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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH MM 3.44 RRB 1930/0912
TitelBaute, § 149.
Datum25.04.1930
P.338–339

[p. 338] In Sachen der Stadtgemeinde Zürich, Gesuchstellerin, betreffend Baute, § 149,

hat sich ergeben:

A. Mit Beschluß Nr. 415 vom 21./28. Februar 1930 erteilte die Bausektion I des Stadtrates Zürich der Stadtgemeinde Zürich die baupolizeiliche Bewilligung für einen Um- und Anbau an das Umformerstationsgebäude Selnaustraße 25 auf dem Grundstück Kat.-Nr. 1286, in Zürich 1. Sie knüpfte jedoch daran u. a. den Vorbehalt, daß der Regierungsrat für die Überstellung der Baulinie, den ungenügenden Abstand vom öffentlichen Gewässer, die Abweichung von der Parallelstellung der Anbaute zur Baulinie der Selnaustraße, die Überschreitung der zulässigen Bauhöhe der Treppenhausaufbaute um 1,00 m und endlich noch für das Hineinragen des Vordaches in den Mindestabstand vom Gebäude Vers.-Nr. 572 Ausnahmebewilligungen gewähre.

B. Die Bausektion I des Stadtrates Zürich empfiehlt in ihrer ausführlichen Vernehmlassung vom 21./28. März 1930 die Gutheißung sämtlicher Begehren.

Es kommt in Betracht:

1. Über den Umfang der projektierten Um- und Anbaute spricht sich die Bausektion I des Stadtrates Zürich wie folgt aus: «Durch die vorgesehenen baulichen Maßnahmen wird eine dringend erforderliche Vergrößerung und Modernisierung der Umformerstation erreicht. Im heutigen Gebäude Vers.-Nr. 1218 befindet sich die Maschinenhalle mit 3 Umformergruppen und in 5 Geschossen sind die Akkumulatorenbatterien aufgestellt. Die letzteren verbleiben in dem umzubauenden Gebäude. Das oberste Geschoß wird voll ausgebaut. Auf der Ostseite werden aus der jetzigen Maschinenhalle 4 Transformatorenräume und im Erdgeschoß Schalterräume eingerichtet. Im Obergeschoß sollen Sammelschienenräume und im Erdgeschoß noch eine Nebentransformatorenstation geschaffen werden. Im Neubau sollen an Stelle der 3 Beleuchtungsformer, die in der alten Halle untergebracht waren, vier neue Beleuchtungsumformergruppen und zwei Gleichrichter für die Straßenbahn erstellt werden. Im Vorbau gegen die Selnaustraße befinden sich die Verbindungen mit den Schaltern im Untergeschoß. Das Untergeschoß im Neubau enthält weiter die Transformatoren zur Gleichrichteranlage nebst den erforderlichen Kühlaggregaten. Im Turm befinden sich einige kleinere Räume für die Lagerung von Materialien. Im obersten Turmgeschoß sind die Liftmaschinen und das Wasserreservoir für die Gleichrichteranlage vorgesehen. Über der Maschinenhalle soll ein neuer Batterieraum erstellt werden.»

2. Die Gesuchstellerin beabsichtigt, die westliche Baulinie der Selnaustraße auf einer Strecke von 5,0 m um höchstens 0,60 m mit einem erdgeschoßhohen Vorbau zu überstellen. Zur Begründung dieser Abweichung läßt sich die Bausektion I des Stadtrates Zürich folgendermaßen vernehmen: «Diese Disposition des Baues hat sich deshalb ergeben, weil der gedrängte Bauplatz bei Weglassung des Vorbaues in der Maschinenhalle äußerst knappe Raumverhältnisse bedingt hätte und die bezüg- [p. 339] lichen Vorschriften des eidg. Starkstrominspektorates nur noch zur Not hätten eingehalten werden können. Die Halle selbst sollte 14 m breit sein; nur mit Rücksicht auf die gegen die Selnaustraße hin disponierte Schaltanlage für den Trambetrieb konnte sie auf 13 m reduziert werden. Diese Schaltanlage belegt die ganze Seite der Maschinenhalle gegen die Selnaustraße zwischen 5 Feldern der Eisenkonstruktion. Der Raum hinter der Schaltanlage kann nicht mehr enger gehalten werden. Ferner bedingt die Länge des Raumes eine zweite Türe gegen die südliche Seite zum Schutz des Personals. Wie sehr der Platz ausgenutzt werden muß, geht auch aus der Anlage im Souterrain hervor, die in die Länge gezogen werden mußte, um plaziert werden zu können. Die ganze elektrische Anlage konnte vorschriftsgemäß nur bei äußerster Ausnützung der zur Verfügung stehenden Fläche im Neubau untergebracht werden; die Überstellung der Baulinie um 60 cm konnte nicht vermieden werden.» Gegen die Bewilligung dieser wohlbegründeten Ausnahme erheben sich keine wesentlichen Bedenken. Trotz der Baulinienüberstellung ist das Trottoir an der schmälsten Stelle noch 1,70 m breit, d. h. um 0,20 m breiter als vor dem nördlich gelegenen Hause Vers.-Nr. 572. Die städtische Baubehörde weist übrigens darauf hin, daß in absehbarer Zeit eine Verlegung der Selnaustraße und somit auch eine Abänderung der Baulinien erfolgen werde und daß dannzumal die jetzige Überstellung dahinfallen dürfte.

