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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH MM 3.26 RRB 1912/1912
TitelBaugesetz, § 149.
Datum19.09.1912
P.672–673

[p. 672] In Sachen des Ed. Hagedorn, Spengler, Marmorgasse 8, in Zürich III, Gesuchsteller betreffend Baute, § 149,

hat sich ergeben:

A. Am 12. August 1912 reichte Ed. Hagedorn das Gesuch ein, es möchte ihm auf dem Wege der Ausnahme gestattet wer- [p. 673] den, seinen auf Kat.-Nr. 5317 an der Marmorgasse Nr. 8, in Zürich III, stehenden provisorischen Schopf in seinem jetzigen Umfange noch 1 - 2 Jahre stehen oder doch in einem auf zwei Drittel der bisherigen Größe verminderten Umfange fortbestehen zu lassen. Die Beseitigung des Schuppens sei ihm von der städtischen Baupolizei angedroht worden; diese würde ihm aber großen Schaden bringen, da der Mieter kündigen würde und er dann den Kapitalzins nicht aufbringen könnte. Er sei erst seit 1. Januar 1912 Eigentümer der genannten Liegenschaft. Es ständen noch große Reparaturen am Hause bevor, die ihm bedeutende Auslagen verursachen werden.

B. Der Stadtrat Zürich führt in seiner Vernehmlassung vom 4. September 1912 aus: Das Gesuch sei nicht etwa von der städtischen Baupolizei veranlaßt worden, diese beabsichtige vielmehr, Antrag auf Beseitigung jenes eigenmächtig erstellten Schuppens zu stellen. Der Schuppen sei 8 m lang, 5,5 m und 3,5 m breit und bestehe aus fünf hölzernen Pfosten und Bretterabdeckung mit Dachpappebelag; auf der Rückseite sei er gegen die Liegenschaft Kat.-Nr. 7563 des Glasermeisters Denninger durch ein 1 m hohes Zementsteinmäuerchen abgeschlossen. Der Schopf diene einem Fuhrhalter, welcher auch das anstoßende Stallgebäude vom Gesuchsteller gemietet habe, zur Unterbringung von Wagen und sei in den gesetzlichen Mindestabstand (zwei Drittel Abstand nach § 58 des Baugesetzes) des Stallgebäudes vom 12 m hohen Wohnhaus Assekuranz-Nr. 1162 des Kaminfegers Knabenhans (Kernstraße 86) hineingestellt, an welche Gebäude er seitlich anlehne. Der Schopf könnte selbst dann polizeilich nicht genehmigt werden, wenn eine Ausnahme von § 58 bewilligt würde, weil es sich nicht um ein ländliches Baugebiet handle und eine hölzerne Baute daher überhaupt nicht zulässig sei, am wenigsten auf der Grenze der benachbarten Grundstücke. Der Schopf des Gesuchstellers stehe nicht nur auf der Grenze der Liegenschaft Denninger, sondern zum Teil sogar auf der Liegenschaft Knabenhans und entziehe dem Erdgeschoß des Hauses Knabenhans Licht. Eine Ausnahme sei weder auf Grund des § 98 noch des § 149 des Baugesetzes am Platze, weil namentlich feuerpolizeiliche Gründe dagegen sprächen. Abgesehen davon, daß der Schopf an und für sich feuergefährlich sei, überdecke er in unzulässiger Weise den Hofraum und hindere die freie Bewegung der Feuerwehr ( 65 des Baugesetzes). Auf dem anstoßenden Hofraum des Denninger, welcher sich ebenfalls erlaubt habe, an einen seinerzeit vom Gemeinderat Außersihl auf Zusehen hin bewilligten Schuppen eigenmächtig noch zwei Dächer anzubauen, sei viel Holz aufgestapelt. Dem Denninger sei zwar befohlen worden, die Dächer zu beseitigen, er habe jedoch gegen den Befehl beim Stadtrate Einsprache erhoben. Mit demselben Rechte wie der Gesuchsteller könnte auch Denninger eine Ausnahmebewilligung beanspruchen, während es höchste Zeit sei, mit diesen feuergefährlichen Baracken inmitten eines Wohnquartiers aufzuräumen. Der Stadtrat beantragt daher, dem Gesuche keine Folge zu geben.

Es kommt in Betracht:

Der Schopf ist an das zweigeschossige Stallgebäude des Petenten angebaut und steht sowohl an der hintern wie an der seitlichen Nachbargrenze, reicht sogar über letztere hinaus auf die Liegenschaft Knabenhans. Immerhin soll nach den Aussagen des Gesuchstellers hiefür eine ausdrückliche Bewilligung des Eigentümers vorliegen. Es müßten sonach für den Weiterbestand des Schopfes Ausnahmen von den Vorschriften der §§ 58 und 59 des Baugesetzes erteilt werden. Das Stallgebäude ist an einen Fuhrhalter vermietet, der unter dem beanstandeten Dache 3 - 4 Wagen unterstellt. Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, daß der Gesuchsteller durch die Beseitigung des Schopfes eine finanzielle Einbuße erleiden würde. Nun kann aber der Regierungsrat gemäß § 149 des Baugesetzes Ausnahmen nur erteilen, wenn keine feuerpolizeilichen Hindernisse im Wege stehen. Der Schopf beengt nun aber den Hof und damit im Brandfall auch die Aktion der Feuerwehr, was um so mehr in Betracht fällt, als in der östlichen Ecke des Hofes ein zweites Dach zur Unterbringung von Wagen vorhanden ist. Dazu kommt, wie der Stadtrat richtig bemerkt, daß auf dem anstoßenden Grundstück des Glasers Denninger eine Anzahl hölzerne Schuppen stehen, die selbst wieder mit Holz gefüllt sind, was die Feuersgefahr erheblich erhöht. Es kann daher im vorliegenden Falle eine Ausnahme nicht gewährt werden.

Auf Antrag der Baudirektion

beschließt der Regierungsrat:

I. Das Gesuch wird abgewiesen.

II. Die Kosten, bestehend in einer Staatsgebühr von Fr. 20, sowie in den Ausfertigungs- und Stempelgebühren, werden vom Gesuchsteller bezogen.

III. Mitteilung an den Gesuchsteller, den Stadtrat Zürich und an die Baudirektion.