Signatur | StAZH MM 3.40 RRB 1926/1164 |
Titel | Vormundschaft und Niederlassungsentzug. |
Datum | 04.06.1926 |
P. | 417–418 |
[p. 417]
[Präsidialverfügung]
Nach Einsicht eines Antrages der Justizdirektion
beschließt der Regierungsrat
auf dem Zirkulationswege:
I. Gegen Eduard Schait, geboren am 2. Januar 1874, von Kressibuch, Kanton Thurgau, Knecht, zuletzt wohnhaft gewesen Badenerstraße 47, bei Joho, in Altstetten, gegenwärtig im Bezirksgefängnis Zürich im Polizeiverhaft, wird wegen gemeingefährlicher Geisteskrankheit die Heimschaffung zum Zwecke der Bevormundung und der Versorgung in einer Irrenanstalt seines Heimatkantons angeordnet.
II. Dem Eduard Schait wird die Niederlassung im Kanton Zürich entzogen und das Wiederbetreten des letztern ohne Bewilligung der Justizdirektion untersagt unter der Androhung, daß er bei Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot sofort polizeilich wieder heimgeschafft würde.
III. An den Regierungsrat des Kantons Thurgau ist zu schreiben:
Euer Kantonsbürger Eduard Schait, geboren am 2. Januar 1874, von Kressibuch, Knecht, ledig, zuletzt wohnhaft gewesen in Altstetten b. Zch., gegenwärtig im Bezirksgefängnis Zürich im Polizeiverhaft, hat zugestandenermaßen am späten Abend des 16. April 1926 in Altstetten eine Scheune vorsätzlich angezündet, sodaß diese beinahe vollständig niederbrannte und ein Gebäudeschaden von Fr. 16,800 und ein Mobiliarschaden in höherem Betrage entstand. Unsere Staatsanwaltschaft stellte jedoch das gegen Schait eingeleitete Strafverfahren mit Verfügung vom 2. Juni 1926 ein, weil ein Gutachten der kantonalen Irrenheilanstalt Burghölzli vom 27. Mai 1926 erklärt, daß Schait auf der Basis einer angeborenen Debilität an einer antistischen Psychopathie mit periodisch endogenen Verstimmungen und Triebhandlungen leide, und demzufolge für die begangene Tat unzurechnungsfähig sei. Das Gutachten kommt zum Schlusse, daß die Geistesstörungen des Schait voraussichtlich unheilbar seien, und daß dieser daher in einer geschlossenen Irrenanstalt interniert werden müsse.
Nach den Akten ist Schait am 21. September 1918 durch die Kriminalkammer des Kantons Thurgau ebenfalls wegen vorsätzlicher Brandstiftung, begangen im Zustande verminderter Zurechnungsfähigkeit, mit einem Jahr Arbeitshaus, und am 12. September 1925 durch das nämliche Gericht wegen gefährlichen Diebstahls mit 4 Monaten Arbeitshaus bestraft worden.
In Anbetracht der erwiesenen Gemeingefährlichkeit des Eduard Schait und der von ihm in unserem Kanton verübten deliktischen Handlung, die, von einem geistig Gesunden begangen, als Verbrechen hätte bestraft werden müssen, haben wir beschlossen, dem Schait das Recht der Niederlassung im Kanton Zürich zu entziehen und ihm das Wiederbetreten des letztern ohne Bewilligung unserer Justizdirektion zu verbieten unter der Androhung, daß er bei Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot sofort polizeilich wieder heimgeschafft würde. Wir lassen Schait nächster Tage Euerem Polizeikommando zuführen und ersuchen Euch dringend, die Entmündigung des Geisteskranken im Sinne des Artikels 369 des Zivilgesetzbuches und seine sofortige dauernde Internierung in einer geschlossenen Irrenanstalt seines Heimatkantons zu veranlassen.
Die mitfolgenden Akten Prozedur-Nr. 385/1926 unserer Staatsanwaltschaft erbitten wir uns nach Einsichtnahme zurück.
IV. Mitteilung an: a) Die Justizdirektion zum Vollzug, b) die Direktion des Armenwesens mit der Einladung, der Verwal- [p. 418] tung des Bezirksgefängnisses Zürich für den Polizeiverhaft des Schait vom Datum der Sistierungsverfügung der Staatsanwaltschaft (2. Juni 1926) an bis zum Vollzug der Heimschaffung Kostengutspräche zu leisten, c) die Verwaltung des Bezirksgefängnisses Zürich, d) die Staatsanwaltschaft.