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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH MM 3.57 RRB 1938/2901
TitelKaufhäuser.
Datum17.11.1938
P.1006–1007

[p. 1006] In Sachen der Firma H. Leszinski betreffend Weiterführung des Kaufhauses Pelikan an der Löwenstraße 40, Zürich 1,

hat sich ergeben:

Mit Eingabe vom 25. November 1935 brachte der Verband schweizerischer Mercerie- und Bonneterie-Detaillisten, in Zürich, der Direktion der Volkswirtschaft zur Kenntnis, daß im Juli 1935 H. Leszinski im Eckhaus Gerbergasse-Löwenstraße Geschäftsräume bezogen habe und darin laut dem angebrachten Schild das Kaufhaus Pelikan betreibe. Der Verband beantragte die Schließung dieses Kaufhauses. Am 17. Dezember 1935 stellte H. Leszinski das Gesuch um nachträgliche Bewilligung der Verlegung seiner Verkaufsräume von der Seidengasse 13 nach der Niederdorfstraße 38 und von dort nach der Löwenstraße 40. Beide Eingaben wurden nach Eingang jeweilen dem Stadtrat Zürich zum Bericht und Antrag übermittelt. Am 13. Juni 1936 beantragte der Stadtrat, die Erlaubnis zur Weiterführung des Geschäftes Löwenstraße 40 zu erteilen.

Unmittelbar nach Erhalt dieses Berichtes ging bei der Direktion der Volkswirtschaft eine Eingabe der Ossa, Handels- und Gewerbeverein Zürich II ein, laut welcher H. Leszinski auch eine Filiale in Oerlikon eröffnet hatte. Die Direktion der Volkswirtschaft ersuchte den Stadtrat, seine Erhebungen auch auf die Filiale Oerlikon auszudehnen und nochmals Bericht und Antrag einzureichen. Über das Geschäft in Oerlikon erstattete der Stadtrat am 7. November 1936 und 31. Dezember 1936 der Direktion der Volkswirtschaft Bericht. Auf Grund der durch die Organe der Gewerbepolizei der Stadt Zürich gemachten Feststellungen ließ die Direktion der Volkswirtschaft am 12. Januar 1937 Strafanzeige gegen H. Leszinski an die Bezirksanwaltschaft Zürich abgehen. Am 19. März 1937 verurteilte das Bezirksgericht Zürich H. Leszinski zu einer Buße von Fr. 500, weil er während der Monate Juni und Juli 1936 ohne Bewilligung die Filiale in Oerlikon betrieben hatte. Das Urteil ging bei der Volkswirtschaftsdirektion am 8. Mai 1937 ein. Das Bezirksgericht behielt aber sämtliche Akten zurück und stellte sie der Volkswirtschaftsdirektion erst auf Reklamation hin Ende des Jahres 1937 wieder zu.

Die Direktion der Volkswirtschaft ersuchte die städtischen Behörden, festzustellen, ob das Geschäft des Leszinski an der Löwenstraße noch im gleichen Umfang betrieben werde, wie im Sommer 1936. Am 8. Januar 1938 teilte der Stadtrat Zürich mit, daß das Geschäft noch in gleicher Weise betrieben werde, wie dies im Bericht vom 13. Juni 1936 ausgeführt sei. Der Stadtrat habe seiner damaligen Stellungnahme weder tatsächlich noch rechtlich etwas beizufügen. Die Direktion der Volkswirtschaft versuchte nun, den Verband zum Rückzug seiner Einsprache gegen die Weiterführung des Geschäftes an der Löwenstraße zu bewegen. Der Verband beharrte aber mit Schreiben vom 1. November 1938 auf der Schließung dieses Geschäftes.

Es kommt in Betracht:

Der Gesuchsteller H. Leszinski, Gelegenheitspostenvertrieb, Handel in Occasionswaren verschiedener Art, Löwenstraße 40, war früher zusammen mit zwei Brüdern Inhaber der Kollektivgesellschaft Gebrüder Leszinski, Kaufhaus Pelikan, Langstraße 60. Die letztgenannte Firma, vormals F. Leszinski & Co., die nach dem Ableben des Vaters F. Leszinski im Jahre 1930 von vier Söhnen unverändert weitergeführt wurde, unterhielt früher neben dem Hauptgeschäft noch zwei Filialen. Im ersten Viertel des Jahres 1933 gingen die zwei Filialen Langstraße 211 und Ecke Badener-/Langstraße ein; dagegen wurde am 15. März 1933 von der genannten Firma im Hause Seidengasse 13 wiederum eine Filiale eröffnet, die einen Teil des Warenlagers des Hauptgeschäftes enthielt. Bei den seitherigen Verlegungen nach der Niederdorf- und der Löwenstraße wurden die jeweiligen Warenvorräte mitgenommen. Diese Geschäftsverlegungen betrafen die Firma F. Leszinski & Co., die jetzt erloschen ist. Die Eröffnung der Filiale Seidengasse 13 im März 1933 war noch nicht bewilligungsbedürftig, da der erste Bundesbeschluß über das Verbot der Eröffnung und Erweiterung von Warenhäusern, Kaufhäusern, Einheitspreisgeschäften und Filialgeschäften vom 14. Oktober 1933 am 5. September 1933 in Kraft trat; die Verlegungen vom 1. Juli 1934 nach der Niederdorfstraße 38 und vom 1. Juli 1935 nach der Löwenstraße 40 hingegen wären bewilligungspflichtig gewesen. Die Firma unterließ es jedoch, jeweilen ein Gesuch [p. 1007] zu stellen. Das Geschäft des Gesuchstellers H. Leszinski, Löwenstraße 40, wird seit anfangs 1936 vom Gesuchsteller selbständig und auf eigene Rechnung betrieben. Das Verkaufslokal des Gesuchstellers an der Löwenstraße 40 hat einen Flächeninhalt von ungefähr 175 m2; der Lagerraum im Keller ist ungefähr 48 m2 groß. Im Geschäft sind außer dem Gesuchsteller neun Personen tätig. H. Leszinski bringt Waren aller Art - Textilwaren, Schuhwaren, Skis, Bilder, Grammophone, Grammophonplatten, Spielwaren, Haushaltartikel, Koffer, Teppiche, Bettwaren, Reitpeitschen u. s. w. -, wie er sie gelegentlich aus Konkursmassen oder durch Ankauf von Gelegenheitsposten ersteht, zum Verkauf. Die seinerzeitige Verlegung der Geschäftsräume des «Kaufhauses Pelikan» von der Seidengasse 13 nach der Niederdorfstraße 38 erfolgte nur provisorisch, da die passenden Verkaufsräume noch nicht gefunden waren; anfangs Juli 1935 erfolgte alsdann die endgültige Verlegung in das Haus Löwenstraße 40. Die Firma F. Leszinski & Co. hat vom 15. März 1933 bis Ende Juni 1934 im Hause Seidengasse 13, also nur wenige Meter von der Löwenstraße 40 entfernt, ein gleiches Geschäft betrieben. In der Nähe befinden sich die Großbetriebe Warenhaus Brann, Aktiengesellschaft Jelmoli und «Französische Warenhalle»; Kleingewerbetreibende werden durch das Geschäft des Gesuchstellers nicht konkurrenziert. Es handelt sich nicht um ein neues Unternehmen; die Konkurrenz ist daher nicht vermehrt worden. Erhebliche wirtschaftliche Interessen werden durch den Betrieb des Gesuchstellers nicht verletzt.

