Signatur | StAZH MM 3.9 RRB 1895/1641 |
Titel | Heimschaffung. |
Datum | 04.10.1895 |
P. | 475 |
[p. 475] Nach Einsicht eines Antrages der Polizeidirektion
beschließt der Regierungsrat:
Dem Regierungsrat des Kantons Luzern zu schreiben:
Die Stadtbehörde von Zürich stellt bei uns den Antrag auf Heimschaffung des Lorenz Hermann, Schneiders, von Masters, wohnhaft Badenerstraße 131, Zürich III, sowie dessen Familie, Ehefrau Aloisie geb. Hedinger und Kinder Louise geb. 1877 und Otto geb. 1883.
Laut dem Bericht genannter Behörde ist Hermann schon seit lange leidend an religiösen Wahnideen und mußte von hiesigen Woltätigkeitsvereinen unterstützt werden. Am 15. August 1895 wurde er wegen totaler Verrücktheit in die luzernische Irrenanstalt St. Urban gebracht und von dort Mitte September wieder entlassen, worauf er sich wieder zu seiner Familie begab.
Hermann habe aber schon vor seiner Erkrankung nicht den vollen Lebensunterhalt verdient und sei den Mietzins für 2 Quartale schuldig geblieben, wofür ihm die Nähmaschine gepfändet worden sei.
Auf ein Schreiben an die Heimatbehörde Masters um Unterstützung dieser Familie habe dieselbe wörtlich geantwortet:
Der Armenrat hat mit Rücksicht auf die Kosten, welche ihm durch die Verpflegung des Laurenz Hermann, Schneider, in der Irrenanstalt St. Urban erwachsen und mit Rücksicht auf das Alter der zwei Kinder desselben das Gesuch um Verabfolgung einer Geldunterstützung an die Familie des Genannten abgewiesen, anerbietet aber derselben die Aufnahme in die hiesige Armenanstalt.
Von dieser Offerte aber wolle das Ehepaar keinen Gebrauch machen, sondern erkläre einfach hier bleiben zu wollen. Da es sich in diesem Falle aber um sehr wesentliche Geldunterstützungen handle, so bleibe nichts anderes übrig, als die Familie heimzuschaffen.
Gestützt auf diese Umstände haben wir heute gemäß Art. 45, Absatz 5 der Bundesverfassung die Ausweisung der Familie Hermann beschlossen und machen andurch Euch hievon geziemend Anzeige.