Signatur | StAZH MM 3.40 RRB 1926/0001 |
Titel | Gemeindewesen. |
Datum | 02.01.1926 |
P. | 3 |
[p. 3]
[Präsidialverfügung]
Nach Einsicht eines Antrages der Direktion des Innern
beschließt der Regierungsrat:
I. Zuschrift an das Bundesgericht in doppelter Ausfertigung:
«Im Prozeß Nr. 537 in Sachen des Jakob Ernst-Birch und Mitunterzeichner, Rekurrenten gegen einen Beschluß des Regierungsrates Zürich vom 24. September 1925 betreffend Festsetzung des Voranschlages des Elektrizitätswerkes Küsnacht b. Zch., reichen wir innert der uns durch Verfügung des Instruktionsrichters vom 14. Dezember 1925 angesetzten Frist die Rekursbeantwortung des Gemeinderates Küsnacht, sowie die Prozeßakten ein. Wir beantragen Ihnen mit dem Gemeinderat Küsnacht Abweisung des Rekurses, verweisen auf die Begründung des angefochtenen Entscheides und begnügen uns mit folgenden Gegenbemerkungen:
1. Seite 6 und 7. Die Frage, ob die Nachtragseingabe vom 29. Mai 1925 innerhalb der gesetzlichen Rekursfrist eingereicht worden sei, ist ohne große Bedeutung, weil sie sachlich nichts enthält, was für die Entscheidung des Rekurses ausschlaggebend wäre. Im übrigen ist unbestritten, daß die Zustellung des bezirksrätlichen Entscheides an den Erstunterzeichner für sich und zu Handen der Mitunterzeichner am 14. Mai erfolgte. Damit gab der Bezirksrat klar und deutlich zu erkennen, daß er den Erstunterzeichner als Zustellungsbevollmächtigten ansehe. Die Rekursfrist begann daher auch von diesem Tage an zu laufen, da andernfalls die Frist vollständig ins Belieben der Rekurrenten gestellt wäre. Daß in derartigen Fällen die Zustellung in nur einem Exemplar an einen der Mitunterzeichner erfolgt, ist allgemein üblich und liegt ausschließlich im Interesse der Rekurrenten selbst, denen dadurch bedeutende Ausfertigungskosten erspart bleiben.
2. Seite 8 - 15. Die Ausführungen der Rekurrenten über den Rechtscharakter der Leistungen der Abonnenten für die Lieferung des elektrischen Stroms durch das Gemeindewerk sind in unserem Entscheide vom 24. September 1925 gewürdigt, Etwas wesentlich neues können wir in der Rekursschrift nicht finden. Wir verzichten daher auf weitere rechtliche Ausführungen und fügen lediglich bei, daß sich der Vertreter der Rekurrenten mit seiner grundsätzlichen Bestreitung der Zulässigkeit von Reinerträgen gewerblicher Gemeindebetriebe vollständig über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegsetzt. Solche Reingewinne sind in ordentlich verwalteten Staats- und Gemeindebetrieben die Regel und bilden namentlich in den Gemeinden eine wesentliche Stütze der Gemeindefinanzen. Wir legen den Akten eine Weisung des Stadtrates Zürich an den Großen Stadtrat vom 17. Dezember 1924 über die Taxen der Werke bei, die hierüber reichhaltiges Vergleichsmaterial enthält. Es ergibt sich daraus, daß Küsnacht mit seinem in Aussicht genommenen Reingewinn wesentlich unter dem Durchschnitt bleibt, wenn darauf, entgegen unserer Auffassung, Gewicht gelegt werden wollte.
3. Seite 16 - 24. Die Anfechtung der Abstufung des Gebührentarifs wegen Verletzung von Billigkeitsrücksichten und Artikel 4 der Bundesverfassung erfolgt durch Berechnungen über das Verhältnis des Motorenstrompreises zum Koch-, Heiz- und Lichtstrom; dagegen machen die Rekurrenten keinen Versuch, die vom Gemeinderat dargelegten Gründe dieser Preisunterschiede zu widerlegen. Die Rekurrenten verkennen auch hier wiederum die Grenzen, welche durch die Gemeindeautonomie dem regierungsrätlichen Entscheidungsrecht gesteckt sind. Materiell sind ihre Berechnungen deswegen irreführend, weil die Grundtaxen für Motorenbetrieb nicht einfach als Gegenleistung für den laufenden Strombezug betrachtet werden dürfen, sondern weil darin eine Gegenleistung für die festen besonderen Anlagekosten erblickt werden muß. Vergleiche auch Artikel Elektrizitätstarife im Handwörterbuch der Kommunalwissenschaften Band I, S. 606 und ff.
Festzustellen ist endlich, daß die Rekursschrift wiederum nicht behauptet, daß die Gebühren für Motorenbesitzer und für Lichtstromhochtarif absolut gerechnet, oder in Vergleich mit den Tarifen anderer Werke, übersetzt seien. Damit dürfte auch die Beschwerde wegen Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit ohne weiteres erledigt sein.
4. Seite 24 - 26. Auf die Rüge der Verweigerung des rechtlichen Gehörs treten wir nicht näher ein. Das zürcherische Recht enthält keine Vorschriften über das Verfahren bei Expertisen im Verwaltungsprozeß. Ein Recht, über die Expertenwahl gehört zu werden, besteht nicht. Ebensogut wie die Rekurrenten die Zivilprozeßordnung anrufen, könnte die einschlägige Bestimmung der Strafprozeßordnung im Verwaltungsprozeß analog angewendet werden, die ein förmliches Ablehnungsverfahren nicht vorsieht (§ 110). Ein Grund zur Anfechtung wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs könnte höchstens dann vorliegen. wenn die Rekurrenten gegen die Person des Sachverständigen oder gegen die Art der Fragestellung sachliche Einwendungen erheben könnten. Das ist weder bisher noch im staatsrechtlichen Rekurs geschehen. Angefochten wird lediglich das Ergebnis der Expertise mit Gründen, die nach der im Rekursentscheid begründeten Auffassung des Regierungsrates nicht stichhaltig sind.»
II. Mitteilung an die Direktion des Innern.