Signatur | StAZH MM 3.45 RRB 1931/0641 |
Titel | Straßen. |
Datum | 26.03.1931 |
P. | 249 |
[p. 249] Die Baudirektion berichtet:
Mit Regierungsratsbeschluß Nr. 103 vom 15. Januar 1931 wurde das Projekt für die Korrektion der Seestraße von der Gemeindegrenze Herrliberg bis zum «Plätzli» im Feld, Gemeinde Meilen, genehmigt. Nach dem vorgelegten Projekt ist die Niederlegung des auf dem Grundstück Kat.-Nr. 764 sich befindenden und Oberstdivisionär Ulrich Wille gehörenden Wohnhauses mit Werkstattanbau Assek.-Nr. 105 vorgesehen; sodann ist die Abtretung eines bedeutenden Teiles der Landanlage daselbst und die Beseitigung bezw. gänzliche Verlegung des Tennisplatzes notwendig. Es konnte nun mit dem Abtreter am 31. Oktober 1930 ein Vertrag abgeschlossen werden (beurkundet am 28. November 1930), wonach derselbe für die in Frage kommenden Abtretungsobjekte und für sämtliche von ihm auszuführenden Anpassungsarbeiten eine
Pauschalentschädigung von Fr. 74,000 erhält | Fr. | 74,000.- |
hievon kommen in Abzug für die Überlassung von übrigbleibendem Straßengebiet bergseits der neuen Straße und als Mehrwertsbeitrag an die Erstellungskosten der Trottoiranlage: pauschal | “ | 7,500.- |
sodaß zu Gunsten des Abtreters ein Saldo verbleibt von | Fr. | 66.500.- |
Anstoßend an die Liegenschaft von Oberstdivisionär Wille befindet sich das dem Diakonieverband «Wartburg», Ländli, in Oberägeri, gehörende Kindererziehungsheim «Sonnenschein». Zu diesem Erziehungsheim gehören das bergseits der Straße gelegene Gebäude Assek.-Nr. 86 auf Parzelle Nr. 766 und die Landanlage Kat.-Nr. 767 seeseits der Straße, die als Spielplatz dient. Die Frequenz dieses Kinderheimes beläuft sich nach Angabe von Postverwalter Baltensberger, Bülach, der dem Vorstände des Diakonieverbandes angehört, auf 25 Heimkinder, 14 Säuglinge und während der Schulferien auf 30 - 35 Ferienkinder. Durch den Ausbau der Seestraße wird die Seeanlage von rund 900 m2 Fläche auf 700 m2 reduziert. Von der bergseitigen Parzelle Nr. 766 mit rund 1600 m2 Fläche wird für die Korrektion der Seestraße nichts beansprucht. Von den für die Straßenbaute beanspruchten zirka 212 m2 der Landanlage sind auf Grund der Konzession vom 17. Januar 1899 zirka 140 m2 unentgeltlich abzutreten. Die weiteren 72 m2 müßten demnach erworben werden.
Daß das Kinderheim aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht an die Seestraße gehört, ist eigentlich selbstverständlich. Je mehr der Verkehr zunimmt, desto unhaltbarer werden die Zustände. Es ist deshalb zu begrüßen, daß aus diesen Gründen der Diakonieverband selbst an die Verlegung des Kinderheimes und an die Liquidation der Liegenschaft zum Christoffel herantreten will.
Nach der Schätzung eines vom Diakonieverband beigezogenen Fachmannes beläuft sich der Wert der ganzen Liegenschaft auf Fr. 192,000. Oberstdivisionär U. Wille offeriert dafür Fr. 140,000. Wenn vielleicht die Schätzung etwas zu hoch und die Offerte etwas zu niedrig ist, so würde doch für den Diakonieverband ein Defizit entstehen, das für die Etablierung eines neuen Kinderheimes sich ungünstig auswirken würde. Der Diakonieverband ist daher der Meinung, der Staat sollte für die Verlegung dieser Anstalt zwecks Verbesserung der Verkehrsverhältnisse eine Entschädigung von etwa Fr. 20,000 leisten.
