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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH MM 3.19 RRB 1905/0913
TitelViehverlust durch Seuchen.
Datum17.06.1905
P.333–335

[p. 333] In Sachen der Delegierten der Viehversicherungskreise des Bezirkes Hinwil betreffend Gesuch um Wiedererwägung des regierungsrätlichen Regulatives vom 15. Dezember 1904 betreffend das Verfahren zur Ausmittlung der Entschädigungen bei Viehverlust durch Seuchen,

hat sich ergeben:

A. § 32 des Gesetzes vom 19. Mai 1895 betreffend die obligatorische Viehversicherung und die Entschädigung für Viehverlust durch Seuchen sieht die Ausrichtung von Staatsbeiträgen vor für den Fall, als zur Bekämpfung einer Seuche das Tödten von Pferden, Rindern, Ziegen, Schafen oder Schweinen polizeilich angeordnet werde. Im Interesse einer rationelleren Seuchenbekämpfung bestimmte alsdann der Regierungsrat in dem zugehörigen Regulativ vom 22. Juli 1897 betreffend das Verfahren behufs Ausmittlung der Entschädigungen bei Viehverlust durch Seuchen, daß die in § 32 des zitierten Gesetzes vorgesehenen Entschädigungen auch dann zu verabfolgen seien, wenn Tiere an einer Seuche umgestanden sind. In § 2 des erwähnten Regulatives ist festgestellt, daß auch die an Stäbchenrotlauf und Schweineseuche umgestandenen Schweine nach Maßgabe des Gesetzes und des Regulatives zu entschädigen seien.

B. An der Herbstabgeordnetenversammlung des zürcherischen kantonalen landwirtschaftlichen Vereines vom Jahre1901 in Bülach wurde der Kantonal-Vorstand nach Anhörung eines bezüglichen Referates von Herrn Professor Dr. Zschokke in Zürich beauftragt, bei der Volkswirtschaftsdirektion um die Einführung der fakultativen Rotlaufschutzimpfung nachzusuchen. In ihrem Kreisschreiben vom 3. April 1902 an die Vorstände der landwirtschaftlichen Vereine, der Schweinezuchtgenossenschaften und der Viehversicherungskreise erklärte sich die genannte Direktion bereit, zu einer Bekämpfung der Rotlaufseuche Hand zu bieten in der Weise, daß sie den Impfstoff gratis zur Verfügung stellte und überdies die Honorierung der impfenden Tierärzte übernahm.

Die Ergebnisse der Rotlaufschutzimpfung waren im ersten Versuchsjahr so befriedigend und überzeugend, daß die Volkswirtschaftsdirektion keinen Anstand nahm, die Impfungen gegen Rotlauf auch fernerhin durch unentgeltliche Abgabe des Impfstoffes zu unterstützen.

Der Regierungsrat zog sodann bei den Regierungen der benachbarten Kantone Erkundigungen ein über die von ihnen mit der Rotlaufschutzimpfung gemachten Erfahrungen. Das Resultat dieser Enquete war folgendes:

Thurgau: Der kantonale Experte in Viehseuchensachen, Herr Nationalrat Eigenmann, wie auch andere Tierärzte des Kantons, haben seit dem Jahre 1903 die Rotlaufimpfungen sowohl als Schutz- als auch als Heilmittel angewandt und regelmäßig mit durchschlagendem Erfolge. Der Kanton Thurgau leistet an die Kosten für Beschaffung des Stoffes zur Impfung von mit Rotlauf befallenen Beständen (und einzig von solchen) einen Beitrag von 50%.

In Schwyz, Schaffhausen, St. Gallen und Zug sind bis jetzt gar keine oder nur sehr selten Impfungen mit Rotlaufserum vorgenommen worden. Von Staateswegen wird in diesen Kantonen für die Impfung nichts getan.

