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Staatsarchiv des Kantons Zürich

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SignaturStAZH MM 3.62 RRB 1941/1713
TitelStadt Zürich.
Datum03.07.1941
P.598

[p. 598] Der Regierungsrat beschließt:

I. Schreiben an den Stadtrat von Zürich:

Der Weisung des Stadtrates von Zürich an den Gemeinderat vom 21. Juni 1941 über die Ausrichtung von Kriegsnotzuschüssen an Minderbemittelte entnehmen wir, daß der Stadtrat von Zürich in einer Eingabe vom 10. April 1941 beim eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement angeregt hat, der Bund möge von nun an vor allem die Preise von Brot, Milch und Kartoffeln und einiger lebenswichtiger Bedarfsartikel tiefhalten und die ihm daraus erwachsenden Kosten dem Kriegskostenkonto belasten und durch Steuern verzinsen und amortisieren.

Der Regierungsrat sieht sich veranlaßt, dem Stadtrat von Zürich seine Bedenken rechtlicher und politischer Natur zur Kenntnis zu bringen, die er gegen derartige Eingaben des Stadtrates an die Bundesbehörden erheben muß.

Die bundesstaatliche Natur der Eidgenossenschaft bringt es mit sich, daß der Bund in allen Angelegenheiten, die er nicht durch seine eigenen Organe besorgen läßt, die Kantone als Gliedstaaten zu Hilfe zieht. Der Bund steht in einem staatsrechtlichen Verhältnis zu den Kantonen und nicht zu den Gemeinden. Sein Aufsichtsrecht in allen bundesstaatlichen Angelegenheiten richtet sich gegen den Kanton als solchen und demgemäß wird auch der Verkehr mit den Bundesbehörden, von technischen Einzelfragen abgesehen, ausschließlich vom Regierungsrat besorgt. Artikel 40, Ziffer 3, der KV hat diesen Grundsatz auch ausdrücklich festgelegt.

Die Gemeinde ist auch in ihrem autonomen Wirkungskreis eine öffentlich-rechtliche Körperschaft des Kantons und als solche in ihrem Aufgabenkreis beschränkt. Was durch die Rechtsordnung dem Kanton zugewiesen ist, scheidet aus dem Wirkungskreis der Gemeinde aus. Das ist blindes- und kantonalrechtlich der Fall mit bezug auf die Vertretung der kantonalen und Gemeinde-Interessen dem Bunde gegenüber. Wir halten es daher für rechtlich unzulässig, daß jede Gemeinde für sich und ohne Begrüßung der für den ganzen Kanton verantwortlichen Kantonsregierung ihre besonderen Bestrebungen beim Bunde durchzusetzen versucht.

Wir halten ein solches Vorgehen aber auch politisch für höchst unerwünscht. Der Kanton Zürich und seine Gemeinden haben alles Interesse daran, daß die zürcherischen Interessen und Gesichtspunkte beim Bunde mit dem Gewicht vertreten werden, das der Bedeutung Zürichs und seiner Volkswirtschaft entspricht. Das kann nur geschehen, wenn der Kanton bei allen Fragen von Anfang an geschlossen auftritt. Der Regierungsrat will in diesem Zusammenhang zu Ihrer Eingabe vom 10. April 1941 an das Volkswirtschaftsdepartement nicht materiell Stellung nehmen. Er muß Sie jedoch darauf aufmerksam machen, daß die Verwirklichung einer derartigen Anregung die gesamte Finanz- und Steuer-Politik des Kantons grundlegend und in der folgenschwersten Weise beeinflussen müßte. Wir verweisen nur kurz auf das außerordentlich heikle und unerfreuliche Gebiet des eidgenössischen Steuerrechtes im Verhältnis zu den Kantonen. Jedenfalls hatte der Stadtrat von Zürich kein Recht zur Annahme, der Regierungsrat werde sich ohne weiteres der Anregung einer allgemeinen Verbilligungsaktion anschließen.

Es ist uns nicht bekannt, ob der Stadtrat von Zürich außer seiner Eingabe vom 10. April 1941 mit den Bundesbehörden noch weitere Verhandlungen über die Beteiligung des Bundes an Kriegsnotunterstützungen und über das dabei einzuschlagende Verfahren gepflogen hat. Auch an diesen Fragen wäre selbstverständlich der Kanton von Anfang an aufs Höchste interessiert, da eine Gemeindekriegshilfe ohne Beteiligung des Kantons überhaupt nicht denkbar ist.

Der Regierungsrat sieht sich unter diesen Umständen veranlaßt, den Stadtrat von Zürich eindringlich zu ersuchen, von direkten Eingaben an die Bundesbehörden in Angelegenheiten bundesstaatlicher Natur abzusehen und zu allererst mit dem Kanton Fühlung zu suchen.

Ergibt sich alsdann das Bedürfnis, in Bern vorstellig zu werden, so wird der Regierungsrat nicht zögern, die Interessen Zürichs beim Bund mit allem Nachdruck zu vertreten. Er ist überzeugt, daß ein derartiges gemeinsames Vorgehen von Stadt und Kanton ungleich wirksamer sein und namentlich auch den Interessen der Stadt Zürich besser dienen wird.

Durch diese grundsätzliche Stellungnahme soll nicht ausgeschlossen sein, daß auch in Zukunft städtische Organe in technischen Einzelfragen des Vollzuges eidgenössischer Maßnahmen, die ausschließlich die Stadt Zürich mit ihren besonderen Bedürfnissen als größtes Gemeinwesen der Schweiz interessieren, zu gegenseitigen Informationszwecken mit den zuständigen Bundesämtern direkt in Verbindung treten. Wir sind daher auch durchaus damit einverstanden, daß wie bisher der Vertreter der Zentralstelle für Kriegswirtschaft der Stadt Zürich an Instruktionskonferenzen der Vertreter der Kantone mit den kriegswirtschaftlichen Ämtern des Bundes teilnimmt.

II. Mitteilung an die Direktion der Volkswirtschaft und an die Mitglieder des Regierungsrates.