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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH MM 3.44 RRB 1930/0878
TitelBegnadigung.
Datum25.04.1930
P.326

[p. 326] Mit Eingabe an den Regierungsrat vom 16. April 1930 stellt Emil Rüdlinger-Gloor, zurzeit im Bezirksgefängnis Horgen in Haft, das Gesuch, es möchte ihm die Hälfte seiner Strafe «geschenkt» werden.

Der Petent Emil Rüdlinger, von Krummenau, Kanton St. Gallen, geboren am 15. Mai 1904, Handlanger, 3 Mal gerichtlich vorbestraft, wurde am 30. August 1929 durch das Bezirksgericht Horgen wegen wiederholten einfachen und wiederholten ausgezeichneten Diebstahls zu einem Monat Gefängnis verurteilt. Seine Zuschrift ist formell als Begnadigungsgesuch zu behandeln. Die achtwöchige Frist, innert der nach § 488, Absatz 1, der Strafprozeßordnung ein derartiges Gesuch gestellt werden kann, ist bereits am 30. Oktober 1929 abgelaufen. Auf die vorliegende Eingabe kann somit schon wegen verspäteter Einreichung und ferner deshalb nicht eingetreten werden, weil gemäß § 487, Ziffer 2, leg. cit. Gefängnisstrafen nur dann im Begnadigungswege erlassen oder herabgesetzt werden können, wenn der urteilende Richter durch die besondern Bestimmungen des Strafgesetzbuches über die einzelnen Verbrechen und Vergehen an ein Mindestmaß der Gefängnisstrafe gebunden war. Dies traf hier nicht zu, da das Strafgesetzbuch in seinen §§ 170 und 171 für die Delikte des einfachen und des ausgezeichneten Diebstahls ein besonderes, über das im allgemeinen Teil § 9 vorgesehene hinausgehendes Minimum der Gefängnisstrafe nicht androht.

Nach Einsicht eines Antrages der Justizdirektion

beschließt der Regierungsrat:

I. Auf das Begnadigungsgesuch wird nicht eingetreten.

II. Mitteilung an: a) Die Verwaltung des Bezirksgefängnisses Horgen zu Handen des Emil Rüdlinger; b) die Bezirksanwaltschaft Horgen; c) die Justizdirektion.