3. Es erscheint als gegeben, daß die Baute parallel zum Sihlufer erstellt wird. Da jedoch die Selnaustraße nicht parallel zur Sihl verläuft, sondern in südlicher Richtung gegen das Ufer hin abbiegt, ergibt sich eine schiefe Stellung der Baute zur Baulinie. Mit der künftigen Anordnung der Straßenverhältnisse dürfte auch diese Abweichung wesentlich an Bedeutung verlieren.

4. Zu der Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe von 20,0 m durch den Treppenhausaufbau um 1,00 m bemerkt die Bausektion I des Stadtrates Zürich: «Soll der Turm als solcher in architektonisch wirksamer Weise in Erscheinung treten, so ist eine Höhe von 21,0 m gegenüber einer Dachfirsthöhe von 18,5 m notwendig. Es ist nicht zu befürchten, daß die Überschreitung der zulässigen Bauhöhe den Nachbarliegenschaften Licht und Luft entziehe. Auf der einen Seite befindet sich die Selnaustraße, auf der andern der Sihlfluß; gegen die Stauffacherbrücke ist eine nennenswerte bauliche Ausnutzung nicht mehr möglich.» Auch in dieser Hinsicht rechtfertigt sich also die Erteilung einer Ausnahmebewilligung.

5. Die Erstellung eines 3 m breiten Vordaches auf der Nordseite des umzubauenden Gebäudes Vers.-Nr. 1218 wird von der Gesuchstellerin als technisch notwendig bezeichnet, weil die Revision der Transformatoren zufolge der eingeschränkten Raumverhältnisse im Innern außerhalb der Baute und zwar eben unter diesem Vordach vorgenommen werden müsse. Die besondere Zweckbestimmung dieser Aidage, welche 3,00 m tief in den nur 7,00 m betragenden Mindestabstand vom Gebäude Vers.-Nr. 572 hineinragt, läßt eine Ausnahmebewilligung als angebracht erscheinen, wenn auch nicht zu verhehlen ist, daß die beidseitigen Vordächer - auch das Haus Vers.-Nr. 572 besitzt nämlich ein Vordach mit 3,5 m Breite - keine günstige Hofgestaltung ergeben.

6. Da die kantonale Baudirektion für das Stellen der Baute direkt an das Flußufer noch keine Bewilligung erteilt hat, können die vorgenannten Ausnahmebewilligungen nur unter der Bedingung erteilt werden, daß das Projekt auch vom wasserbaupolizeilichen Standpunkt aus - gemäß § 68 des Wasserbaugesetzes - genehmigt wird.

7. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß der Aufenthaltsraum für Arbeiter im Erdgeschoß des Turmes eine Grundfläche von mindestens 6 m2 erhalten muß.

Auf Antrag der Baudirektion

beschließt der Regierungsrat:

I. Der Stadtgemeinde Zürich werden auf Grund der vorgelegten Pläne und gemäß der von der Bausektion I des Stadtrates Zürich mit Beschluß Nr. 415 vom 21./28. Februar 1930 erteilten baupolizeilichen Bewilligung, gestützt auf § 149 des Baugesetzes, für den Um- und Anbau an das Umformerstationsgebäude Selnaustraße 25, Vers.-Nr. 1218, auf dem Grundstück Kat.-Nr. 1268, in Zürich 1, folgende Abweichungen von den baugesetzlichen Vorschriften gestattet:

a) Die Überstellung der westlichen Baulinie der Selnaustraße auf einer Strecke von zirka 5,00 m um maximal 0,60 m (§ 48);

b) die Stellung der Baute schief zur Baulinie der Selnaustraße (§ 54);

c) die Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe von 20,00 m um 1,00 m durch den Treppenhausaufbau (§ 62);

d) die Erstellung eines 3,00 m breiten Vordaches an der Nordseite des Gebäudes Vers.-Nr. 1218 unter Reduktion des Abstandes vom Gebäude Vers.-Nr. 572 von 7,00 m auf 4,00 m.

II. Diese Ausnahmebewilligung wird erteilt unter der Bedingung, daß die kantonale Baudirektion für das Stellen der Baute auf das Sihlufer eine Ausnahme von § 68 des Wasserbaugesetzes gestattet.

III. Die Kosten fallen außer Ansatz.

IV. Mitteilung an den Stadtrat Zürich und an die Baudirektion.