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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH MM 3.29 RRB 1915/0768
TitelBaute, § 149.
Datum01.04.1915
P.264

[p. 264] In Sachen des J. Burkart, Architekt, Landoltstraße 23, in Zürich 6, Gesuchsteller, betreffend Baute, § 149,

hat sich ergeben:

A. Am 26. Juni 1914 wurde dem J. Burkart, Architekt, als Eigentümer des Grundstückes Kat.-Nr. 1976 die baupolizeiliche Bewilligung für die Erstellung eines Mehrfamilienhauses Bionstraße 10, in Zürich 6, erteilt. An der Hauptfassade waren zwei Giebelaufbauten mit einem Balkontürvorbau zwischen den Giebeln vorgesehen. Bei der Ausführung wurde aber der Vorbau zurückgesetzt, und an Stelle der Dachflächen wurden auf beiden Seiten der Türe zwischen den Balkonen Fenster angebracht. Dadurch entstand eine senkrechte Wand aus Fenstern als Abschluß des Zimmers gegen die Hauptfassade. Die Bausektion 1 verweigerte jedoch unterm 29. Januar 1915 die baupolizeiliche Genehmigung für diese Änderung, weil der Gesamtdachaufbau mehr als drei Fünftel der Fassadenlänge betragen würde (Artikel 23 der Vorschriften über die offene Bebauung).

B. Mit Eingabe vom 3. März 1915 ersucht Architekt Burkart um Erteilung einer Ausnahmebewilligung für den Fortbestand dieser Dachaufbaute. Die Änderung sei angebracht worden, damit das Zimmer mehr Licht und Luft erhalte und damit der Balkon besser benützt werden könne. Dies sei in hygienischer Hinsicht nur vorteilhaft.

C. Der Stadtrat Zürich beantragt in seiner Vernehmlassung vom 24. März 1915 die Abweisung des Gesuches. Die Breite der Dachaufbauten betrage nach der Ausführung 9,5 m statt höchstens 7,68 m bei einer Fassadenlänge von 12,8 m. Es liege hier eine dem Zweck der Verordnung widersprechende, eigenmächtige Bauausführung vor. Daß die Änderung mehr Licht und Luft für das Balkonzimmer bringe, möge an und für sich richtig sein; vom Standpunkt der Vorschriften für die offene Bebauung sei sie aber abzulehnen, weil sie dem Dachgeschoß, wenigstens aus einiger Entfernung, ein stockwerkartiges Aussehen gebe. Dazu komme, daß außer den zwei erlaubten Geschossen auch noch das Untergeschoß wie ein Erdgeschoß in Erscheinung trete. Der Gesuchsteller habe offenbar ursprünglich selbst gefunden, die beiden Giebelaufbauten entsprechen ungefähr dem, was in den Rahmen der erlaubten Aufbauten passe und dem Charakter der zweiten Zone der offenen Bebauung entspreche, indem er für die Mittelpartie die Gestaltung als Dachgeschoß beibehielt. Erst durch den Mieter solle er auf die Idee gekommen sein, vom genehmigten Plan abzuweichen. Es gehe nicht an, die Baupolizeibehörde einfach vor die vollendete Tatsache zu stellen, um willkürliche Planabänderungen nachträglich genehmigt zu erhalten. Der Stadtrat Zürich befürchtet ferner, dieses Beispiel würde Nachahmer finden, da auch andere Bauherren an einer solchen stockwerkartigen Ausgestaltung des Dachgeschosses Gefallen finden könnten.

Es kommt in Betracht:

Der Augenschein hat gezeigt, daß in der Tat das Dachgeschoß das Aussehen eines vollen Stockwerkes besitzt. Dies widerspricht jedoch dem Sinn und Willen der Bauordnung. Auch sind die Befürchtungen des Stadtrates Zürich, daß dieses Beispiel leicht Nachahmer finden würde, vollständig begründet. Richtig ist allerdings, daß das hinter dem Balkon liegende Zimmer bei der größeren Fensterzahl mehr Licht und Luft erhalten und daß der Balkon größer würde. Es bedeuten diese Vorteile jedoch mehr Annehmlichkeiten für die Bewohner; durch die örtlichen Verhältnisse erscheinen sie nicht begründet, dies um so weniger, als es leicht möglich gewesen wäre, dem Balkonzimmer durch Verschmälerung der Giebelaufbauten eine größere Fensterfläche zu sichern. Dem Ausnahmegesuch kann daher nicht entsprochen werden. Die Kosten der Umänderung hätten bei rechtzeitiger Planvorlage erspart werden können.

Auf Antrag der Baudirektion

beschließt der Regierungsrat:

I. Das Ausnahmegesuch des J. Burkart wird abgewiesen.

II. Die Kosten, bestehend in einer Staatsgebühr von Fr. 15, sowie in den Ausfertigungs- und Stempelgebühren, werden dem Gesuchsteller auferlegt.

III. Mitteilung an J. Burkart, Landoltstraße 23, in Zürich 6, an den Stadtrat Zürich und an die Baudirektion.