Aargau: Gestützt auf die günstigen Erfolge, welche in andern Kantonen mit der Schutzimpfung gegen Schweinerotlauf gemacht wurde, erließ der aargauische Sanitätsdirektor unterm 4. Juni 1903 ein Dekret, nach welchem für das Jahr 1903 versuchsweise ein Kredit von Fr. 300 zur Anschaffung und unentgeltlichen Abgabe des Impfstoffes ausgesetzt wurde, um auf diese Weise auch im Kanton Aargau die Verwendung dieses Schutzmittels in größerem Umfange zu ermöglichen. Die unentgeltliche Abgabe des Impfstoffes erfolgt nur für Impfungen solcher Schweinebestände, in denen Rotlauffälle bereits aufgetreten sind oder wo eine Gefahr der Ansteckung droht.

Luzern: Aus dem von Sanitätsrat P. Knüsel in Luzern erstatteten Berichte über die Rotlaufschutzimpfungen im Kanton Luzern in den Jahren 1901 - 1903 ist ersichtlich, daß die Impfungen der Schweine gegen Rotlauf daselbst immer mehr zur Anwendung kommen, so wurden im Jahre 1901: 1646 Schweine, 1902: 3947 Schweine und 1903: 7248 Schweine geimpft. Sub pag. 10 des Berichtes ist zu lesen: Die Impfung gesunder Schweine zum Schutze gegen Rotlauf hat sich nach übereinstimmendem Urteil sämtlicher Impftierärzte aufs beste bewährt. Die Schweine sind von der Impfung an während 5 - 6 Monaten gegen Rotlauf fast absolut geschützt. Durch Vornahme einer zweiten Kulturinjektion kann der Impfschutz zeitlich weiter ausgedehnt werden. Der Kanton Luzern übernimmt die Hälfte der Kosten für Beschaffung des Impfstoffes. Die tierärztlichen Kosten für die Ausführung der Impfung fallen gänzlich zu Lasten des Tiereigentümers.

Der von der vet.-med. Fakultät der zürcherischen Universität eingezogene Bericht stellt fest, daß die Rotlaufschutzimpfung längst aus dem Stadium des Versuches herausgetreten sei und verdiente, in unserem Kanton in intensiverer Weise angewandt zu werden. Zum Beweise für die Vorzüglichkeit der Lorenzschen Impfung gegen Schweinerotlauf wird in dem Berichte u. a. hingewiesen auf die im Königreiche Württemberg gemachten Erfahrungen. Darnach wurden geimpft:

Davon wurden

impfkrank: und nachträglich trotz Impfung, rotlaufkrank:
1896 l,4a7 Tiere 0,0% 0,0%
1897 7,178 " 0,2% 0,15%
1898 9,093 " 0,14% 0,15%
1899 12,229 " 0,0% 0,07%
1900 15,208 " 0,0% 0,04%
1901 20,789 " 0,0% 0,04%
1902 27,811 " 0,0% 0,04%

[p. 334] Auf 10,000 geimpfte Tiere kamen also bloß 4 Fälle, in denen die Impfung keinen Schutz gewährte.

C. Man erhoffte von der Entschädigung auch der umgestandenen Schweine eine wirksame Bekämpfung der Rotlaufseuche. Diese Erwartung hat sich in keiner Weise erfüllt. Die Zahl der Fälle, in welchen Schweine wegen Rotlaufs umstehen oder geschlachtet werden müssen, ist immer noch groß.

D. Mit Rücksicht auf alle diese Tatsachen beantragte die Direktion der Volkswirtschaft, in Übereinstimmung mit der ihr beigegebenen kantonalen Kommission für Landwirtschaft, eine Abänderung des Regulatives vom 22. Juli 1897 betreffend das Verfahren behufs Ausmittlung der Entschädigungen bei Viehverlust durch Seuchen in der Weise, daß ab

1. Januar 1905 keine Staatsbeiträge mehr verabreicht werden sollen an Viehverluste, die auf Stäbchenrotlauf und Schweineseuche zurückzuführen seien. Der Regierungsrat gab diesem Anträge Folge und erließ unterm 15. Dezember 1904 ein abgeändertes Regulativ, das mit 1. Januar 1905 in Wirksamkeit trat.