Der Verband schweizerischer Mercerie- und Bonneterie-Detaillisten, in Zürich, stellt sich auf den Boden, daß sich das Gesuch von H. Leszinski um nachträgliche Erteilung der Bewilligung zur Verlegung der Filiale von der Niederdorfstraße 38 nach der Löwenstraße 40 auf einen nicht vorhandenen Tatbestand stütze, da die Filiale der Firma H. Leszinski & Co. nicht nach der Löwenstraße verlegt, sondern an der Niederdorfstraße liquidiert worden sei. Der Verband weist sodann darauf hin, daß die in einem bestimmten Umkreis liegenden Detail- und Spezialgeschäfte ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran haben, daß die bereits durch die Warenhäuser u. s. w. vorhandene Konkurrenz nicht durch ein neues Unternehmen dieser Art vergrößert werde. Dem gegenüber ist folgendes auszuführen:

Es ist nicht richtig, daß das Geschäft an der Niederdorfstraße liquidiert wurde. Vielmehr erfolgte am 1. Juli 1935 dessen Verlegung an die Löwenstraße 40. Damals handelte es sich noch um eine Filiale der Firma F. Leszinski & Co. Am 27. Februar 1936 erfolgte dann gemäß Eintragung im Handelsregister die Übertragung des Geschäftes an der Löwenstraße auf die Einzelfirma Hermann Leszinski. Dieser Vorgang kann zum mindesten vom wirtschaftlichen Standpunkt aus nicht als Neueröffnung behandelt werden.

Die Bedürfnisfrage kann nicht zuungunsten des Gesuchstellers beantwortet werden. Da es sich nicht um ein neues Geschäft handelt, kann auch nicht von einer neuen Konkurrenz gesprochen werden. Auch muß die Tatsache, daß das Geschäft Leszinski bereits vom Frühjahr 1933 bis im Sommer 1934 im nämlichen Quartier ein Verkaufslokal betrieb, bei der Behandlung des vorliegenden Gesuches Berücksichtigung finden. Der Umstand, daß H. Leszinski sein Warenlager um einige Artikel vermehrt hat, rechtfertigt noch nicht eine abschlägige Behandlung seines Gesuches.

Die Voraussetzungen des Bundesbeschlusses über Kaufhäuser vom 27. September 1935, - dieser kommt deshalb zur Anwendung, weil die zu würdigenden Tatsachen vor dem Inkrafttreten des neuen Bundesbeschlusses über das Verbot der Eröffnung und Erweiterung von Warenhäusern, Kaufhäusern, Einheitspreisgeschäften und Filialgeschäften vom 28. Oktober 1937 eingetreten sind - welche die Verweigerung der nachgesuchten Bewilligung rechtfertigen würden, sind im vorliegenden Falle nicht erfüllt.

Auf Antrag der Direktion der Volkswirtschaft

beschließt der Regierungsrat:

I. Hermann Leszinski wird die Weiterführung des Geschäftes an der Löwenstraße 40, in Zürich, bewilligt.

II. Dieser Entscheid, dessen Begründung den Interessenten auf der Stadtkanzlei Zürich zur Einsicht offensteht, kann innert 30 Tagen nach seiner Veröffentlichung im kantonalen Amtsblatt durch Beschwerde an den Bundesrat angefochten werden.

III. Publikation der Dispositive I und II im Amtsblatt. Inseratenteil.

IV. Mitteilung an Hermann Leszinski, Löwenstraße 40, Zürich I, unter Bezug einer Staatsgebühr von Fr. 50 und einer Gemeindegebühr von Fr. 30, der Ausfertigungs- und Stempelgebühren, sowie der Insertionskosten, den Stadtrat Zürich, den Verband schweizerischer Mercerie- und Bonneterie-Detaillisten, Gerbergasse 7, Zürich 1, das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, in Bern, und an die Direktion der Volkswirtschaft.