In tatsächlicher Hinsicht wäre es für die Verkehrssicherheit auf der Seestraße zu begrüßen, wenn das Kinderheim, das eine ständige Gefahrenquelle in sich birgt, sobald wie möglich aufgehoben und an einen weniger verkehrsreichen Ort verlegt würde. Es verhält sich hier ähnlich wie mit der Beseitigung von andern Gefahrenquellen: Straßenkurven, Gebäude, die die Straße unübersichtlich machen, sodaß die Leistung eines Beitrages für diese Verlegung gewiß berechtigt ist, wenn bestimmte sichernde, auf die Liegenschaft z. Christoffel grundbuchamtlich festgelegte Servituten errichtet werden können.
Bei Belassung des Kinderheimes an bisheriger Stelle würde sich die Erstellung eines Durchganges unter der Seestraße rechtfertigen. Die Kosten hiefür würden sich laut beiliegendem Voranschlag auf rund Fr. 20,000 belaufen.
Mit Schreiben vom 20. Februar 1931 teilt der Diakonieverband «Wartburg» mit, daß er mit Oberstdivisionär Wille einen Kaufabschluß bezüglich des Kinderheimes «Sonnenschein» getätigt habe, indem ihm die Besitzung «Aryana», in Herrliberg, früher der Mazdaznan-Vereinigung gehörend, zum Kaufe angeboten worden sei, die sich für die Zwecke eines Kinderheimes geeignet erzeige. Die Zustimmung zum Kaufvertrag wurde unter dem Vorbehalt gegeben, daß dem Diakonieverband die von der kantonalen Baudirektion in Aussicht gestellte Hülfe zu Teil werde.
Die mit dem Diakonieverband geführten Verhandlungen führten am 3. März 1931 zu einem Vertrage, der am 10. März 1931 öffentlich beurkundet und unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Regierungsrat abgeschlossen wurde. Dem Vertrag ist zu entnehmen, daß das zur Straßenbaute benötigte Land samt Bäumen und Sträuchern etc. unentgeltlich abgetreten wird, wogegen die Baubehörde auf die Geltendmachung von weiteren Leistungen an die Baute seitens des Diakonieverbandes verzichtet. Die Ausführung sämtlicher Anpassungsarbeiten hat auf Kosten der Baubehörde zu erfolgen. Gegen eine Entschädigung von Fr. 20,000 läßt der Diakonieverband auf den Grundstücken Kat.-Nrn. 767 und 766 folgende Servituten eintragen:
«Auf den Grundstücken von Kat.-Nrn. 766 und 767 dürfen keine Schulhäuser, Jugend- und Altersheime, Kuranstalten und Gaststätten, Fabriken oder ähnliche Betriebe, die einen ausnehmend großen Verkehr auf der Straße zu den beiden Liegenschaften oder einen besonders großen Verkehr der beiden Liegenschaften unter sich über die Seestraße erfordern, erstellt werden.»
Die Entschädigung von Fr. 20,000 wird fällig 10 Tage nach Genehmigung des Vertrages durch den Regierungsrat.
Die beiden vorliegenden Verträge dürfen als annehmbar bezeichnet werden.
Auf Antrag der Baudirektion
beschließt der Regierungsrat:
I. Die mit Oberstdivisionär Ulrich Wille am 31. Oktober 1930 (beurkundet am 28. November 1930) und dem Diakonieverband «Wartburg», Ländli, Oberägeri, am 3. März 1931 (beurkundet am 10. März 1931) abgeschlossenen Verträge über die Abtretung von Privatrechten zur Korrektion der Seestraße von der Gemeindegrenze Herrliberg bis zum «Plätzli» im Feld, Gemeinde Meilen, werden genehmigt.
II. Den Vertragskontrahenten wird je ein mit dem Genehmigungsvermerk versehenes Vertragsexemplar und außerdem an Oberstdivisionär U. Wille ein Situationsplan 1 : 500 (Nr. 6128) zugestellt.
III. Mitteilung an den Gemeinderat Meilen, an das Grundbuchamt Meilen (im Dispositiv), sowie an die Baudirektion.