E. Mit schriftlicher Eingabe vom 20. April 1905 an den Regierungsrat suchen die Delegierten der Vorstände der Viehversicherungskreise des Bezirkes Hinwil darum nach, es möchte das unterm 15. Dezember 1904 erlassene Regulativ in Wiedererwägung gezogen und dahin abgeändert werden, daß Verluste durch Rotlauf und Schweineseuche wie bisanhin wieder durch die Staatskasse zu entschädigen seien.

Dieses Gesuch wird folgendermaßen begründet:

Das zürcherische Gesetz vom 19. Mai 1895 betreffend die obligatorische Viehversicherung und die Entschädigung für Viehverlust durch Seuchen bestimme in Abschnitt III, daß bei polizeilich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung von gemeingefährlichen Seuchen die Staatskasse die Eigentümer von beseitigten Tieren ganz oder teilweise zu entschädigen habe. Das zugehörige Regulativ vom 22. Juli 1897 setze ferner fest, daß diese Entschädigungen auch für an Rotlauf und Schweineseuche umgestandene Tiere auszurichten seien. Diese Bestimmung sei erlassen worden, um die Schweinebesitzer, von denen ein großer Teil sehr unbemittelte Leute seien und denen die Aufbringung der Versicherungsprämie daher doppelt schwer fallen würde, vor Schaden durch Rotlauf und Schweineseuche zu schützen. Unter dem Schutze dieses Regulatives fühlten sich die Besitzer von Schweinen ziemlich gesichert, sodaß die Schweine größtenteils nicht in die obligatorische Viehversicherung angemeldet wurden; von rund 28,800 Tieren seien im Jahre 1900 nur 6504 Stück versichert gewesen. Dieser Umstand erleichtere den Viehversicherungskreisvorständen ihre ohnehin schon schwierige Aufgabe bedeutend und bewahre die Kasse vor weiteren größeren Verwaltungskosten. Es sei anzunehmen, daß sich künftig die Aufnahme von Schweinen in die Versicherung stark mehren, die Verwaltung der Versicherungskreise erschweren und die Ausgaben vergrößern werde.

Es sei auch sehr zu befürchten, daß dann, wenn die an Schweineseuchen zu Grunde gegangenen Tiere nicht mehr von Staates wegen entschädigt werden, trotz bestehender Anzeigepflicht eine Anzahl von Seuchefällen verheimlicht und damit der Verschleppung von Seuchen Vorschub geleistet würde. Die gewissenhafte Anmeldung der Seuchenfälle sei aber erstes Erfordernis einer ersprießlichen Seuchenpolizei.

In der Begründung zu dem angefochtenen Beschlusse werde namentlich auf die günstigen Resultate der Rotlaufschutzimpfungen hingewiesen. Wenn schon diese Resultate nicht in Frage gestellt werden wollen, so sei doch zu sagen, daß die Beobachtungszeit als zu kurz erscheine, um sich ein abschließendes Urteil über die Impfungen zu bilden. Unter allen Umständen müsse darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Kosten für die allgemeine obligatorische Impfung des ganzen zürcherischen Schweinebestandes das vierfache dessen ausmachen würden, was bisher für Entschädigungen der an Rotlauf umgestandenen Tiere bezahlt worden sei. Bei fernerer unentgeltlicher Lieferung des Impfstoffes durch den Staat würde die Leistung des letzteren zirka 20,000 Franken und diejenige der Schweinebesitzer ebensoviel ausmachen. Die allgemeine Einführung der Rotlaufschutzimpfung sei daher der Kosten wegen nicht gerechtfertigt.

Als Grund, weshalb die Staatskasse auch für die Schweineseuche keine Entschädigung mehr verabreiche, werde einzig gesagt, daß diese Seuche im Kanton Zürich nicht stationärsei, sondern meistens nur an eingeführten Schweinen beobachtet werde. Wie sich aber die Schweinebesitzer vor dieser gefährlichen, ganze Bestände ruinierenden Seuche sichern können, sei nirgends erwähnt. Gerade aber diese Seuche könnte bei ihrem bösartigen Auftreten den Kassen der Viehversicherungskreise, welche im Verhältnisse zum versicherten Großvieh sehr starke Schweinebestände aufweisen, arg zusetzen.

