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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH MM 3.29 RRB 1915/1551
TitelKonkubinat.
Datum15.07.1915
P.530–531

[p. 530] A. Namens Abraham Gablinger, Handelsmann, geboren 1870, und Schewa Dank, geboren 1871, beide von Ustrzyki, Galizien, und wohnhaft Badenerstraße 266, in Zürich 4, stellt Rechtsanwalt Dr. Marthaler, in Zürich 4, mit Eingabe vom 1. Juli 1915 beim Statthalteramt Zürich das Gesuch, es möchte die den Konkumbenten gewährte Frist zur Trennung oder Verehelichung bis 31. Dezember 1915 erstreckt werden, da es ihnen wegen der in Galizien sich abspielenden Kriegsereignisse noch nicht möglich gewesen sei, die zur Eheschließung erforderlichen Papiere zu erhalten.

B. Das Statthalteramt Zürich überweist die Eingabe ohne Antrag an die Polizeidirektion, bemerkt aber dazu, daß der Polizeivorstand der Stadt Zürich gegen die allfällige Verlängerung der Frist keine Einwendungen erhebe.

Es kommt in Betracht:

Die Konkumbenten führen schon seit vielen Jahren gemeinsamen Haushalt und es sind aus dieser Lebensgemeinschaft 7 Kinder hervorgegangen; sie hätten also bei gutem Willen schon vor langer Zeit den gesetzlichen Erfordernissen zur Eheschließung nachleben können. Daß das Fristerstreckungsgesuch erst nach Ablauf der gewährten Frist gestellt wird, beweist, daß die Konkumbenten offenbar sich nicht bemüht haben, der Auflage nachzukommen; sie versuchen denn auch nicht einmal, den Nachweis dafür zu liefern, daß wirklich Schritte zur Erhältlichmachung der erforderlichen Papiere getan worden sind. Nach [p. 531]

§ 123 des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch ist das Konkubinat ausdrücklich verboten. Der Regierungsrat kann und darf sich nicht dem durch die Volksentscheidung zum Ausdruck gekommenen Willen, der die Duldung des Konkubinates verpönt, durch Gewährung längerer Fristen in Widerspruch setzen. Im Verhalten der Gesuchsteller kommt durchaus nicht der bestimmte Wille, den gesetzlichen Vorschriften des Aufenthaltsstaates nachzuleben, zum Ausdruck. Es bleibt unter den obwaltenden Umständen also nur übrig, das Konkubinat aufzulösen und die Konkumbenten zu trennen, bis es ihnen möglich sein wird, die gesetzlichen Erfordernisse zur Eheschließung zu erfüllen. Die Trennung verhindert die Konkumbenten durchaus nicht, ihren Pflichten gegenüber den Kindern richtig nachzukommen. Wenn die Gesuchsteller einsehen müssen, daß ihnen gegenüber der Ernst der Gesetze nachdrücklich geltend gemacht wird, werden sie sich auch ernstlich bemühen, ihre Verhältnisse gesetzmäßig zu regeln.

Nach Einsicht eines Antrages der Polizeidirektion

beschließt der Regierungsrat:

I. Das Fristerstreckungsgesuch des Rechtsanwalt Dr. Marthaler in Sachen der Konkumbenten Abraham Gablinger und Schewa Dank wird abgewiesen.

II. Mitteilung an: a) Rechtsanwalt Dr. Marthaler in Zürich 4, unter Bezug von Fr. 5 Staats-, sowie der Ausfertigungs- und Stempelgebühren, b) das Statthalteramt Zürich unter Aktenrückschluß, c) den Polizeivorstand der Stadt Zürich.