Signatur | StAZH MM 3.35 RRB 1921/3413 |
Titel | Arbeitslosenfürsorge. |
Datum | 12.11.1921 |
P. | 1100–1101 |
[p. 1100] Auf Antrag der Volkswirtschaftsdirektion
beschließt der Regierungsrat:
I. Schreiben an den Bundesrat:
Mit Eingabe vom 11. November 1921 stellt der Vorstand des Gesundheitsamtes der Stadt Zürich das Gesuch um Einholung der bundesrätlichen Genehmigung für die vom Großen Stadtrat Zürich in der Sitzung vom 9. November 1921 beschlossenen Herbst- und Winterzulagen, welche über die Ansätze von Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 21. Oktober 1921 hinausgehen. Der Beschluß des Großen Stadtrates hat folgenden Wortlaut:
1. Die Stadt Zürich richtet an die Arbeitslosen folgende einmalige Herbst- und Winterzulage (ordentliche Herbstzulage) [p. 1101] gemäß den Bestimmungen und in den Höchstbeträgen des Bundesbeschlusses vom 21. Oktober 1921 aus:
a) | An Arbeitslose ohne gesetzliche Unterstützungspflicht | Fr. | 40.- |
b) | An Arbeitslose mit gesetzlicher Unterstützungspflicht | ||
gegenüber 1 Person | “ | 70.- | |
gegenüber 2 Personen | “ | 90.- | |
gegenüber 3 Personen | “ | 100.- | |
gegenüber 4 Personen | “ | 110.- | |
gegenüber 5 und mehr Personen | “ | 120.- |
2. Außerdem werden folgende Zuschüsse hiezu ausgerichtet:
a) | An Arbeitslose ohne gesetzliche Unterstützungspflicht | Fr. | 20.- |
b) | An Arbeitslose mit gesetzlicher Unterstützungspflicht | ||
gegenüber 1 Person | Fr. | 20.- | |
gegenüber 2 Personen | “ | 25.- | |
gegenüber 3 Personen | “ | 40.- | |
gegenüber 4 Personen | “ | 55.- | |
gegenüber 5 und mehr Personen | “ | 55.- |
3. Alle Arbeitslose, die seit dem 1. Juli 1921 mindestens 60 Tage, aber weniger als 90 Tage Unterstützung bezogen haben, erhalten folgende städtische Zulage:
a) | Arbeitslose ohne gesetzliche Unterstützungspflicht | Fr. | 20.- |
b) | Arbeitslose mit gesetzlicher Unterstützungspflicht | ||
gegenüber 1 Person | “ | 35.- | |
gegenüber 2 Personen | “ | 45.- | |
gegenüber 3 Personen | “ | 50.- | |
gegenüber 4 Personen | “ | 55.- | |
gegenüber 5 und mehr Personen | “ | 60.- |
Kann ein unterstützter Arbeitsloser den Nachweis leisten, daß er nach Übernahme einer Arbeit nicht mehr verdient, als die vorher bezogene Unterstützung ausmachte, so hat der Betreffende ebenfalls Anspruch auf diese Zulage.
4. Eine städtische Zulage wird auch ausbezahlt in der Höhe der in Ziffer 1 beziehungsweise 3 genannten Beträge an gänzlich Arbeitslose, die durch eine Erhöhung der Notstandsgrenze um 25% unterstützungsberechtigt würden.
5. Die außerordentlichen Familienzulagen, welche an Arbeitslose gemäß Beschluß des Großen Stadtrates vom 1. Juni ausgerichtet wurden, dürfen bei diesen Zulagen nicht in Anrechnung gebracht werden; dagegen dürfen die Unterstützungstage, für die eine außerordentliche Herbstzulage ausgerichtet wird, bei der einmaligen Familienzulage nicht mehr angerechnet werden.
6. Außerdem wird dem Stadtrat zur Unterstützung Arbeitsloser, die keine Herbstzulage erhalten, aber einer Unterstützung trotzdem besonders bedürftig sind, ein Kredit von Fr. 5000 bewilligt.
7. Die ordentlichen und außerordentlichen Zulagen werden in der Regel in bar, auf Wunsch des Bezügers in natura, ausgerichtet.
8. Für die Gesamtausgaben zur Ausrichtung der ordentlichen und außerordentlichen Herbstzulagen, soweit sie zu Lasten der Stadt fallen, wird ein Kredit von Fr. 200,000 auf Ausgabetitel F. VII. C. 3. b gewährt.
9. Die Beschlüsse unter Ziffer 1 bis 8 werden als dringlich erklärt und von der Zustimmung des Stadtrates zur Dringlicherklärung wird Vormerk genommen.
Mit Rücksicht auf die Intensität der Arbeitslosigkeit und die teure Lebenshaltung in der Stadt Zürich sowie die Übernahme namhafter Mehrkosten durch die Stadt beantragen wir Ihnen, dem vorliegenden Beschluß des Großen Stadtrates die in Artikel 5 des Bundesbeschlusses vom 21. Oktober 1921 vorgesehene Genehmigung zu erteilen, jedoch unter folgendem Vorbehalt: Die Bundes- und Kantonsbeiträge werden nur ausgerichtet, sofern Ziffer 6 des Beschlusses fallen gelassen wird. Diese Ziffer lautete in der ursprünglichen Fassung der Kommission: «Außerdem wird dem Stadtrat zur Unterstützung Arbeitsloser, die wegen sogenanntem Selbstverschulden von der Unterstützung abgewiesen werden, ein Kredit von Fr. 5000 bewilligt.» Unseres Erachtens handelt es sich auch bei der neuen Fassung um eine Umgehung des Bundesbeschlusses vom 21. Oktober 1921, welcher verlangt, daß die Herbstzulage nur an unverschuldet Arbeitslose ausgerichtet werden darf, und für die Frage, ob die betreffenden Arbeitslosen trotz ihres Verschuldens die Zulage erhalten sollen, ausdrücklich auf Artikel 11 des Bundesratsbeschlusses vom 29. Oktober 1919 verweist.
II. Mitteilung an die Volkswirtschaftsdirektion.