Das vorliegende Wiedererwägungsgesuch wird im ganzen von 130 Vorständen zürcherischer Viehversicherungskreise unterstützt. Auch hat die Delegiertenversammlung des kantonalen landwirtschaftlichen Vereines am 14. Mai 1905 mit 63 gegen 26 Stimmen beschlossen, diesem Gesuche seine Unterstützung angedeihen zu lassen.

F. Die Direktion der Volkswirtschaft läßt sich hiezu folgendermaßen vernehmen:

Vor allem aus müsse festgestellt werden, daß die gesetzliche Grundlage zur Ausrichtung von Staatsbeiträgen in Fällen, wo Tiere an Seuchen umgestanden sind, fehle. § 32 des Gesetzes vom 19. Mai 1895 betreffend die obligatorische Vieh Versicherung und die Entschädigung für Viehverlust durch Seuchen sehe nur für den Fall eine staatliche Entschädigung vor, wo zur Bekämpfung einer Seuche das Töten der in Frage stehenden Tiere polizeilich angeordnet werde. Diese Voraussetzung treffe aber nicht zu, wenn Tiere an einer Seuche umgestanden seien. Wenn das regierungsrätliche Regulativ vom 22. Juli 1897 betreffend das Verfahren behufs Ausmittlung der Entschädigungen bei Viehverlust durch Seuchen in § 1 staatliche Entschädigungen auch für umgestandene Tiere vorsehe, so sei diese Ausdehnung der staatlichen Entschädigungspflicht seinerzeit nur deshalb erfolgt, weil man von ihr einen großen Einfluß auf die Bekämpfung der Seuchen erwartete. Diese Erwartung habe sich nun aber nicht erfüllt; von einer Abnahme der Rotlaufseuche könne nicht gesprochen werden.

Durch die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung sei die Ansteckungsfähigkeit des Schweinerotlaufs unzweifelhaft nachgewiesen und auch festgestellt worden, daß sich der Ansteckungsstoff jahrelang nicht nur in den Stallungen, sondern auch in der Erde keimfähig erhalten könne. Ferner habe sich ergeben, daß jedes gesunde Tier den Ansteckungsstoff in sich tragen könne und daß es nur einer äußern Einwirkung bedürfe, um denselben virulent zu machen. Die Desinfektion reiche also nicht hin, um die Krankheitserreger allüberall zu vernichten. Es sei daher zur Bekämpfung des Schweinerotlaufs ein anderes Mittel, das die Schweine gegenüber den Rotlaufinfektionen widerstandsfähig, unempfindlich mache, in den Vordergrund getreten: Die Rotlaufschutzimpfung. Überall da, wo die Impfung zum Schutze gegen Rotlauf zur Anwendung gelangt sei, habe sich gezeigt, daß sie fast absoluten Schutz gewähre. Es sei daher gewiß gerechtfertigt, wenn ein Bekämpfungsmittel des Rotlaufs, das die darauf gesetzten Erwartungen nicht erfüllt habe, aufgegeben und dafür zu einem andern und bewährten, der Rotlaufschutz- und Heilimpfung übergegangen werde. Der Staat müsse diese wissenschaftliche Errungenschaft zu Nutze ziehen, im Interesse der Staatsfinanzen und der Schweinebesitzer.

