Selfhtml

Staatsarchiv des Kantons Zürich

Zentrale Serien seit 1803 online:

https://www.zh.ch/staatsarchiv



SignaturStAZH MM 3.19 RRB 1905/0512
TitelBaute.
Datum30.03.1905
P.201

[p. 201] In Sachen des J. Spörri in Zürich I, Gesuchstellers, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E. Gramer in Zürich I, betreffend Baute,

hat sich ergeben:

A. Der Gesuchsteller hat einen Teil seiner Liegenschaft Kat. Nr. 226 an der Forchstraße in Zürich V an Malermeister Döbeli verpachtet. Döbeli hat nun im Sommer 1904 ohne die Bewilligung der Baupolizeibehörden eingeholt zu haben, einen hölzernen Schuppen rückwärts an den bestehenden hölzernen Schopf angebaut, dessen Abstand von den Grundstücksgrenzen 0,3 und 1,5 statt 8 m und von dem 11 m hohen Wohnhaus auf dem Grundstück nur 2,5 m statt 7,8 m beträgt.

B. Mit Verfügung vom 8. August 1904 befahl der Bauvorstand I der Stadt Zürich dem Ersteller des Schuppens, diesen zu beseitigen. Gegen diese Verfügung erhob Spörri Einsprache beim Stadtrat. Dieser wies sie jedoch mit Beschluß vom 6. Oktober 1904 ab. Er erklärte, daß die Baute als Provisorium nicht bewilligt werden könne, weil sie den im Baugesetze aufgestellten Vorschriften mit Bezug auf die Abstände nicht entspreche.

C. Mit Eingabe vom 21. November 1904 sucht nun Rechtsanwalt Dr. E. Cramer namens Spörri um Bewilligung einer Ausnahme nach. Er führt aus, Döbeli habe den Schuppen in gutem Glauben erstellt, daß er berechtigt sei, an den bestehenden hölzernen Schopf anzubauen. Die Nachbarn haben gegen die Baute nichts eingewendet. Die Bewilligung werde nicht auf Grund von § 98 des Baugesetzes, sondern auf Grund von § 149 leg. cit. nachgesucht. Die bauliche Ausnutzung des Grundstückes könne erst in absehbarer Zeit erfolgen, nämlich dann, wenn die Stadt die Baulinien der Forchstraße durchführe. Bis dahin sollte die Baute bewilligt werden.

D. Der Stadtrat beantragt Abweisung des Gesuches. Er konstatiert, daß der Schuppen 6,5 m lang, im Mittel 4 m breit und 2 bis 3,5 m hoch sei und daß er ungenügende Abstände von den Grundstücksgrenzen und von dem Wohnhause aufweise. Von einem ländlichen Charakter der Gegend könne nicht im Ernst gesprochen werden und auch die Voraussetzungen für eine provisorische Baute treffen nicht zu. Dazu komme, daß die Baute eigenmächtig erstellt worden sei. Die örtlichen Verhältnisse erfordern keine Ausnahme, es entstehen keine Verbesserungen; im Gegenteil werden die Verhältnisse durch die Baute in feuerpolizeilicher Hinsicht verschlimmert, weil man im Falle eines Brandausbruches nicht leicht zu den Schopfbauten gelangen könnte. Dadurch würde die Gefahr für die umliegenden Häuser wesentlich erhöht.

Es kommt in Betracht:

Der Regierungsrat hat immer den Standpunkt eingenommen, daß Ausnahmen bei Bauten, welche ohne Bewilligung erstellt worden sind, nicht gestattet werden können. Es liegt kein Grund vor, von dieser Praxis abzugehen. Dem Gesuch könnte aber auch aus andern Gründen nicht entsprochen werden, da in der Tat der heutige Zustand in feuerpolizeilicher Hinsicht zu Bedenken Anlaß gibt. Gemäß dem Wortlaute des § 149 ist dieser Grund für sich allein gewichtig genug, die Bewilligung unmöglich zu machen.

Nach Einsicht eines Antrages der Baudirektion

beschließt der Regierungsrat:

I. Das Gesuch wird abgewiesen.

II. Die Kosten, bestehend in einer Staatsgebühr von Fr. 10, einer Expertengebühr von Fr. 5 zu Handen der Baudirektion, sowie den Ausfertigungs- und Stempelgebühren, werden dem Gesuchsteller auferlegt.

III. Mitteilung an Rechtsanwalt Dr. E. Cramer zu Handen seines Klienten, an den Stadtrat Zürich und an die Baudirektion.