Kaufpreis. Dieser wurde für die Gesamtfläche von 39 061,5 m2 auf Fr. 13 692 000 (200 bis 400 Fr./m2, durchschnittlich Fr. 350/m2) festgesetzt. Ausserdem soll der Kanton denjenigen Teil der Grundstückgewinnsteuer übernehmen, welcher die Summe von Fr. 1 500 000 übersteigt. Die vorläufige Abklärung der Grundstückgewinnsteuer, welche Rechtsanwalt Dr. Hotz mit dem städtischen Steueramt vornahm, ergab, dass diese Steuer, wenn sie von den Verkäuferinnen getragen wird, [p. 947] ca. Fr. 1 860 640 beträgt. Sie erhöht sich um rund 20% von Fr. 360 640 = Fr. 72 000, wenn der Käufer den Fr. 1 500 000 übersteigenden Betrag übernimmt. In diesem Fall beträgt der effektive Kaufpreis rund Fr. 14 125 000 oder Fr. 362/m2.
In der Umgebung des Letten wurden in den letzten Jahren nur wenige Käufe getätigt, sodass für die Ermittlung des Verkehrswertes von Bauland nur geringe Anhaltspunkte vorhanden sind. Im Dezember 1950 wurden in der Nähe des Schindlergutes 675 m2 Land zu Fr. 222/m2 verkauft; berücksichtigt man die seither eingetretene Preissteigerung mit nur 60% oder ca. 6% pro Jahr, so ergibt sich ein Vergleichspreis von Fr. 355/m2. Für ein anderes, näher an der Schaffhauserstrasse gelegenes Grundstück wurden Fr. 622/m2 bezahlt. Die Schätzung der städtischen Schätzungskommission vom 3. September 1959 ergab für das Schindlergut einen Verkehrswert von 12,5 bis 14, 5 Millionen Franken oder durchschnittlich 319 bis 371 Franken pro m2. Der vereinbarte Kaufpreis liegt daher innerhalb der von der Stadt angegebenen Grenze und ist angemessen.
Die am 13. Mai 1960 öffentlich beurkundeten sechs Kaufverträge enthalten im wesentlichen folgende Bestimmungen:
a) Die Kaufpreise betragen für
Kat.-Nr. | Fläche in m2 | ca. Fr./m2 | Preis total Fr. |
2593 | 22 452,7 | 356 | 8 000 000 |
2435 | 7 049,0 | 400 | 2 820 000 |
2771 | 4 928,2 | 349 | 1 720 000 |
2769 | 3 444,3 | 250 | 860 000 |
2594 | 827,1 | 266 | 220 000 |
3169 | 360,2 | 200 | 72 000 |
Total | 39 061,5 | 350 | 13 692 000 |
Die Grundstückgewinnsteuer geht bis zum Maximalbetrage von total Fr. 1500 000 zu Lasten der Verkäuferschaft. Sofern sie diese Summe übersteigt, verpflichtet sich der Käufer, den Mehrbetrag zu übernehmen.
b) Der Antritt in Rechten und Pflichten erfolgt mit Bezug auf das Land per 1. Juni 1960, mit Bezug auf die Villa Assek.-Nr. 266 per 30. September 1960.
c) Folgende in und neben der Villa befindliche Gegenstände werden nicht mitverkauft und verbleiben im Eigentum der Verkäuferinnen, welche berechtigt sind, sie ohne Ersatz an sich zu nehmen und ohne den bisherigen Zustand wieder herstellen zu müssen: 2 Steinbänke beim Brunnen, 1 Steinbank unterhalb der Mauer, 2 Brunnentröge bei der Garage, 1 Turmofen, 1 antiker Kasten, 1 Zeithäuschen, Getäfer und Türen, 1 Wappenscheibe im Treppenhaus, 1 kleiner grüner Kachelofen im Magazingebäude Assek.-Nr. 18b, Kochherde, 1 Eisschrank, einige kleinere Pflanzen oder versetzbare Bäume.
d) Gewährleistung wird wegbedungen.
e) Die Beurkundungs- und Handänderungsgebühren bezahlen die Parteien je zur Hälfte. Eine allfällige Handänderungssteuer übernimmt der Käufer. Dieser beansprucht im Sinne des Paragraphen 180 lit. a des Steuergesetzes Befreiung von dieser Steuer.
f) Der Käufer verpflichtet sich, die Villa Assek.-Nr. 266 bis zu deren Abbruch nicht für Notwohnungen und als Unterkunftsstätte für Flüchtlinge und dergleichen zu verwenden. Dagegen ist die Verwendung der Villa z. B. als Studentenheim mit Aufsicht oder für andere Zwecke, die dem Charakter der Villa angepasst sind, gestattet.
g) Das Gärtnerhaus, Assek.-Nr. 267, mit Schopf und Treibhäuschen mit Zugängen, sowie der bisher vom Gärtnerehepaar Ad. Neuweiler beworbene Gemüsegarten im Nordosten des Gärtnerhauses in der Grösse von ca. 1600 m2 bis zur Grenze gegen Kat.-Nr. 490 und 489 und längs der Kronenstrasse und dem Zugang wird der Verkäuferschaft bzw. dem Gärtnerehepaar unentgeltlich zum Gebrauch überlassen bis das Gebäude für öffentliche Zwecke abgebrochen wird. Diese Gebrauchsleihe endet bei Nichtabbruch des Gebäudes mit dem Tode des Gärtnerehepaares, spätestens jedoch Ende 1970.