Bei diesem Anlasse müsse auch auf eine Erscheinung aufmerksam gemacht werden, welche unter der Wirksamkeit des Regulatives vom 22. Juli 1897 zu Tage getreten sei. In § 9, lit. d dieses Regulatives sei die Bestimmung enthalten gewesen, daß in den Fällen, wo das Fleisch der an Rotlauf und Schweineseuche erkrankt gewesenen Tiere ganz oder teilweise noch verwendet werden könne, eine Entschädigung des Minderwerts nicht einzutreten habe. Diese Bestimmung sei nur selten zur Anwendung gelangt, deshalb, weil die rotlaufkranken Tiere meist umgestanden seien. Es sei die Ansicht der Volkswirtschaftsdirektion, daß bei intensiver Wartung und Pflege des Schweinebestandes es wohl möglich gewesen wäre, einen größeren Teil der umgestandenen Schweine durch rechtzeitige Schlachtung der Fleischverwertung zu erhalten. Die Tendenz der Besitzer sei aber unverkennbar dahin gegangen, die erkrankten Tiere umstehen zu lassen, statt sie rechtzeitig zu schlachten, weil ihnen der Verkauf des Fleisches weniger eingebracht hätte, als die auf 80% des Wertes sich beziffernde Entschädigung des Staates. Herr Bezirkstierarzt Professor Dr. Hirzel in Zürich habe in seinem Jahresberichte pro 1900, also schon 3 Jahre nach Inkrafttreten des Regulatives diesen Übelstand gerügt und für den Fall, als sich [p. 335] derselbe im ganzen Kanton bemerkbar machen sollte, vorgeschlagen, eine Abänderung des Entschädigungsverfahrens in Erwägung zu ziehen (Jahresbericht der Direktion der Volkswirtschaft pro 1900).

Die Ausschaltung der staatlichen Entschädigung für Rotlauf und Schweineseuche bedinge für den einzelnen Landwirt keine Einbuße. Nach § 25 des Viehversicherungsgesetzes haben die Versicherungskassen für Seuchenschaden aufzukommen, welcher gesetzlich nicht nach Abschnitt III des zit. Gesetzes entschädigt werde. Die Schweinebesitzer haben in der Versicherung ein Mittel, sich gegen jeglichen Verlust von Schweinen zu schützen. Es müsse bestritten werden, daß die zu bezahlenden Versicherungsprämien als drückend empfunden werden müßten und der Schweinehaltung und Schweinezucht hindernd im Wege stehen würden. Übrigens sei darauf aufmerksam zu machen, daß sich die Schweinebesitzer nur zum kleinen Teil aus den ärmsten Klassen der Landwirte rekrutieren. An die von den Versicherungskassen zu leistenden Entschädigungen tragen auch der Kanton und der Bund mit je 20% bei, so daß von einer nennenswerten Belastung der einzelnen Kreise nicht gesprochen werden könne. Auch sei zu sagen, daß die Verwaltung der obligatorischen Viehversicherung durch die Aufnahme der Schweine nicht erschwert werde. Nichts sei einfacher als die Berechnung der Prämie für die Schweine und die Erledigung der betreffenden Schadensfälle. Aus dem Umstande, daß im Bezirk Hinwil, von welchem die Klage über die in Aussicht stehende bedeutende Erschwerung ihrer Aufgabe, über größere Verwaltungsausgaben und vermehrtes Risiko ausgehe, am 1. Dezember 1904 von rund 3000 Schweinen nur zwei Schweine in die obligatorische Viehversicherung aufgenommen waren, müsse geschlossen werden, daß man im dortigen Bezirke der Kleinviehversicherung keine große Aufmerksamkeit schenke und man froh sei, wenn kein Kleinvieh zur Versicherung angemeldet werde. Anders sei es im Bezirk Andelfingen, wo von rund 5000 Schweinen 3400 versichert seien. Es möchte wohl für die Vorstände der Viehversicherungskreise sowohl als auch für die einzelnen Schweinebesitzer äußerst angenehm sein, wenn der Staat, wie bisanhin, ohne irgendwelche direkte Gegenleistung seitens der Eigentümer das ganze Risiko für die an Seuche umgestandenen Schweine übernehmen würde; allein hiezu liege, nachdem sich der einzelne durch die Impfung seiner Tiere und außerdem durch die Versicherung derselben vor solchem Schaden bewahren könne, kein Grund mehr vor, zumal ein solcher Anspruch jeder gesetzlichen Grundlage entbehre.

