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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH MM 3.23 RRB 1909/0093
TitelWasserrecht.
Datum14.01.1909
P.38–39

[p. 38] A. Mit Beschluß Nr. 1441 vom 18. August 1906 hat der Regierungsrat der Firma Gujer-Zeller in Zürich gestattet, auf dem linken Ufer der Limmat zwischen der Engstringerbrücke und der Mündung des Schäflibaches eine Wasserkraftanlage von rund 1000 P. S. zu erstellen. Nach Bedingung 20 dieser Bewilligung mußten die Inhaber dieses Wasserrechtes in Rücksicht auf die Prioritätserteilung bei der Staatskasse eine Kaution von Fr. 5000 hinterlegen; diese Kaution verfällt an die Staatskasse, wenn die in § 51 c) und d) des Wasserbaugesetzes vom 15. Dezember 1901 genannten Fristen nicht eingehalten werden.

B. Mit Zuschrift vom 29. Juli 1908 stellt Rechtsanwalt Dr. A. Keller in Zürich namens der Inhaber des Wasserrechtes an den Regierungsrat das Gesuch, die Anwendung des Rechtes, die Bewilligung nach § 51 c) und d) erloschen zu [p. 39] erklären, um ein Jahr zu verschieben. Als Begründung führt er an: Die dreijährige Frist zur ernstlichen Inangriffnahme des Baues werde am 18. August 1909 ablaufen; es sei den Inhabern des Wasserrechtes sehr wahrscheinlich nicht möglich, bis dahin mit dem Baue zu beginnen. Wenn der Regierungsrat dann sein Recht gebrauche, so würde die Firma nicht nur die Kaution von Fr. 5000 verlieren, sondern es wären auch alle bisherigen Ausgaben für Studien etc. unnütze. Die Firma sei nicht durch eigene Schuld in diese Lage versetzt worden, sondern durch die Geldknappheit im Jahre 1907, durch die Bestrebungen der Vereinigung des Werkes mit dem von G. Kopp (W. R. K. Nr. 33), insbesondere aber dadurch, daß ihr die Abgabe von Elektrizität an Dritte infolge der kantonalen Elektrizitätswerke verunmöglicht werde. Es bleibe ihr also nichts übrig, als ein Fabrikunternehmen zu gewinnen, das die Wasserkraft selbst verwerten kann. Hiezu reiche aber die noch verfügbare Zeit nicht mehr aus.

Die Baudirektion berichtet:

Schon im Jahre 1823 wurde den Fabrikanten Tobler & Bindschädler die Bewilligung erteilt, die Wasserkraft der Limmat oberhalb des Schäflibaches zur Betreibung einer Baumwollspinnerei zu benützen. Die Anlage wurde jedoch nicht erstellt.

Am 15. Dezember 1866 beschloß der Regierungsrat, von verschiedenen Gesuchen betreffend die Ausnutzung der Limmatwasserkraft bei Schlieren das Gesuch von Adolf Gujer im Neutal-Bäretswil vorzuziehen; dagegen mußten noch die Einsprachen erledigt werden. Am 31. Dezember 1868 ist die Einsprache des Klosters Fahr durch das Urteil des Bezirksgerichtes beseitigt worden. Trotzdem wurde die Anlage damals nicht ausgeführt.

Nachdem auch der Gemeinderat Schlieren ein Gesuch eingereicht gehabt hatte, das nicht bewilligt worden war, ließ im Jahre 1875 Tobler und im Jahre 1882 Gujer-Zeller in Verbindung mit andern je ein neues Gesuch veröffentlichen. Inzwischen wurde die betreffende Limmatstrecke korrigiert. Der Regierungsrat wies am 6. Mai 1891 die Gesuche zurück, weil sie für den neuen Zustand der Limmat nicht mehr paßten. Die Bewerber suchten alsbald hierauf um eine Wiedererwägung dieses Beschlusses nach.

Im Jahre 1893 bewarb sich auch die Stadt Zürich um die Wasserkraft. Am 31. März 1897 wies der Regierungsrat die beiden Wiedererwägungsgesuche und das Konzessionsgesuch der Stadt ab.

Hierauf ließ Gujer-Zeller die Sache vier Jahre lang ruhen und veröffentlichte erst am 19. Juli 1901 seinen neuesten Entwurf. Die Erledigung der Einsprachen dauerte bis zum 14. April 1903. Nachdem mit dem Kloster Fahr bis zum März 1906 ein dem Staate Zürich annehmbarer Vertrag abgeschlossen worden war, wurde am 18. August 1906 die jetzt geltende Bewilligung erteilt.

Zu gleicher Zelt, nämlich am 3. Oktober 1901 ließen auch E. Bauer, Baumeister, Joh. Keller, Ingenieur in Zürich und Mitbeteiligte ein Gesuch veröffentlichen, das die Ausnützung der Wasserkraft der Limmat auf derselben Strecke versah, dagegen den Kanal auf das rechte Limmatufer verlegte. Mit Beschluß Nr. 386 vom 36. Februar 1903 wurde oben erwähntem Gesuche der Firma Gujer-Zeller der Vorzug gegeben.

Aus dieser Geschichte ist ersichtlich, daß Gujer-Zeller und dessen Nachfolger im Laufe dieser 40 Jahre sich niemals ernstlich um die Ausführung dieser Wasserwerksanlage bemüht haben,

Es ist deshalb auch nicht zu erwarten, daß die Verlängerung der Frist um ein einziges Jahr von der Firma zum Baue der Anlage ausgenützt wird.

Seit der Zeit der Erteilung dieser Wasserrechtsbewilligung bis heute haben sich die Verhältnisse vollständig verändert. Damals hatte der Staat nur darauf zu achten, daß die Wasserkräfte des Landes möglichst wirtschaftlich verwendet werden. Nachdem aber der Staat in diesem Frühjahre die bestehende Limmatwasserkraftanlage in Dietikon für die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich gekauft hat, und diese nunmehr selbst elektrischen Strom an Dritte abgeben, liegt keine so große Veranlassung mehr vor wie früher, auf eine baldige Ausnutzung der betreffenden Limmatwasserkraft zu drängen. Es mag daher der Konzessionsinhaberin überlassen bleiben, ob sie die in der Konzession enthaltenen Termine einhalten kann.

Die Kaution von Fr, 5000 wurde gefordert, um eine Si cherheit hinsichtlich der baldigen Ausführung der Wasserkraftanlage zu erhalten. Dem Staate ist aber hieran nichts mehr gelegen. Er würde auch einem Privaten die Ausnutzung der betreffenden Wasserkraft gemäß dem Regierungsbeschluß Nr. 1621 vom 19. August 1908 nicht mehr neu bewilligen. Die Kaution kann daher zurückerstattet werden.

Der Regierungsrat beschließt:

I. Das Gesuch um Verlängerung der Konzession wird abgewiesen.

II. Die bei der Staatskasse hinterlegte Kaution von Fr. 5000 wird zurückerstattet.

III. Mitteilung an Rechtsanwalt Dr. A. Keller in Zürich I zu Handen der Firma Gujer-Zeller unter Bezug der Ausfertigungs- und Stempelgebühren, an die Finanzdirektion zu Handen der Staatskasse und an die Baudirektion unter Rückstellung der Akten.