h) Das Magazingebäude mit Scheune, Assek.-Nr. 18 b, mit Hof raum an der Wasserwerkstrasse 52, wird der Verkäuferschaft ebenfalls unentgeltlich zum Gebrauch überlassen, bis es vom Käufer oder der Stadt Zürich für öffentliche Zwecke abgebrochen wird. Diese Gebrauchsleihe erlischt spätestens Ende 1970.
i) Der Käufer sichert den Verkäuferinnen zu, dass bei der Planung und Verwirklichung von grösseren Bauvorhaben (Hochbauten) auf den Liegenschaften Kat.-Nr. 2593 und 2435 der Ehegatte der Verkäuferin Ziffer 3, Prof. Werner Moser-Schindler, und deren Sohn Lorenz Moser, dipl. Architekt ETH, beigezogen werden, wenn immer möglich in erster Linie durch einen direkten Projektauftrag, allenfalls durch einen solchen im beschränkten Wettbewerb mit einer kleineren Gruppe von Architekten oder in Zusammenarbeit mit solchen. Der Käufer ist gehalten, diese Verpflichtung der Stadt Zürich zu überbinden, sofern diese einen Teil der genannten Kaufsobjekte vom Käufer erwerben sollte.
k) Der bisher als zweiter Gärtner von den Verkäuferinnen angestellt gewesene Emil Vock, geboren 1901, Beckenhofstrasse 17, Zürich 6, ist berechtigt, ca. 600 m2 des Kaufsobjektes Kat.-Nr. 2769 anschliessend an die Liegenschaft Kat.-Nr. 2770 zwischen Wasserwerkstrasse und Bahngebiet mit einem kleinen Schopf unentgeltlich als Gartenland für sich zu bewerben und zu benützen, solange als der Käufer darüber nicht zu öffentlichen Zwecken verfügt, längstens jedoch bis 1. Oktober 1964.
l) Die Genehmigung der Verträge durch den Regierungsrat bleibt vorbehalten. Die Grundbuchanmeldung der Verträge hat sofort nach erfolgter Genehmigung (spätestens am 1. Juni 1960) stattzufinden.
Die Kaufsliegenschaften stellen einen Vermögenswert dar, der im Verlaufe der Jahre noch zunehmen wird. Die Grundstücke können daher als realisierbare Aktiven zu Lasten des Finanzvermögens erworben werden.
Auf Antrag der Direktionen der Finanzen, des Erziehungswesens und der öffentlichen Bauten
beschliesst der Regierungsrat:
I. Die zwischen den nachbezeichneten Personen:
1. Frau Sophie von Schulthess Rechberg geb. Schindler, geboren 1893, Ehefrau von Pfr. Georg von Schulthess Rechberg, von Zürich und Männedorf (ZH), wohnhaft Richard Wagner-Strasse 30, in Zürich 2,
2. Frau Klara Bodmer geb. Schindler, verwitwet, geboren 1894, von Zürich, wohnhaft Weid-Zumikon (ZH),
3. Frau Sylvestra Moser geb. Schindler, geboren 1895, Ehefrau des Prof. Dr. h. c. Werner Moser, Architekt, von Baden (AG), wohnhaft Forsterstrasse 72, in Zürich 7,
zu Gesamteigentum-Erbengemeinschaft, Verkäuferinnen, und dem Staat Zürich, vertreten durch Ad. Hägi, Liegenschaftenverwalter des Kantons Zürich, Käufer, am 13. Mai 1960 abgeschlossenen und öffentlich beurkundeten sechs Verträge über den Ankauf der Liegenschaften Kat.-Nrn. 2593, 2435, 2771, 2769, 2594 und 3169 an der Wasserwerkstrasse, Rousseaustrasse, Kornhausstrasse, Nordstrasse und Kronenstrasse im Letten, Zürich 6, mit einer Gesamtfläche von 39 061,5 m2 und einer Kaufpreissumme von Fr. 13 692 000 werden genehmigt.
II. Der Kaufpreis von Fr. 13 692 000 sowie der Grundstückgewinnsteuer-Anteil von ca. Fr. 433 000 (definitive Festsetzung durch die zuständigen Instanzen vorbehalten) und die übrigen Kosten gehen zu Lasten des Finanzvermögens, Konto 7101.171/173, Entbehrliche Liegenschaften.
III. Die Baudirektion wird eingeladen, in Verbindung mit den Direktionen des Erziehungswesens und der Finanzen unter Berücksichtigung der projektierten Strassen einen generellen Plan für die Ueberbauung und die Möglichkeiten der Aufteilung des Areals mit der Stadt Zürich auszuarbeiten.
IV. Mitteilung im Dispositiv I an Rechtsanwalt Dr. H. Hotz, Talacker 29, in Zürich 1, zuhanden der Verkäuferinnen (vierfach), und das Grundbuchamt Zürich-Unterstrass, sowie in extenso an die Direktionen der Finanzen, des Erziehungswesens und der öffentlichen Bauten.