Möglich sei, daß sich die Kosten einer allgemeinen Schutzimpfung der Schweine auf einen höhern Betrag belaufen würden, als bisher an Entschädigungen für umgestandene Schweine ausbezahlt worden seien; niemals aber würden sich die Gesamtkosten auf die berechneten 40,000 Franken belaufen. Diesbezüglich sei zu bemerken, daß von einem Obligatorium der Schutzimpfung keine Rede sei, daß ferner gegenwärtig Doppelserum zur Verwendung gelange, das gegenüber dem früheren Impfstoff wesentlich billiger sei und sodann, daß bei einer guten gemeindeweisen Organisation der Impfung die Kosten für den Impftierarzt und die Beschattung des Impfstoffes ganz wesentlich reduziert würden.

Es entspreche auch durchaus den Grundsätzen der Billigkeit, daß in allererster Linie derjenige für den größeren Teil der Kosten der Impfungen aufkomme, der an dieser Seuchenbekämpfung das größte Interesse habe und das sei der Schweinebesitzer.

Die Befürchtung, es könnte das Fallenlassen der staatlichen Entschädigung zur Folge haben, daß die Seuchenfälle nicht mehr so gewissenhaft angemeldet würden, könne nicht geteilt werden. Das Wesen des Rotlaufs und seine Ansteckungsfähigkeit seien jetzt so allgemein bekannt, daß der betroffene Landwirt in seinem eigensten Interesse dafür sorgen werde, daß wirksame Bekämpfungsmaßregeln eingeleitet werden. Übrigens seien ja die an Rotlauf und Schweineseuche umgestandenen versicherten Schweine bei der obligatorischen Viehversicherung anzumelden und diese Organe würden eventuell schon dafür sorgen, daß der Anzeigepflicht Nachachtung verschafft würde.

Die Schweineseuche habe für den Kanton Zürich keinen stationären Charakter; sie könne meistens nur an eingeführten Schweinen beobachtet werden. Diese Seuche habe auch weniger Bedeutung deshalb, weil das Fleisch bei rechtzeitiger Schlachtung in der Mehrzahl der Fälle noch verwertet werden könne. Strenge Absonderung der gesunden von den kranken Tieren und sukzessive Abschlachtung des ganzen Schweinebestandes seien Maßregeln, die bisher am ehesten zum Ziele führten. In neuester Zeit werden auch Impfversuche mit polyvalentem Serum zum Schutze gegen Schweineseuche vorgenommen.

Schließlich sei zu konstatieren, daß der Bund keine Bundessubventionen an Staatsbeiträge für umgestandene Schweine ausrichte; in Art. 19 und 20 des Bundesgesetzes von 1872 betreffend Maßregeln gegen Viehseuchen seien lediglich Bundesbeiträge vorgesehen in Fällen von Rinderpest und in beschränktem Maße auch in denjenigen von Lungenseuche. Auch müsse festgestellt werden, daß kein anderer Kanton der Schweiz an Rotlauf und Schweineseuche umgestandene Tiere entschädige, obwohl verschiedene derselben relativ größere Schweinebestände aufweisen, als der Kanton Zürich.

Daß sodann das Begehren der Vorstände der Viehversicherungskreise des Bezirkes Hinwil im allgemeinen bei der interessierten Bevölkerung nicht durchweg gebilligt und als gerecht empfunden werde, möge aus der Tatsache abgeleitet werden, daß von 204 Viehversicherungskreisen nur 130 dem Wiedererwägungsgesuche zugestimmt haben.

In Rücksicht auf alle diese Momente werde beantragt, an dem Regulativ vom 15. Dezember 1904 festzuhalten und auf eine Wiedererwägung desselben im Sinne der Gesuchsteller nicht einzutreten.

In Zustimmung zu den Ausführungen der Direktion der Volkswirtschaft

beschließt der Regierungsrat:

I. Auf das Gesuch der Delegierten der Viehversicherungskreise des Bezirkes Hinwil um Aufhebung des regierungsrätlichen Regulatives vom 15. Dezember 1904 betreffend das Verfahren zur Ausmittlung der Entschädigungen bei Viehverlust durch Seuchen wird nicht eingetreten.

II. Mitteilung an den Vorstand der Delegiertenversammlung der Viehversicherungskreise des Bezirkes Hinwil (Präsident: Herr Heinrich Reimann in Goßau) und an die Volkswirtschaftsdirektion.